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Neue Elektroauto-Plattformen: Flexibel, global und mit Sparpotenzial

18.01.2021 10:30 Uhr
Erstes Modell auf Basis der Elektro-Plattform E-GMP wird der für Frühjahr 2021 angekündigte Hyundai Ioniq 5 sein.
© Foto: Hyundai

E-Mobilität wird von der Autoindustrie mittlerweile groß gedacht. Entsprechend wächst die Zahl ultraflexibler und vielseitig einsetzbarer E-Plattformen, die als Basis für bald verfügbare und in vielen Punkten deutlich gereifte Stromer dienen.

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von Mario Hommen

Der derzeitige Elektroauto-Boom wird kein Strohfeuer sein. Batterieelektrische Pkw werden in wenigen Jahren den Automarkt dominieren. Das weiß man längst in den Chefetagen der Autokonzerne, die bereits die Weichen für neue Generationen von E-Autos gestellt haben. Dabei setzen die großen Player auf neu entwickelte Plattformen, die mehr Variabilität, mehr Leistung und mehr Reichweite als bisherige E-Autos ermöglichen werden. Wichtig ist außerdem ihre Skalierbarkeit, was es erlaubt, sie marken- und herstellerübergreifend als Basis für viele Segmente und Fahrzeugtypen einzusetzen. Vorgemacht hat dies der VW-Konzern mit dem 2016 erstmals vorgestellten Modularen Elektrobaukasten (MEB), der als variable Basis für diverse Fahrzeuge der eigenen Markenwelt von Audi bis Skoda wie auch für Mitbewerber Ford für eine Reihe neuer und kommender E-Autos - vom Kompakten über SUV bis zum Kleinbus - dient.

Der US-Riese General Motors, der Anfang 2021 sein seit Dekaden unverändertes Logo auf Elektro-Optik trimmte, hat voriges Jahr mit dem elektrischen Vielzweck-Unterbau "Ultium Drive" ein weiteres eindrucksvolles Beispiel variabler Nutzbarkeit vorgestellt. Wie bei neuen E-Plattformen üblich, handelt es sich um eine skateboardartige Grundstruktur mit flach und tief im Boden liegender Batterie sowie Antriebsaggregaten an Vorder- und Hinterachse. Der einstige Elektropionier - mit dem 2010 eingeführten Chevrolet Volt waren die Amerikaner einst Vorreiter der E-Mobilität - hat zusammen mit LG Chem ein modulares, Ultium getauftes Batteriesystem aus Pouch-Zellen entwickelt. Diese lassen sich horizontal wie vertikal anordnen und in Größen ab 50 bis 200 kWh dimensionieren, was Reichweiten deutlich jenseits von 600 Kilometer erlauben soll. Geplant sind zudem 400- wie 800-Volt-Architekturen. Während erstere auf Ladestrom bis maximal 200 kW ausgelegt sind, soll die großen SUV und Pick-ups vorbehaltene 800-Volt-Technik bis zu 350 kW Ladestrom aufnehmen können. Eindrucksvoll sind auch die Antriebe. Fünf Aggregate-Einheiten werden zur Verfügung stehen, mit denen sich Front-, Heck- und Allradantriebe für Pkw und Nutzfahrzeuge in vielen Leistungsstufen darstellen lassen.

Kosteneinsparung durch Vielseitigkeit

Was Ultium Drive zu leisten im Stande ist, zeigt die im Herbst 2020 vorgestellte, rund 1.000 PS starke Neuauflage des GMC Hummer EV. Der gut fünfeinhalb Meter lange Trumm soll damit in rund drei Sekunden aus dem Stand Tempo 100 sprinten und 560 Kilometer Reichweite bieten. Zudem ist dank 800-Volt-Technik ein Nachladen von Strom für 160 Kilometer in gut zehn Minuten machbar. Die bereits enthüllte Top-Version macht den Anfang, schwächere Varianten des Hummer sollen 2022 folgen. Von 2022 an hat GM zudem weitere Modelle auf Ultium-Basis angekündigt. So wird die künftige Elektro-Marke Cadillac bis 2023 neben dem SUV Lyriq und der Luxuslimousine Celestiq auch die offiziell noch nicht von GM bestätigten Baureihen Symboliq und Optiq an den Start bringen. Außerdem sind vorläufig zwei SUV von Buick sowie ein SUV und ein Pick-up von Chevrolet auf Ultium-Basis angedacht. Bis 2025 will GM nach eigenen Angaben über 30 elektrisch angetriebene Modelle auf den Markt bringen. Zusätzlich plant der US-Konzern im Rahmen einer strategischen Allianz, künftig für Honda E-Autos zu bauen. Dank der Vielseitigkeit der neuen Plattform sind Skalierungseffekte erzielbar, die laut einer Prognose von GM die Kosten der Ultium-Akkus unter 100 Dollar pro Kilowattstunde sinken lassen.

