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Autositz: Schnittschnelle zwischen Mensch und Maschine – worauf geachtet werden muss

09.09.2024 04:06 Uhr | Lesezeit: 3 min
Autositz, Opel Grandland
Sitz im Opel Grandland.
© Foto: Opel

Der Sitz wird häufig vernachlässigt – von Autoherstellern wie -fahrern. Doch er gehört zu den essenziellen Bauteilen "am Arbeitsplatz" und ist Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine.

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Der höhenverstellbare Schreibtisch ist aufgrund des positiven Effekts auf die Gesundheit und Konzentration der Mitarbeitenden in vielen Unternehmen selbstverständlich. Wie sieht das aber am Arbeitsplatz Auto aus? Hier kommt dem Sitz die Rolle zu, der im Fahrzeug erzwungenen einseitigen Haltung etwas entgegenzusetzen. Doch worauf sollte ein Flottenmanager bei der Fahrzeugauswahl achten? Muss es ein zertifizierter Autositz sein oder gibt es auch gute ohne Siegel?

Wer den Arbeitsplatz seiner Mitarbeiter im Fahrzeug optimieren möchte, kommt zunächst nicht an der Frage vorbei, was er mit einer möglichen Neuanschaffung oder Veränderung der Car Policy erreichen will. Schließlich ist das Auto erst einmal ein Mittel zum Zweck. Es soll Vertriebler, Service-Mitarbeiter und Co dabei unterstützen, ihren Job so erfolgreich wie möglich auszuführen. Es geht letztendlich darum, dass Mitarbeiter entspannt beim Kunden ankommen, um zielgerichtet auf die Anliegen des Gegenübers einzugehen. Ärger über Stau und Verkehrschaos oder Nackenverspannungen dürfen in dieser Situation keine Rolle spielen. Wer auf den Kilometern zuvor permanent auf seinem Sitzpolster hin- und herrutschen musste, um unangenehme Druckstellen auszugleichen, könnte aber über den letztgenannten Punkt oft klagen.

Denn schon während der Anreise führt eine ungute Sitzposition dazu, sich schlechter auf die Verkehrssituation konzentrieren zu können. Eine Haltung mit gebeugten Knien und Hüften, einer oftmals stark gerundeten Wirbelsäule inklusive abgeknicktem Nacken und verspannten Schultern behindert eine gute Durchblutung von Gehirn und Körper. Das macht die Fahrt anstrengend, Aufmerksamkeit und Reaktionsfähigkeit sind reduziert. Das Risiko von Fahrfehlern oder gar einem Unfall steigt entsprechend an.

Autositz ist Sicherheitsfaktor

Ein Sicherheitsfaktor ist in diesem Zusammenhang der Autositz. Er ist die Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine. Über die Kontaktfläche Polster zu Oberschenkelrückseite und Rücken nimmt der Fahrer die Reaktionen des Fahrzeugs wahr - und kann im besten Fall darauf Einfluss nehmen. Falls es doch zum Crash kommt, fangen Aufhängung und Polsterung eine Menge an Energie auf. Ist der Sitz zudem perfekt auf den Fahrer eingestellt, können Airbag und Gurt ihre schützende Wirkung vollends entfalten. Zudem entscheidet eine gute Sitzposition darüber, wie gut die Rundum-Sicht ist oder wie selbstverständlich die Bedienung der Instrumente erfolgen kann.

Kurzum, es wäre jedem Autofahrer zu wünschen, dass sein Autositz all diese Aufgaben erfüllt. Dazu muss sich das Gestühl gut anpassen lassen. Ganz gleich ob jemand groß oder klein gewachsen ist und unabhängig von der Statur. Faktoren, die viele Autohersteller bei ihrer Entwicklung im Blick haben. "Unser Ziel ist es immer, ein Produkt zu liefern, aus dem Frau oder Mann am Zielort aussteigen und im besten Fall gar nicht spüren, wie viele Kilometer zurückgelegt wurden", legt Sitzexperte Jonas Eisenbraun die Latte für Sitze bei Opel hoch. 2002 kamen die Rüsselsheimer auf die Idee, sich ihrer Signum- und Vectra-Sitze mit einem Gütesiegel der Aktion Gesunder Rücken (AGR) e.V. zertifizieren zu lassen. Zwei Jahre zuvor war aber tatsächlich Recaro der Erste, der einen Optionssitz für den Audi A8 AGR-zertifizieren ließ.

