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Lastenrad Muli PX im Autoflotte Test: Maultier mit Verve

16.03.2023 13:55 Uhr | Lesezeit: 4 min
Unterwegs auf dem Lastenrad Muli PX.
© Foto: Michael Blumenstein/Autoflotte

Das "Muli" ist auf den ersten Blick kein klassisches Cargobike und doch ein echter Lastesel. Wir sind einen Monat mit ihm geradelt.

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Die Lastenrad-Manufaktur Muli startete bereits vor fünf Jahren mit der Produktion des vielleicht cleversten Cargobikes, damals noch im hessischen Teil des Westerwaldes. Anfang 2021 siedelte das Team nach Köln um. „Wir hatten schon immer die Vision, unsere nachhaltige und lokale Produktion in einer deutschen Großstadt aufzuziehen“, formuliert es Felix Schön, der sich unter anderem ums Muli-Marketing kümmert. Rund 40 Mitarbeiter sind mittlerweile in Köln. Das Muli-Team wollte näher an die Zielgruppe rücken, wie es Schön formuliert. Denn klar ist: Ein Lastenrad ergibt gerade innerstädtisch oft Sinn und ist häufig die schnellste Art, von A nach B zu kommen. Kurze Wege ist wohl ein Mantra von Muli. Denn in der Kölner Innenstadt sind Metallverarbeitung, Montagelinien, Administration und Showroom unter einem Dach.


Lastenrad Muli PX

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Muli PX gibt es mit zwei E-Antrieben

Wir haben das Muli PX gut einen Monat und etwa 250 Kilometer in und um München bewegt. Muli-Kenner werden merken: Giftgrün? Das ist keine Muli-Farbe. Richtig, aber die von Pendix. Die verstecken sich hinter dem Kürzel PX und kommen aus Zwickau. Pendix ist ein Anbieter von Fahrrad-E-Antrieben, egal ob ab Werk wie bei Muli oder als Nachrüstung für viele Fahrräder, die anstelle eines kompletten Neukaufs zum Pedelec aufgerüstet werden sollen. Muli bietet den Pendix-Antrieb,bereits seit Marktstart an und hat nun zusätzlich Shimanos Step-Elektro-Antrieb im Angebot.

Für Klassikradler, die auf Muskelkraft vertrauen und keinen Rückenwind benötigen, gibt es das Muli Muskel, da ist der Name Programm. 20 Prozent wählen laut Schön diese Variante. Lastenräder sind oft vor allem eins: sperrig auf Radwegen und im Handling. Wegen der Ausmaße stauen sich hinter den Zwei-, Drei- oder Vierrädern nicht selten die „Schnellradler“. Denn eins ist klar: die Fahrrad-Infrastruktur ist in den wenigsten (deutschen) Städten für Lastenräder ausgelegt. Treffen dann das SUV des Fahrradbaus – Cargobike – auf Hipsteroder Sportbikes, knirscht es nicht selten.

Muli-Radler, die ohne Last unterwegs sind, können sich glücklich schätzen. Denn das Cargobike ist mit 195 Zentimetern kurz und passt sogar auf viele Fahrradträger am Autoheck. Mit 34 Kilogramm wiegt das Muli PX vergleichsweise wenig und kann von einer kräftigen Person auch mal angehoben werden. Der Pendix-Antrieb, bestehend aus Kurbelgarnitur, Kabeln und Akku samt Klickverschluss, wiegt sparsame zehn Kilogramm.


Urwahn Fahrräder

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Muli PX - das clevere City-Poolfahrzeug

Kommen wir zum vielleicht cleversten Detail des Muli, das es für den Stadtverkehr prädestiniert: Der Korb ist klappbar und robust. Bei Nichtgebrauch oder dem Beladen mit kleineren Gegenständen ist der Lenker die mit Abstand breiteste Stelle am Fahrrad und der Korb minimiert sich auf schmale 28 Zentimeter. Sobald die Gegenstände größer werden oder auch mal zwei kleinere Kinder (mit speziellem Sitzinnenteil samt Gurten) transportiert werden müssen, wird der mit bis zu 70 Kilogramm belastbare und mindestens 51 Zentimeter lange Korb (nach oben hin wächst er um weitere zehn Zentimeter) ausgeklappt und entfaltet seine volle Pracht.

Apropos Gewicht: Das Fahrergewicht ist auf 100 Kilogramm begrenzt, insgesamt darf das Muli 195 Kilogramm wiegen, maximal 70 davon dürfen in den Korb, dann ist bei 93 Kilogramm Körpergewicht Schicht im Schacht. Muli gibt das Korbvolumen mit 100 Litern an. Die Sitzposition kann via Schnellspannern easy angepasst werden. Wir haben Personen von 165 Zentimetern bis kurz über 190 Zentimeter damit fahren lassen, jeder fühlte sich wohl.

Was fällt auf? Beim Pendix-System muss der Akku nicht an Bord sein, um fahren zu können. Aber ganz ehrlich: Wer den 250-Watt-E-Motor zwischen den Beinen haben kann, nutzt diesen auch. Drei Modi bietet Pendix: Sport, Smart, Eco. Wir fahren stets im Sport-Mode. Dann legt der Antrieb nach einer viertel Kurbelumdrehung kräftig los und entwickelt nach einer halben die volle Kraft (maximal 65 Newtonmeter Drehmoment).

