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Chery: Es geht (nicht nur) um wirtschaftlichen Erfolg

07.05.2024 06:02 Uhr | Lesezeit: 5 min
Chery auf der Auto China 2024
Der gefällige Tiggo 9 zählt zu den Bestsellern von Chery
© Foto: Mario Hommen/SP-X

Mit Chery befindet sich der nächste Autobauer aus China auf dem Sprung nach Deutschland. Kurz vor Marktantritt hat uns der Konzern ins Stammwerk Wuhu und damit zu einer Reise in die Welt von Tempo und großen Zahlen eingeladen. 

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Bereits die Ankunft in Peking stimmt auf ein Land ein, in dem der Automobilmarkt eine beeindruckende Dynamik entfesselt hat. Im Flughafen-Parkhaus, wie später auch in der Stadt, fallen uns die vielen und vorwiegend neuen Elektroautos auf. Letztere geben sich durch grüne Nummernschilder zu erkennen. Oft sind es Autos bekannter Marken wie Tesla oder Audi, doch stärker prägen das Straßenbild aus europäischer Sicht exotisch klingende Namen wie Li, Aito oder der lokale Hersteller Beijing. Noch sind die Verbrenner mit blauen Nummernschildern in Chinas Hauptstadt in der Überzahl. Doch die E-Mobilität steht hier bereits in voller Blüte, während sie im Autoland Deutschland weiter im Dornröschen-Schlaf verharrt.

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Ashley Chen, Brandmanager für Chery Deutschland, begleitet uns auf der Fahrt vom Flughafen in Pekings Zentrum. Für den Erfolg der E-Mobilität in seiner Heimat nennt er vor allem zwei Gründe: Anders als in Deutschland mit seinen hohen Strompreisen können E-Fahrer in China dank Billigstrom viel Geld sparen. "Die Energiekosten liegen für Verbrenner im Vergleich zu Elektrofahrzeugen um ein Fünffaches höher", sagt Chen. Deutsche E-Fahrer können allerhöchstens leichte Kostenvorteile erzielen, wenn sie vorwiegend an der heimischen Steckdose tanken. Darüber hinaus war für einige Jahre hinweg für Einwohner Pekings die Wartezeit für die Zuteilung von E-Auto-Zulassungen stark verkürzt, während sie für Verbrenner mehrere Jahre beträgt, was mittlerweile allerdings auch für E-Fahrzeuge der Fall ist.

Chery: Dauerstaus in Peking

Über 20 Millionen Einwohner zählt Peking. Und damit ist nur die Stadt und nicht die Metropolregion gemeint, so Chen. Die Straßen Pekings sind schon längst übervoll mit Autos. Rund sechs Millionen waren im Jahr 2022 registriert. Das zeigt sich auch an den Dauerstaus allerorts. An einem Dienstagmorgen fahren wir gegen 6:30 Uhr im Kleinbus vom Flughafen Richtung Zentrum. Ob drei, vier oder sechs Spuren – über die breiten Schneisen wälzen sich bereits jetzt dicht gedrängt die Blechkarawanen hinweg. Dabei wird um jeden Meter und jede Lücke – immerfort von Hupkonzerten begleitet – gekämpft.

Chery:

Peking verwöhnt an diesem frühen Morgen mit sommerlichen Temperaturen und einem strahlend blauen Himmel. Ist der legendäre Smog angesichts der vielen E-Autos etwa Geschichte? Nicht wirklich. Laut Chen hat es am Vortag in der Region kräftig geregnet und damit das Wetter für ausnahmsweise klare Verhältnisse gesorgt. Dicke Luft ist in der Megacity noch immer ein Problem. Peking-Kenner sagen allerdings auch, dass die Luftverschmutzung noch vor wenigen Jahren deutlich schlimmer war.

Auf dem Weg ins Zentrum der Riesenmetropole kreuzen wir mehrere Ringstraßen. Wie Chen berichtet, sind es mittlerweile sieben große Verkehrsschneisen, die Peking kreisförmig durchziehen beziehungsweise umrunden. Wer eine Runde auf dem äußeren Ring drehen will, muss eine Strecke von über 1.000 Kilometer zurücklegen. Zum Vergleich: Der größte Stadtring in Europa windet sich 196 Kilometer um Berlin

Alles ist relativ, aus deutscher Sicht wie auch innerhalb Chinas. Im Anschluss an den Besuch der Peking Auto Show mit ihren 117 Weltpremieren steht für uns noch eine Reise nach Wuhu an, um der Firmenzentrale von Chery einen Besuch abzustatten. "Die Stadt Wuhu ist klein", sagt Chen. Für chinesische Verhältnisse mag das stimmen, aus deutscher und europäischer Sicht würden die rund 3,7 Millionen Einwohner allerdings dafür reichen, eine Spitzenposition unter Großstädten einzunehmen.

Das trotz unzähliger Hochhäuser fast adrett wirkende Wuhu liegt ungefähr 1.100 Kilometer südlich von Peking. Normalerweise würde sich für den Trip dorthin ein Flug anbieten. Gebucht sind allerdings Zugtickets, denn die Fahrt mit dem in der Spitze über 400 km/h schnellen "Fu Xing-Train" wird mit rund viereinhalb Stunden vergleichsweise kurzweilig sein. Verspätungen? Wird es nicht geben.