Checkliste: Diese Vorgaben müssen Autositze erfüllen

Die Verstellmöglichkeiten der besiegelten Sitze müssen sämtliche Vorgaben erfüllen, die der Verein an die Ergonomie eines Produkts hat. Für den Autositz sind das folgende:

  • feste Grundstruktur
  • wirbelsäulengerechte S-Form mit ausreichend hoher Rückenlehne, die über die Schulter hinaus stützt
  • Seitenführung an Sitzpolster und Rückenlehne
  • 4-Wege-Lordosestütze
  • nach Möglichkeit elektrische Einstellbarkeit des Sitzes
  • ausreichend hoch einstellbare Kopfstütze
  • Sitzflächenhöhen- und -neigungsverstellung
  • Variabilität der Schenkelauflage
  • Sitzheizung, -lüftung oder klimafreundliche Materialien

Ergänzend dazu sieht die AGR gerne Optionen wie eine integrierte Massagefunktion, eine dynamische Unterstützung bei Kurvenfahrten und Komfortdetails für die Kopfstütze.

Der Opel Signum war 2003 beim Rüsselsheimer Autobauer das erste Fahrzeug, welches die geforderten AGR-Verstellmöglichkeiten erfüllte. Inzwischen sind die ergonomischen Aktiv-Sitze bei vielen Modellen erhältlich. Die Gründe, solch ein Siegel zu bekommen, das noch dazu jedes Jahr aufs Neue bestätigt werden muss, sind bei allen ähnlich.

Mercedes ließ sich deren Sitze erst ab 2017 mit der Ergonomie-Plakette auszeichnen. Auch für Ford und Peugeot gilt das Siegel als Chance, hervorzuheben, dass die Sitze alle geforderten Kriterien erfüllen. Bei Skoda trägt es dazu bei, Octavia, Kodiaq und Superb bei den Unternehmen besonders relevant zu machen, die bei ihren Flottenfahrzeugen auf derlei Qualitätsstandards Wert legen. Relativ neu in der Runde der Anbieter sind Genesis und Nio. Auch sie wollen damit die Langstreckentauglichkeit ihrer Modelle unter Beweis zu stellen.

Es muss nicht der AGR-Autositz sein

Ein Kriterium für die Fahrzeugauswahl könnte also das Label des Vereins sein. Doch es gibt auch viele Automobilhersteller, die ohne dieses Qualitätssiegel auskommen. Sind deren Sitze deswegen weniger geeignet für den beruflichen Einsatz? Nicht unbedingt. Ein Blick in die Ausstattungslisten genügt meist, um zu sehen, dass die oben genannten Anforderungen ebenfalls erfüllt werden. Hersteller wie Audi und BMW gehen aufgrund ihres Status als Anbieter von hochpreisigen Fahrzeugen davon aus, dass die ergonomische Ausrichtung an Bord selbstverständlich ist.

Bei Mazda hat die Entscheidung, den Menschen mit all seinen Funktionen in den Mittelpunkt der Fahrzeugentwicklung zu rücken, sogar einen Namen: Jinba-Ittai. Die Sitze sollen die Haltung des Oberkörpers beim Gehen auch im Fahrzeug nachbilden. Das führt beispielsweise zu einer Struktur des Sitzes, die das Becken fest in einer aufrechten Position stützt. Dadurch kann die Wirbelsäule ihre natürliche S-Kurve beibehalten. Unverständlich hingegen, dass beispielsweise Cupra, die gerade im Fuhrpark-Einsatz an Relevanz gewinnen, keinerlei Zertifizierung hat und zudem auf Details verzichtet, die das individuelle Sitzen nach beschriebenem Muster optimieren.

