Wir schreiben das Jahr 2004 – und sitzen einem jahrzehntelangen Kenner der Marke BMW gegenüber. Wie ein Pfeil schießt er gleich zwei Antworten auf die folgende Frage des Reporters heraus: Was passt überhaupt nicht zu BMW? "Erstens: Ein Familienvan. Zweitens: Frontantrieb." Punkt.
Wir schreiben das Jahr 2014 – und sitzen in einem 2er Active-Tourer. Unzweifelhaft ein Van. Vor uns liegen mehr als hundert Kilometer kurvenreicher Alpenstrecken. Und direkt vor uns liegt ein Frontantrieb. Also kein echter BMW?
Die wichtigste Währung bei den Bayerischen Motorenwerken ist dabei wie eh und je das dynamische Fahrerlebnis. Und hier legen wir uns nach den ersten paar Dutzend Kilometern fest: Das Echtheits-Siegel ist verdient. Trotz des höheren Schwerpunkts eines Vans liegt der BMW im Normalbetrieb wie angesaugt auf der Straße, trotz Frontantrieb ändert sich darin weit über den Normalbetrieb nichts. In der elektro-mechanischen Servolenkung zuckt und zerrt der Einfluss des Fronttriebs keinen Hauch. Lediglich bei äußerst rasant gefahrenen Kurven hebt der Active-Tourer schon einmal ein Bein. "Unsere typische Dynamik zu erreichen, das war uns ein wichtiges Anliegen", schwört Entwickler und Produktmanager Siegfried Müller denn auch.
Im Flüsterdiesel kommod unterwegs
Unterwegs sind wir übrigens zunächst mit dem 218d. Einem 150-PS-Diesel also aus der neuen Modell-Familie gemeinsam mit der Schwestermarke Mini, der bereits zum Marktstart am 27.September zur Verfügung stehen wird – wie auch der Einstiegsmotor, ein Dreizylinder-Benziner 218i (136 PS) und der Vierzylinder 225i (231 PS). Der Diesel ist ein Flüstermeister – und da auch die Windgeräusche dank cw-Wert 0,26 äußerst dezent sind, reist es sich in diesem Wagen ebenso zügig wie kommod. Mehr Motor braucht dieses Fahrzeug eigentlich nicht.
Aber ein BMW wird von den Fahrern eben besonders vielseitig gefordert. Und darum kann der Käufer seinen Active Tourer sowohl mit dem Top-Benziner (ab 31.900 Euro) noch deutlich zackigere Fahrleistungen entlocken – oder mit dem angenehm grummelnden Dreizylinder-Benziner (ab 22.900 Euro – alle Preise netto) sowie dem später erhältlichen 1,6-Liter-Diesel auf Spartour gehen. 24.300 Euro werden für diesen Motor zu Buche stehen, wenn er wie die weiteren Motorisierungen (220i, 220d) und die Allradantriebe (für 220d und 225i) ab November zur Verfügung steht.
Die anfangs erhältlichen Motoren lassen sich im Prinzip übrigens auch in der Nähe der versprochenen Drittelmix-Angaben von 4,1 (Diesel) bis 5,9 (225i) Liter bewegen – im Prinzip. Die eingebaute Freude am Fahren führt allerdings dazu, dass reale Verbräuche je nach sportivem Charakter des Fahrers weniger oder mehr darüber liegen. Wer aber auf der langen Urlaubsfahrt mittels Tempomat (ab zweiter Ausstattungsstufe Advantage serienmäßig) bei 130 Stundenkilometer gen Süden brummelt, wird keine bösen Tank-Überraschungen erleben. Kühlen Kopf bewahrt schließlich auch schon der Fahrer der Basisversion. Klima ist immer serienmäßig.
Pilot von höherer Warte
Für die allermeisten Kunden wird es kühl gerechnet der mittelgroße Diesel oder sein 218er-Benzin-Bruder tun. Mit der reinen Vernunft ist es aber ja so eine Sache im Premium-Segment. Es geht um das Gefühl, auch in dieser Klasse einen BMW fahren zu können. Optisch machen das besonders die typische BMW-Front und die Hecklichter deutlich. Und das hervorragend fahrerorientierte Cockpit nebst Head-Up-Display (im Paket für 2.100 Euro) und mindestens 6,5 Zoll großem Farbmonitor bietet das gleiche Piloten-Erlebnis wie in Dreier oder Fünfer – nur von höherer Warte.
Natürlich ist der BMW eine Ecke teurer als etwa sein ebenso taufrischer VW-Rivale Golf Sportsvan. Den gibt es schon für weniger als 16.800 Euro – und auch mit sehr guter Verarbeitung, der ganzen Armada an Assistenzsystemen inklusive automatischem Tempomat und den fast auf den Millimeter gleichen äußeren und inneren Maßen. Auf die kommt es neben der Vielseitigkeit bei nüchterner Betrachtung eigentlich an.
Das weiß auch Frank Niederländer. Der Produktmanager des Active-Tourer, gibt denn auch einfach zu: "Wenn Sie das an Innenraum-Größe und Variabilität bieten wollen, was der Markt verlangt, geht das nur mit Frontantrieb und Quermotor." Auf kompakten 4,34 Meter Länge und bei 2,67 Meter Radstand bietet der BMW darum nun auch verschieb- und neigungsverstellbare Rücksitze, ausreichend Laderaum und das luftige Raumgefühl, das ein Familienvan-Käufer erwartet. "Und 1,5-Liter-Flaschen haben auch Platz" - das ist Niederländer wichtig. So ändern sich die Zeiten.
Üppiges Ausstattungsregal
Was sich nicht ändert, ist die Möglichkeit, seinen Active-Tourer mittels Aufpreis-Orgie zum Solitär zu machen. Unzählige Rad-Reifen-Kombinationen (nur der 216d wird auf 16-Zoll-Stahfelgen rollen), Farben, vier Ausstattungspakete und Optionen, Optionen, Optionen bringen den anspruchsvollen Kunden flott über die 40.000-Euro-Schwelle. Das wird nicht jede Familie ansprechen. Wiewohl Einstiegsleisten schon Laune machen, die mittels LED das BMW-Logo vor die Tür auf den Boden malen. Oder Internet-Zugang, oder heizbares Lenkrad, oder … mehr als 200 Accessoires bieten die Bayern an. Regensensor, City-Auffahrwarner, Armauflagen, Klima oder Radio mit Bluetooth-Freisprecher gibt’s aber auch schon für die Familie, die beim Einstiegs-Tourer bleibt.
Vielleicht sind beim Kauf des Active-Tourers dann ja sogar noch die knapp 4.700 Euro für zwei E-Bikes drin. Die kann der Fahrer des neuen BMW ganz leicht mitnehmen. Denn ein speziell konstruierter Fahrrad-Träger, der nur 18 Kilo wiegt, kann zweimal 30 Kilo aufnehmen – und passt klick-klack-gefaltet in ein Fach unter dem Ladeboden. Mit nichnt mal 700 Euro ist das geniale Teil sogar vergleichsweise günstig. Van schon, denn schon. (Peter Weißenberg/sp-x)