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Chery: Wie viele Automarken gibt es in China?

Die seit vielen Jahren aufstrebende und für das Land wirtschaftlich wichtige Autoindustrie ist auch ein Phänomen der Regionen innerhalb Chinas, die jeweils ihre eigenen Autobauer fördern, was unter anderen für einen von Wettbewerb getriebenen Boom der Marken sorgt. Selbst unter Insidern scheint niemand genau zu wissen, wie viele es aktuell sind. 200 vielleicht. Vielleicht auch 300. Ständig kommen neue hinzu, nicht wenige sind wieder verschwunden. Eine Konsolidierung des Markts ist längst im Gange. Mit einem verschmitzten Lächeln sagt Chen, dass er hoffe, dass der Staatskonzern Chery nicht davon betroffen sein wird.

Auch der Aufstieg von Chery zum mittlerweile drittgrößten Autohersteller Chinas ist eine Geschichte imposanter Zahlen. Der 1997 gegründete Newcomer produzierte zunächst kleine und einfache Autos. Heutzutage baut der Konzern technisch moderne und ansehnliche Modelle in nahezu allen Segmenten, die aus zehn großen Fabriken in China für mittlerweile sieben jeweils aufstrebende Marken wie i-Car, Exeed, Jetour oder Omoda kommen. Während Chery 2012 lediglich 585.000 Autos produzierte, waren es vergangenes Jahr bereits gut 1,9 Millionen. In knapp zehn Jahren hat sich das Produktionsvolumen also mehr als verdreifacht. Charlie Zhang, Vize-Geschäftsführer von Chery Automobile, sagt uns bei einem Treffen in Wuhu, dass er für 2024 mit einer Produktion von 2,6 Millionen Autos rechne. Schon bald solle Chery in die Top Ten der größten Autobauer der Welt aufsteigen.



Chery: Exportgeschäft wird immer wichtiger

Und mit seiner kräftig wachsenden Produktion drängt Chery immer stärker ins Ausland. 2001 wurde das erste Fahrzeug von Chery außerhalb Chinas angelandet. Mittlerweile ist der Konzern in 90 Ländern vertreten. Dabei hat sich der Export zu einer wichtigen Stütze entwickelt: 2023 wurden rund die Hälfte der von Chery produzierten Autos in Märkten außerhalb Chinas abgesetzt. Das Auslandsgeschäft ist zudem lukrativ, weil sich hier höhere Preise und damit höhere Gewinnmargen als in China erzielen lassen. Außerhalb Chinas betreibt Chery mittlerweile 15 Montagewerke, in denen Fahrzeugteile zu Autos zusammengesetzt werden.

Zunächst hat sich Chery bei seiner Expansion auf Schwellenländer im Nahen Osten oder Asien konzentriert. Anders als einige Mitbewerber aus China hat Chery bislang einen Bogen um die anspruchsvollen Märkte in Westeuropa und Deutschland gemacht. Das soll sich nun ändern. Dabei setzt Chery auf eine etwas andere Strategie. So hat Chery im April ein Abkommen unterzeichnet, gemeinsam mit der wiederbelebten Firma Ebro EV in einem ehemaligen Nissan-Werk bei Barcelona seine für Westeuropa vorgesehenen Autos in Spanien zu montieren. Dieser Schritt dürfte den Zugang zum westeuropäischen Markt erleichtern und langfristig sichern. 400 Millionen Euro sollen investiert werden, damit in fünf Jahren jährlich 150.000 Autos in Spanien vom Band laufen können. "We will be part of the European Community", sagt Zhang bei seiner Begrüßungsrede in Wuhu. 

Zusätzlich zur Produktionsanlage in Spanien will Chery für seine jungen Marken Omoda und Jaecoo ein klassisches Händler- und Werkstattnetz aufbauen. Zur Peking Auto Show und nach Wuhu hat Chery über 2.000 Gäste eingeladen. Neben Medienvertretern befinden sich darunter auch viele Händler. Einige sind aus Deutschland angereist, die nun auf die ersten Vertragsangebote von Chery warten.


Auto China 2024 - Impressionen

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Gute Chancen attestieren die Händler etwa dem Kompakt-SUV Omoda 5. Auf Probefahrten habe das Auto einen guten Eindruck hinterlassen, so die einhellige Meinung. Zudem lockt der zunächst mit Benzinmotor erhältliche und voraussichtlich um 27.000 Euro teure Hochbeiner mit einem attraktiven Preis-Leistungs-Verhältnis. Der Benzinversion des 5 sollen zeitnah noch elektrische und teilelektrische Antriebsvarianten sowie weitere Baureihen von Omoda sowie der Offroad-Marke Jaecoo folgen. Möglicherweise kommt auch die Premiummarke Exlantix nach Deutschland. 

Das klingt ambitioniert, auch angesichts der bisher mäßigen Erfolge einiger anderer Hersteller aus China in Deutschland. Laut Ashely Chen geht es für chinesische Hersteller speziell in Deutschland nicht nur um wirtschaftlichen Erfolg, sondern auch um Prestige. Frei nach dem Motto: Wer es hier schafft, schafft es überall auf der Welt. Doch im Kern wird es Chery im globalen Spiel um Marktmacht in der Autoindustrie vor allem um eins gehen: große Zahlen.

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