Das bedeutet auch, dass man an der Ampel bei den Rennradlern am Hinterrad dranbleibt. Zumindest bis zirka 20 km/h, dann wird der Tempozuwachs schwächer. Mehr als 24 km/h schaffte „unser“ E-Motor nicht. Wer schneller unterwegs sein will, tritt ausschließlich mit Muskelkraft – entkoppelt und schont damit den Akku und hilft, selbst fitter zu werden. Allerdings sind die 24 km/h etwas zu langsam, um schnell zu sein, und etwas zu schnell, um langsam zu sein. Man pendelt irgendwo zwischen Citybike-Radlern und Tempobolzern und ist ab und an genervt, dass zwei, drei km/h fehlen oder man eben doch ins Schwitzen kommt.

Nicht ideal ist die Motorintegration des Pendixantriebs via linke Tretkurbel gelöst. Diese baut dick auf und die Beinstellung entspricht nicht mehr der gewohnten beim Radfahren. Menschen, die selten oder bislang kein Fahrrad fahren, werden das kaum bemängeln, andere gewöhnen sich dran. Nicht so richtig gewöhnt man sich daran, dass bei Nässe die linke Tretkurbel extrem nass wird und sich an der Hose abwischt, mit entsprechendem Ergebnis.

Apropos Hose: Muli bietet das Lastenrad auf Wunsch mit einem Riemenantrieb an. Absolute Empfehlung. Er ist wartungsfrei (gerade im Firmenpool-Einsatz ein Muss), es gibt keine dreckige Kette, die gereinigt, geölt und gewechselt werden muss. Und, der entscheidende Faktor: Muli umwickelt die Kette mit einem Kunststoffschlauch, Chainrunner genannt, der als Kettenschutz dienen soll.

  1. bleibt der Schmutz schneller im „System“ hängen.
  2. ist ein Reinigen der Kette aufwendiger.
  3. frisst das System unter Umständen die Hose, anstatt diese zu schützen.

In unserem Fall verklemmte sich die Cordhose zwischen Kettenblatt und Chainrunner und die Kette drückte die Hose sauber geführt aufs Kettenblatt – ratsch. Der Riemenantrieb kostet 300 Euro brutto (die Cordhose 120) und ist somit jeden Cent wert (beides). Ein weiteres Upgrade ist bei der Beleuchtung nötig. Ab Werk ist das Muli mit Akkuleuchten ausgestattet. Radler sollten aus unserer Sicht stets mit Licht fahren. Also Nabendynamo ins Vorderrad. Gibt es bei Muli für 170 Euro von Shimano und für den doppelten Preis den in Tübingen hergestellten SON-Nabendynamo, der anerkannt beste Dynamo der Welt.

Geschaltet wird das Muli PX mit Shimano

Bei der Schaltung gibt es von Shimano wartungsarme Nabenschaltungen: Alfine 8 und Alfine 11. Mit Rückenwind reicht die 8er, die 240 Euro günstiger ist. Richtig geschmeidig schaltet das System allerdings nicht. Zumindest dann nicht, wenn man es mit dem Nonplusultra der Nabenschaltungen vergleicht: Rohloff. Diese Nabenschaltung spielt jedoch auch preislich in einer anderen Liga und Felix Schön beschreibt es folgendermaßen: „Eine Rohloff-Nabe ist bei Serienmodellen in der Bikebranche, insbesondere auch im Cargo-Bereich, ein absoluter Exot. Die Nachfrage ist so gut wie nicht existent.“ Verständlich, liegt der Aufpreis zur Alfine 8 wohl bei gut 1.000 Euro. Schluck.

Die Bremsen stoppen zuverlässig. Doch Obacht: Anders als beim normalen Fahrrad verzögert die Hinterradbremse vehementer, da das Fahrergewicht direkt darüber sitzt. Zumindest solange der Korb vorne leer bleibt. Ohne Beladung neigt das Vorderrad beim Bremsen zum schnellen Blockieren.

Das kleine Vorderrad ist über einen Ausleger mit dem Lenker verbunden. Sieht merkwürdig aus, funktioniert aber super. Der Wendekreis ist etwas größer als der eines herkömmlichen Fahrrads. Bei Bordsteinen kann das Vorderrad ohne Beladung leicht gelupft werden. Beim Rangieren und Tragen hilft der Griff am Korb. Auch das Auf-den-Ständer-Wuchten klappt einfacher als bei vielen Lastenrädern, etwas Nachdruck ist dennoch hilfreich.

Was kostet das Muli?

2.900 Euro brutto werden für das Muskel fällig. 4.460 Euro kostet die Version mit Pendix-Antrieb. Plus Nabendynamo und Gates-Riemenantrieb werden rund 5.200 Euro aufgerufen. Liest sich nach viel. Wenn man jedoch bedenkt, dass ein Großteil der Wertschöpfung in Köln stattfindet und das Muli gemacht ist, um zu halten, relativiert sich der Preis. Wer auf Shimano als Antrieb schwört (und das Muli st wählt), zahlt ausstattungbereinigt rund 400 Euro drauf, hat dafür aber auch den größeren Akku.

Die Pendix-Komponenten sind bereits seit Jahren im Einsatz und bewährt. Und selbst bei Temperaturen von unter null Grad Celsius reicht der kleine Akku für etwa 30 Kilometer im Sport-Modus. Also ähnlich weit, wie die meisten Autos mit Plug-in-Hybrid. Übrigens gibt es das Muli auch für Jobradler. Der gleichnamige Dienstleister bietet es im Leasing an.

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