Von Peter Weißenberg
Was könnte in Corona-Zeiten beruhigender sein als dieses Versprechen: "Unbesiegbar"? So jedenfalls steht es groß auf der Seite der Topversion von Toyotas frisch überarbeitetem Pickup Hilux: "Invincible". Und dieses Gefühl stellt sich auch durchaus ein, wenn der Fahrer über das dicke schwarze Trittbrett in das automobile Gebirge gekraxelt ist. Zwar ist die Sitzposition in den bequemen Ledersesseln überraschend eher limousinenhaft als thronartig – aber natürlich wegen der schieren Höhe über dem Boden doch deutlich abgehoben vom profanen Verkehrsgeschehen weiter unten.
Das gute Gefühl setzt sich – anders als im bisher einzig verfügbaren 2,4-Liter-Diesel - gerade auch beim Gleiten über längere Autobahnstrecken oder flott gefahrene kurvige Landstraßen fort: Der Hilux liegt trotz Leiterrahmen, Starrachse und Blattfedern bei allen Geschwindigkeiten ruhig und durchaus handlich auf der Straße. Eine geänderte Abstimmung für die Stoßdämpfer, neue Fahrwerkslager und neu abgestimmte Blattfedern machen es möglich.
Toyota wollte mit dem überarbeiteten Hilux zwei Modelle in einem zu erschaffen: Das seit Jahrzehnten bekannte Arbeitstier für den Schwerarbeiter und ein Lifestyle-Auto für den neuen wachsenden Kundenkreis der Besserverdiener, die auch mindestens 40.000 Euro für das besondere Abenteuergefühl ausgeben – und ab und zu Verwendung für 204 PS, 500 Newtonmeter Drehmoment sowie eine Tonne Nutz- und 3,5 Tonnen Anhängelast haben. Davon gibt es laut Toyota auch im engen Europa immer mehr Menschen. Vielleicht liegt’s an Corona?
Der Hilux liefert jedenfalls diese Nachfrage nach automobilem Abstand von der bösen Welt. In der besten Ausstattung Invincible (ab 46.783 Euro) mit optionaler 800-Watt-Stereoanlage und Subwoofer für rund 1.000 Euro ist auch bei kräftiger Beschleunigung zwischen 130 und 180 Stundenkilometer nichts mehr von der Umgebung zu hören. Die Verbrauchsanzeige schnellt derweil Richtung 20 Liter.
Toyota Hilux (2021)
BildergalerieWer aber zivil unterwegs ist, kann den Hilux auch locker unter der Zehnliter-Marke halten. Viel mehr ist aber nicht drin. An eine Hybridversion etwa denken die Japaner vorerst nicht. Die Kunden verlangen anderes als Akkus und überschaubare Drehmomente. Urgewalten nämlich – und die in den drei Karosserievarianten Single Cab, Extra Cab und Double Cab.
Die zeigen sich denn auch beim Ritt durch schweres Gelände in einem fränkischen Steinbruch. Da beweist der Hilux, warum gerade Abnehmer im Dschungel, Gebirge oder der Wüste auf den Toyota schwören – und ihn zum zweiterfolgreichsten Modell nach dem Corolla gemacht haben: Der Pickup kann, fein dosierbar mit sensibler Lenkung, Gas und Bremse bedient, auch mit Klettermaxen wie Defender, G-Klasse oder dem hauseigenen Land-Cruiser mithalten.
Spürbarer Geländeeinsatz
Dabei knarzt und knackt es aber vernehmlicher als in den elektronisch hochgerüsteten Konkurrenten in ihrer aktuellsten Version. Der Hilux mag die Kampfsau geben; und auch dieses Versprechen hält er – im einfachsten "Duty"-Basisdiesel mit Allrad schon für weniger als 30.000 Euro. Dass es über Stock und Stein und Sand und Schlamm geht ist übrigens stets deutlich zu verspüren. Massive Haltebügel an den passenden Stellen sorgen dafür, dass die vier Reisenden in der Doppelkabine auf ihren Plätzen bleiben, im Invincible auf belederten.
Ach ja, beledert … im Interieur zeigt sich denn doch, dass der Hillux nicht ganz dem Lifestyle-Anspruch genügen kann, den das imposante Gesicht mit seinen Bi-LED, das gute Fahrverhalten oder die tiefschwarzen Alus des Invincible versprechen. Die Kunststoffe sind denn doch beim Anfassen hart und selbst das Lederlenkrad fasst sich nicht gediegen an. Der Achtzoll-Touchscreen mit Apple CarPlay und Android Auto ist zwar auf der Höhe der Zeit, der Rest des Instrumentariums, ergonomisch überraschend verteilte Knöpfe und Tasten und insbesondere die 80er-Jahre-LCD-Uhr auf dem Armaturenbrett indes weit weg vom aktuellen Zeitgeist. Vielleicht ist es aber gerade das, was den Hilux auch im Großstadt-Dschungel besonders macht.