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Fahrbericht Renault Talisman: Großzügig mit ruppigen Umgangsformen

16.11.2015 10:00 Uhr
Mit dem gut ausgestatteten Laguna-Nachfolger Talisman will Renault nun im D-Segment punkten.
© Foto: Renault

Mit dem gut ausgestatteten Laguna-Nachfolger Talisman will Renault nun im D-Segment punkten. Auf Kundenfang gehen die Franzosen mit einer Fünfjahres-Garantie und einem derzeit noch seltenen Extra: einer Allradlenkung. Doch in einem Kapitel patzt Renault.

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Von Michael Gebhardt/SP-X

14 Jahre ist es her, dass Renault auf dem Genfer Autosalon eine Mittelklasse-Studie namens Talisman vorstellte. Jetzt wird daraus Realität: Ab Februar 2016 steht die elegant gezeichnete Limousine für mindestens 27.950 Euro beim Händler, drei Monate später folgt der für Deutschland wichtigere Kombi. Punkten kann der Laguna-Nachfolger unter anderem mit fünf Jahren Garantie (bis 100.000 Kilometer) und einem selbst in höheren Klassen seltenen Extra: einer Allradlenkung.

Mit 4,85 Metern Länge reiht sich die auf Renault-Nissans C/D-Plattform aufbauende Talisman-Limousine über den etablierten Mittelklässlern wie Audi A4 oder Mercedes C-Klasse ein und erreicht Skoda-Superb-Niveau; dem eifert sie von vorne auch optisch ein wenig nach, das Heck erinnert dagegen eher an den Kia Optima. Anders als den Tschechen ist es den französischen Ingenieuren allerdings nicht gelungen, die Espace-ähnliche Abmessung für ein außerordentliches Raumangebot zu nutzen; auf der Rückbank geht es relativ eng zu und auch auf dem Fahrerplatz haben Großgewachsene Mühe, ihre Beine unterzubringen. Üppig dimensioniert ist dagegen der Kofferraum, der bis zu 608 Liter Gepäck schluckt; bei umgeklappter Rückbank gehen 1.022 Liter rein. Öffnen lässt sich der Heckdeckel, wie inzwischen bei vielen Herstellern möglich, per Fußschwenk unter dem Fahrzeug.

Eingerichtet ist der Talisman ordentlich, die Materialien fassen sich gut an und sind sauber verarbeitet; das Kombiinstrument ist problemlos ablesbar und mit dem Top-Infotainmentsystem dominiert ein 8,7 Zoll großer Touchscreen die Mittelkonsole, den man so sonst nur bei Tesla und Volvo findet. Darüber lässt sich, hat man sich einmal eingearbeitet, vom Navigationssystem bis zu den Fahrzeugeinstellungen alles steuern; für wichtige Funktionen, wie etwa die Temperaturregelung, bietet Renault aber weiterhin Tasten und Schalter an. In der Einstiegs-Variante gibt es ein etwas kleineres Display.

Schon in der gut ausgestatteten Basisversion Life ist, neben Klimaautomatik, Tempomat, Navigationssystem, Parksensoren hinten und Fahrmodusauswahl, unter anderem eine Massagefunktion für den Fahrersitz serienmäßig an Bord. Die ist in Anbetracht des ruppigen Fahrwerks allerdings auch nötig. Zumindest mit den in unserem Test zu Verfügung stehenden 19-Zoll-Rädern hoppelt und poltert der Talisman hart über Unebenheiten; leider ohne dabei sportlich direkt zu wirken. Auch der über das Multi-Sense-System anwählbare Komfort-Modus hält nicht, was der Name verspricht. Daneben stehen die Betriebsarten Sport, Eco, Neutral und ein individuell konfigurierbarer Modus bereit, der neben dem adaptiven Fahrwerk (in der teuersten der drei Ausstattungen Serie) auch Einfluss auf die Gaspedalkennlinie, das Doppelkupplungsgetriebe, die Lenkung, den Motorsound, aber auch die Ambiente-Beleuchtung und die Klimaanlage hat.

Allradlenkung gegen Aufpreis

Eine Besonderheit in dieser Klasse ist die Allradlenkung, die Renault gegen Aufpreis (Standard im Top-Modell) anbietet. Bei niedrigem Tempo lenken die Hinterräder entgegengesetzt zu den vorderen und reduzieren so den Wendekreis von 11,6 auf 10,8 Meter. Ab 50 bis 70 km/h - je nach Fahrmodus - lenken sie parallel zu den Vorderrädern, das verringert die Fliehkräfte, die die Hinterachse nach außen drücken und sorgt für mehr Fahrstabilität bei höherem Tempo. In Summe wirkt der Talisman flink und agil, und ist die etwas schwammige Mittellage der Lenkung einmal überwunden, folgt der frontgetriebene Franzose den Volantbewegungen direkt und präzise.

Damit er vom Fleck kommt, stehen drei Diesel und zwei Benziner parat. Günstigster Antrieb ist der 1,5 Liter große Vierzylinder-Selbstzünder im dCi 110 der mit durchschnittlich 3,6 Litern auch am sparsamsten arbeitet. Manko: Er ist nur mit manuellem Sechsgang-Getriebe und ausschließlich in der Basisausstattung erhältlich, für die nützliche Extras wie die Allradlenkung nicht erhältlich sind. Die Wahl zwischen selber Schalten und einem Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe (EDC) hat man beim mittleren Diesel, dem 20 PS stärkeren 1.6er namens dCi 130; die Automatik erhöht den Norm-Konsum um akzeptable 0,3 auf 4,2 Liter. Als Top-Diesel leistet das gleiche Aggregat dank zweier Turbolader 118 kW / 160 PS und kommt immer mit dem EDC-Getriebe; zusammen mit 380 Newtonmeter Drehmoment ist der gut anderthalb Tonnen schwere Talisman mit dem dCi 160 eigentlich bestens ausstaffiert, allerdings wirkt die Limousine nicht sonderlich spritzig.  

Ebenfalls nur mit Automatik erhältlich sind die beiden ebenfalls 1,6 Liter großen, aufgeladenen Benziner mit 110 kW / 150 PS und 147 kW / 200 PS, die auf dem Papier 5,6 beziehungsweise 5,8 Liter brauchen - der stärkste Motor beschleunigt den Renault in 7,6 Sekunden auf Tempo 100 und macht ihn bis zu 237 km/h schnell, allerdings wirkt auch er ein wenig zugeschnürt. Nur für die beiden kräftigsten Aggregate steht übrigens die höchste Ausstattungslinie zur Verfügung. Die hat unter anderem noch die Akustik-Verglasung, ein Bose-Soundsystem, Head-up-Display (in Form einer kleinen, ausfahrenden Scheibe auf dem Armaturenträger) sowie Notbremsassistent, Abstandswarner und Tot-Winkel-Warner an Bord; schon die mittlere Linie bringt dagegen Voll-LED-Scheinwerfer und eine Verkehrsschilderkennung mit.


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