Vor zehn Jahren gab es den Ford Fiesta ST und mit ihm satte Leistung (Motor + Fahrwerk) zum kleinen Kurs. 19.900 Euro kostete damals der aus Saarlouis stammende Kölner. Den Fiesta gibt es nicht mehr, weder als ST noch als 65-PS-Benziner. Kleinwagen werden generell selten. Neueinsteiger sind Raritäten, wie der neue MG3. Den gab es in der Vorgängerversion bereits in Großbritannien – und war Sinnbild für einfachste Individual-Mobilität. Jetzt starten die Anglo-Chinesen – die ehemalige Traditionsmarke MG gehört seit 2007 zum chinesischen SAIC-Konzern – mit der zweiten Generation des MG3 und die macht alles besser und einiges sogar sehr gut.
MG3 Hybrid
BildergalerieSuper Preis-PS-Verhältnis im MG3 Hybrid
Zuerst zum Preis: Bei 16.722 Euro beginnt der MG3-Spaß. Per se viel Geld. Gemessen an den Papierdaten wenig. Denn der MG3 besitzt einen ähnlichen Vorwärtsdrang wie der Fiesta ST. Leuchtete das beim Fiesta ST noch ein (er war das Sport-Modell der Baureihe), verwundert das beim MG3. Denn der 4,11-Meter-Kleinwagen besitzt einen für den Rest des Fahrzeugs unnötig starken Vollhybriden und mit Sport hat der MG3 nun wahrlich nichts am Hut. Warum sich daher 195 PS Systemleistung unter der Motorhaube versammeln und einen 0–100-Sprint in acht Sekunden (Fiesta in 6,7) ermöglichen, bleibt ein kleines Rätsel. Vielleicht lautet die Antwort wie so oft: Weil man’s kann.
Damit es nicht zu schnell wird, zieht MG bei Tempo 170 die Leine stramm. Das passt viel besser zum bieder designten Kleinwagen. Wäre er nicht neu, würde man bei flüchtiger Betrachtung nämlich meinen, dass er seinen Zenit erreicht hat. Das ist verwunderlich, wenn man sich beispielsweise den MG4 ansieht, der vor optischer Progressivität nur so strotzt. Für den klassischen Kleinwagenkäufer, der vergleichsweise günstige Automatikfahrzeuge sucht, dürfte MG mit dem 3er-Design hingegen einen Volltreffer gelandet haben.
MG3 Hybrid: Verbrauch 4,4 Liter nach WLTP
Beim MG3 Hybrid geht es in erster Linie ums Spritsparen und darum, einen heutzutage bezahlbaren Neuwagen fahren zu können. Den benötigen eben nicht nur nur Pflegedienste. Das Konglomerat aus 1,5-Liter-Vierzylinder und Elektromotor samt spezieller Dreigang-Automatik wird mit einem WLTP-Verbrauch von 4,4 Litern angegeben. Die rekuperierte Energie lässt Strecken von mehreren Kilometern am Stück rein elektrisch zu.
Auch beim sanften Herausbeschleunigen aus Ortschaften bleibt der Teilzeit-Stromer häufig bis 75 km/h im Elek-tro-Modus. 1,83 kWh Speicherkapazität besitzt der Lithium-Ionen-Akku unter der Rückbank. MG verkündet stolz, damit den Größten zu haben. Ergänzt wird dieser mit einem zweiten Energiespeicher, in den 36 Liter Benzin passen.
MG3 Hybrid mit kleinem Kofferraum
Der Motor ist nicht nur auf dem Papier stark, er fühlt sich auch beim Fahren so an. Kurze Zwischenspurts sind easy machbar, allerdings dauert es etwas, bis der Fahrerwunsch in energischen Vortrieb umgesetzt wird. Bis sich die Elektro- und Verbrennerkräfte zusammengeführt über das Planetengetriebe versammeln, vergeht durchaus eine Sekunde. Acht Fahrmodi werden automatisch gesteuert, Eco, Normal und Sport können vom Fahrer geschaltet werden – dementsprechend verändert sich die Motor-Getriebe-Abstimmung. Der Vierzylinder-Sauger hört sich bei Volllast an wie ein Kompressor-Motor. Klingt interessant, nicht nervig. Die Geschwindigkeitszunahme ist bei Volllast etwas ungleichmäßig und unvorhersehbarer als bei klassischen Verbrennern – und das liegt nicht am Gummibandeffekt einer stufenlosen Automatik. Der MG3 Hybrid hat – namensgerecht – drei Vorwärtsgänge und gefühlten Drehzahlspielraum dazwischen. Bei jedem physischen Gangwechsel bricht die Leistung kurz ein und findet sich nach dem Aktivieren der höheren Fahrstufe neu. Gewöhnungsbedürftig. Ebenso beim Rangieren, da klappt es nicht immer einwandfrei mit dem Dosieren der Anfahrkraft.
Dass der MG3 trotz Kraft eher Armdrücker als Hürdenläufer ist, merkt man spätestens auf der Landstraße. Hier schiebt der Kleinwagen spürbar über die Vorderachse. Und das, obwohl das Fahrwerk laut Produktmanager Fabian Ulbrich für Europa entwickelt worden ist. Die ungebührliche Härte, mit der die Feder-Dämpfer-Einheit Macken in der Straße und abgesenkte Gullideckel kontert, wird von den für die Fahrzeugklasse bequemen Sitzen teilkompensiert. Das Platzangebot für die Insassen ist gut, vorn wie hinten. Knapp ist in jedem Fall der Kofferraum bemessen, der lediglich 241 Liter bietet. Und wer meint, einfach die Lehne umklappen und es ist Platz da, hat recht. Allerdings gelingt das immer nur in Gänze. Eine geteilte Klappfunktion hat MG nicht im Angebot. Auch so kommen günstige Preise zustande. Dafür haben sie eine vernünftige Gepäckraumabdeckung spendiert, die sogar auf kleinen Gummidämpfern liegen darf – sehr nobel und klappermindernd.
An der Verarbeitung und der Materialauswahl kann man kaum meckern. Echte Tasten vereinfachen die Bedienung und geben dennoch Rätsel auf. Warum installiert MG beispielsweise (noch weit rechts) zwei große Tasten für die Lautstärkeregelung? Im Lenkrad gibt es indes keine. Dafür aber zwei pfiffige – einigermaßen frei belegbare Favoritentasten. Dort kann zum Beispiel die Regelung der Innenraumtemperatur draufgelegt werden und der Fahrer mit dem Steuerkreuz die Temperatur erhöhen, verringern und die Gebläsestärke verändern – gut gemacht.
Nicht ganz so gut: Das Lenkrad ist nur in der Höhe verstellbar. Eine richtig gelungene Sitzposition gibt es damit für Langbeiner meist nicht. Dafür super gelöst: der Drehschalter zum Wählen des Vor- oder Rückwärtsgangs. Einfach, einleuchtend, perfekt bedienbar und mit schneller Reaktion.