Von Michael Specht/sp-x
Dass Autos mit alternativen Antrieben anders aussehen müssen als solche mit Verbrennungsmotoren, ist nicht nur für Toyota – siehe Prius – ein Leitmotiv. Auch BMW hält sich mit seinen Modellen i3 und i8 daran. Grund: Zum einen soll der Besitzer seiner Umwelt zeigen wie er denkt. Zum anderen können die Menschen am Auto sofort ablesen: Hier fährt hier die Zukunft – sauber, leise und emissionsfrei.
Der Toyota Mirai kommt so außergewöhnlich daher, dass man nicht so recht weiß, ob man dieses Auto nun cool, spacig oder hässlich finden soll. Besonders die schlitzförmigen Scheinwerfer und die beiden riesigen Dreiecks-Lufteinlässe an der Front bilden ein gewöhnungsbedürftiges Ensemble. Auch die keilförmige Seitenansicht und das pummelige Heck stören das ästhetische Wohlbefinden.
Futuristisch ist auch, was unter dem Blech passiert. Angetrieben wird der Mirai – mit 4,89 Metern so lang wie ein Audi A6 – von einem 113 kW / 154 PS starken Elektromotor. Das ist soweit nichts Ungewöhnliches, E-Autos gibt es mittlerweile viele. Den Strom im Mirai aber liefert eine sogenannte Brennstoffzelle, indem sie über spezielle Membranen Wasserstoff und Sauerstoff zusammenbringt. Der Chemiker spricht von "kalter" Verbrennung. Als Abgas entsteht nichts außer Wasser, das als Dampf oder in Tröpfchen dem Auspuff entweicht.
Das Prinzip der Brennstoffzelle ist weit über 100 Jahre alt. Doch erst jetzt fängt die Sache an, halbwegs effizient zu werden. Das Energie-Paket im Mirai ist nur noch so groß wie ein Handgepäckkoffer, verbirgt sich unter den Vordersitzen, wiegt 56 Kilogramm und leistet 114 kW / 155 PS.
Leasing für 1.219 Euro pro Monat
Kostentechnisch aber hat man noch viel vor sich. Das weiß auch Toyota und muss den Mirai daher entsprechend teuer anbieten, um wirtschaftlich halbwegs sinnvoll zu arbeiten. Der Einstiegspreis beträgt 78.540 Euro. Toyota aber verleast den Mirai alledings ausschließlich - für 1.219 Euro pro Monat. Viele werden jetzt sagen, dafür gibt es auch eine Mercedes S-Klasse. Stimmt, aber den Mirai kaufen Menschen, denen das egal ist und die mit ihrem Auto ganz einfach ein Öko-Statement setzen wollen.
Im Innenraum des Japaners geht es nahezu so futuristisch zu wie von außen vermutet. Displays dominieren das Cockpit, die Materialien sind hochwertig, auch an der Verarbeitung gibt es nichts zu mäkeln. Zugelassen ist der Mirai für vier Personen - ein Tribut an die beiden Tanks, die unter Rücksitzbank und Kofferraum stecken. Dies lässt lediglich ein Gepäckvolumen von 361 Liter zu, weniger als im Golf.
Fahrdynamisch bewegt sich Toyotas Brennstoffzellenauto so geschmeidig und sportlich wie andere Elektrofahrzeuge auch. Denn die eigentliche Stärke des Elektromotors ist sein hohes Drehmoment. Hier sind es 335 Newtonmeter, etwa so viel wie auch ein 2,0-Liter-Dieselmotor entwickelt, der hierzu aber Drehzahl braucht. Der Mirai schickt die volle Kraft aus dem Stand heraus an die Vorderräder.
Reichweite von rund 550 Kilometern
Im Unterschied zum rein batteriegetriebenen Elektroauto ist hier ein wenig das Rauschen der Brennstoffzellen zu hören, genauer: des Lüfters, der den Zellen den Sauerstoff zuführt. Den Wasserstoff beherbergen zwei Drucktanks. Sie fassen fünf Kilogramm des gasförmigen Energieträgers (Kosten pro Kilo: 9,50 Euro) und ermöglichen so eine emissionsfreie Reichweite von rund 550 Kilometern. Damit mausert sich Toyotas Öko-Limousine zum Alltagsauto und zieht in dieser Disziplin gnadenlos am Batterie-Pendant vorbei.
Der Mirai muss auch nicht für acht Stunden an die Steckdose sondern lässt sich in wenigen Minuten auftanken. Nicht wenige Experten sehen daher die Kombination aus Brennstoffzelle und E-Fahrzeug als den Königsweg der alternativen Antriebe, vorausgesetzt der Wasserstoff wird regenerativ (Wind, Solar) hergestellt.
Fehlt eigentlich nur noch die großflächige Versorgung. Derzeit existieren 19 öffentliche Wasserstoff-Tankstellen in Deutschland, viel zu wenig, um das Brennstoffzellenauto massentauglich zu machen. Zum Vergleich: Erdgas-Tankstellen gibt es rund 1.000, bei Benzin/Diesel sind es mehr als 14.000 Zapfsäulen. Aber Autohersteller und Regierung sind dabei, kräftig zu investieren. Gebaut werden die H2-Säulen im Rahmen des Projekts Clean Energy Partnership (CEP). Das Ziel bis Ende 2016 lautet 50 Säulen, bis 2023 sollen 400 sein.
Nur 25 Mirai sollen dieses Jahr nach Deutschland kommen. Alle sind verkauft. Besserung ist nächstes Jahr in Sicht, wenn auch nur relativ. Die Produktion im heimatlichen Motomachi soll hochgefahren werden, von 700 auf 2.100 Einheiten. Nicht für Deutschland, sondern für die ganze Welt. Der Mirai bleibt also ein sehr exklusives Auto.