Autositz: Massage kann unterstützen

Wenn's um das Thema Optimierung geht, sind die Belüftung für die Vordersitze, die Heizung auf den Rücksitzen oder aber Massagefunktionen zu nennen. So verfügen beispielsweise die Massagesitze in Superb und Kodiaq nicht nur über verbesserte Sensoren für die Temperatur- und Feuchtigkeitsregelung, sondern auch jeweils über zehn Luftkammern, welche in acht unterschiedlichen Programmen aktiviert werden können. Und das in drei Intensitäts- und fünf Zeiteinstellungen. Inwiefern das in einem Verkehrsmittel übertrieben ist oder nicht, das kann nur jeder für sich selbst entscheiden. Wenn das Kriterium jedoch lautet, jemanden, der zehntausende Kilometer im Jahr im Auto unterwegs ist, zu entlasten, dann ist der durchblutungssteigernde Effekt empfehlenswert.

Mit dem Ziel, Frauen oder Männer mit geringerer Körpergröße einen Vorteil zu verschaffen, hat Opel auf sein sogenanntes Women perspective panel im Rahmen der Fahrzeugentwicklung gehört. Im Sinne von "Frauen für Frauen" ist es dabei auch dem weiblichen Einfluss im Team zu verdanken, dass die Sitztiefenverstellung an alle Bedürfnisse angepasst wurde. Üblicherweise wird diese Option als Verlängerung dem Standardsitz zugeschlagen. Für Personen mit kürzeren Oberschenkeln bringt das jedoch wenig. Deshalb lässt sich heute der Verstellweg der Sitzflächentiefe in Opel-Fahrzeugen nach vorne und nach hinten variieren.

Kopfstütze zu nah am Kopf

Um Verschiebbarkeit geht es ebenfalls bei der Vier-Wege-Kopfstütze. Bei Opel wird sie sogar in Modellen wie dem Astra und Grandland eingesetzt, die gerade von Vielfahrern und Familien sehr gefragt sind. Durch die Verstellmöglichkeit nach vorne und hinten kann im Unterschied zu einer feststehenden Kopfstütze auch bei einer aufrechten Sitzhaltung ein angenehmer Abstand vom Kopf zu dem sicherheitsrelevanten Bauteil gefunden werden, ein Aspekt, der in vielen Autos "übersehen" wird.

Tatsächlich haben sich generell die Anforderungen, ein Schleudertrauma zu vermeiden, verändert. Rücken und Kopf sollen im Vergleich derzeit mehr Kontakt mit Sitz und Kopfstütze haben, damit im Falle eines Aufpralls eine angemessene Körperunterstützung gewährleistet ist. Um das zu erreichen, sind die Kopfstützen allgemein weiter nach vorne positioniert. Gut im Fall des Falles, schlecht für den Alltag, da die abgeknickte Kopfhaltung, wie bereits erwähnt, zu einer schnelleren Ermüdung führt.

Noch einmal zurück zur Frage, wann der Arbeitsplatz Auto für den beruflichen Einsatz optimale Bedingungen bietet. Für Jonas Eisenbraun gibt es ein ganz klares Kriterium dafür: "Nicht zehn, nicht 20, sondern mindestens 40 Minuten Probefahrt sind die magische Grenze, um zu beurteilen, ob ein Sitz passt oder nicht." In diesem Zeitraum sei jedes mögliche Problem zu spüren - die störende Kopfstütze ebenso wie die kleinste Druckstelle. Zeigt sich das alles nicht, dann passt das Mobiliar.

Fazit Autositz

Wichtig: Alle noch so "intelligenten" Bauteile am und im Auto helfen nichts, wenn sie nicht richtig verwendet werden. Noch immer stellen viele Autofahrer gerade einmal die Länge zur Pedalerie auf ihre Größe ein und richten ihr Augenmerk dann darauf, ob es bequem entsprechend einem Sessels zu Hause ist. Dabei ist es viel wichtiger, dass - mit einer möglichst aufrechten Haltung und damit guter Übersicht auf die Straße - das Becken bei der Betätigung der Pedale tatsächlich an der Rückenlehne bleibt. Das gilt ebenso für die Schultern beim Lenken. Die Lordosenstütze sollte dem oberen Beckenkamm Halt geben und darf jederzeit in der Tiefe verändert werden. Ganz im Sinne eines elektrisch höhenverstellbaren Tisches, der seine positive Wirkung auch nur entfaltet, wenn er genutzt wird.


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