Noch vor GM wird die Hyundai Motor Group bereits im Frühjahr als erster Volumenhersteller eine 800-Volt-Architektur auf den Markt bringen. E-GMP (Electric Global Modular Platform) heißt die neue elektrische Antriebsbasis, bei der es sich um einen in der Länge skalierbaren Unterbau mit einer ebenfalls im Fahrzeugboden integrierten und fest mit der Karosserie verbundenen Batterie zwischen Vorder- und Hinterachse handelt. Die variabel nutzbare und zugleich stark standardisierte Plattform erlaubt mehr als drei Meter Radstand. Auf der neuen Plattform sollen künftige BEV-Fahrzeuge der Marken Hyundai, Kia und Genesis aufsetzen, die im C- und D/E-Segment mit sogar über fünf Meter langen Aufbauten antreten werden. Neben Steilheck- und Stufenheck-Limousinen sind SUV, Sportautos, Robotaxis, High-Performance-Fahrzeuge und Derivate für den Motorsport denkbar.


Neue Elektroauto-Plattformen

E-Plattform Hyundai E-GMP Bildergalerie

Grundsätzlich ist der E-GMP-Unterbau als Heckantriebsplattform für Performance-Fahrzeuge ausgelegt. Diese können bis zu 440 kW / 600 PS stark und trotz Eingang-Getriebe bis zu 260 km/h schnell werden. Sprintzeiten von 0 auf 100 km/h sollen in weniger als 3,5 Sekunden realisierbar sein. Neben reinen Heckantriebsfahrzeugen wird es auch allradgetriebene Modelle mit zusätzlichem Frontmotor geben. Eine von hochfesten Stählen geschützte, aus Lithium-Ionen-Pouchzellen bestehende Traktionsbatterie soll in der größten Ausbaustufe über 500 Kilometer Reichweite nach praxisnaher WLTP-Messung erlauben. Dank 800-Volt-Technik wird auch schnelles Auftanken mit einer Ladeleistung von bis zu 240 kW möglich sein. Strom für 100 Kilometer wäre in fünf Minuten nachgetankt. Erstes Auto auf E-GMP-Basis wird der Hyundai Ioniq 5 sein, den die Koreaner Anfang Februar enthüllen und bereits im Frühjahr 2021 auch auf dem deutschen Markt einführen werden.

Wie GM und Hyundai haben auch die Allianzpartner Renault und Nissan vergangenes Jahr eine neue Elektro-Basis vorgestellt. Die CMF-EV genannte Plattform soll nicht nur marken-, sondern auch herstellerübergreifend vom Allianzpartner Mitsubishi genutzt werden. Wie schon bei den zuvor genannten EV-Plattformen ist die flach im Boden eingelassene Batterie integraler Bestandteil der in Länge variablen Fahrzeugarchitektur. Maximal ist hier ein Radstand bis 2,77 Meter möglich, entsprechend eignet sich der Unterbau für Fahrzeuge im C-Segment. Als Antriebe kommen neuentwickelte, besonders kompakte E-Maschinen zum Einsatz, die kurze Karosserieüberhänge und geräumige Innenräume erlauben sollen. Neben Front- soll es mit Hilfe eines Zusatzmotors an der Hinterachse auch Allradantriebe geben.

Mégane-Studie vereint Elemente von SUV und Schrägheckmodell

Einen konkreten Ausblick auf die CMF-EV-Plattform hat zum Beispiel Renault mit der seriennahen Studie Mégane eVision gegeben. Das mit 4,2 Meter Länge kompakt dimensionierte Fahrzeug, das Elemente von SUV und Schrägheckmodell in sich vereint, wird von einem 160 kW / 217 PS starken Asynchronmotor angetrieben, der das 1.650 Kilogramm schwere Konzeptauto in unter acht Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h beschleunigt. Zum Einsatz kommt hier eine 60 kWh große Batterie mit Wasserkühlung, die eine Schnellladung mit bis zu 22 kW Wechsel- oder alternativ mit 130 kW Gleichstrom ermöglichen soll. Für die dieses Jahr startende Serienversion kündigt Renault 450 Kilometer Reichweite an. Reichweitenstärkere Varianten sollen folgen. Zudem plant Renault auf der kompakten Allianz-Elektroplattform eine ganze Modellfamilie.

Auch im Nutzfahrzeugbereich sind neue E-Plattformen geplant. Jüngst hat die Van-Sparte von Mercedes-Benz angekündigt, die nächste Generation des eSprinter auf eine komplett neue Elektroantriebs-Plattform zu stellen. In die Entwicklung der Electric Versatility Platform (EVP) genannten Bodenstruktur will das Unternehmen rund 350 Millionen Euro investieren. Den laut Medienberichten noch vor 2025 serienreifen Unterbau wird es in zwei Radständen geben, die zudem diverse Aufbauten erlauben. Die Bandbreite wird laut Mercedes von Fahrgestellen für Kofferaufbauten über Kastenwagen bis zu Kleinbussen reichen. Zudem sind drei Batteriegrößen geplant. Ziel ist es, mit der größeren Variabilität auch Abnehmern in den USA künftig passgenauere Zuschnitte anbieten zu können.

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