_ Der Streit um die Erstattung der Reparaturbestätigung ist in die nächste Runde gegangen. In Autoflotte 02/2014 hatten wir Hintergründe und Instanzenrechtsprechung darüber gegeben, ob der Versicherer die Kosten der Reparaturbestätigung erstatten muss, die ein Unfallgeschädigter als zukünftigen Nachweis erstellen lässt. Große Brisanz hat die Frage die letzten Jahre durch die Beweislast des Geschädigten beim Folgeunfall durch die gespeicherten Daten im Hinweis- und Informationssystem (HIS) erhalten.
Nun hat ein Urteil vom 24. Januar 2017 des Bundesgerichtshofs (BGH) den jahrelangen Streit auf den ersten Blick beendet, denn der VI. Zivilsenat des BGH hält die Reparaturbestätigung bei einer fiktiven Abrechnung für sich genommen als nicht erstattungsfähig (Az. VI ZR 146/16).
Der Fall
Die klagende Geschädigte hat einen Unfall erlitten, bei dem ihr Fahrzeug beschädigt wurde. Sie rechnete den Unfallschaden fiktiv auf Gutachtenbasis ab, reparierte das Fahrzeug aber günstiger. Um den Nachweis der ordnungsgemäßen Reparatur zu erbringen, holte sie eine Reparaturbestätigung eines Sachverständigen ein, deren Kosten über 61,88 Euro der nunmehr beklagte Kfz-Haftpflichtversicherer nicht regulierte. Sowohl das Amts- als auch das Landgericht wiesen die Klage ab, sodass der BGH als Revisionsgericht darüber zu entscheiden hatte. Der Leitsatz des BGH: "Wählt der Geschädigte den Weg der fiktiven Schadensabrechnung, sind die im Rahmen einer tatsächlich erfolgten Reparatur angefallenen Kosten einer Reparaturbestätigung für sich genommen nicht ersatzfähig. Eine Kombination von fiktiver und konkreter Schadensabrechnung ist insoweit unzulässig."
Begründung
Alle drei Instanzen sind der Ansicht, dass der Klägerin bei der von ihr gewählten fiktiven Abrechnungsmethode kein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Erstellung der Reparaturbestätigung zustehe. Die Entscheidung der Klägerin, den Unfallschaden fiktiv abzurechnen, sei Ausfluss ihrer Dispositionsfreiheit. Wenn sie gleichwohl im Hinblick auf eine eventuelle spätere Veräußerung des Unfallwagens oder einen möglichen erneuten Unfall im selben Fahrzeugbereich einen Nachweis der ordnungsgemäßen Reparatur wünsche, müsse sie diesen Nachweis auf eigene Kosten einholen. "Bei den geltend gemachten Kosten für die Reparaturbestätigung des Sachverständigen handelt es (...) sich vielmehr um eine Position, die ursächlich auf der freien Entscheidung der Klägerin beruht, ihr Fahrzeug nicht in einem Fachbetrieb, sondern in Eigenregie reparieren zu lassen". Auf die Motivation der Klägerin, für eine mögliche spätere Veräußerung des Wagens oder einen eventuellen weiteren Unfallschaden an derselben Stelle den Nachweis einer ordnungsgemäß durchgeführten Reparatur vorzuhalten, kommt es nach Ansicht des Senats nicht an.
Hintertürchen offengelassen
Dies bedeutet aber nicht, dass diese Kosten in Zukunft per se nicht mehr zu erstatten sind. Der BGH hat nämlich ein Hintertürchen offengelassen: "Etwas anderes könnte gelten, wenn die Reparaturbestätigung aus Rechtsgründen zur Schadensabrechnung erforderlich gewesen wäre, etwa im Rahmen der Abrechnung eines zusätzlichen Nutzungsausfallschadens (...). Die Reparaturbescheinigung wäre (...) dann als Nachweis der tatsächlichen Gebrauchsentbehrung (...) erforderlich zur Rechtsverfolgung im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB. Entsprechendes kann im Fall der den Wiederbeschaffungsaufwand überschreitenden fiktiven Reparaturkosten für den Nachweis der verkehrssicheren (Teil-) Reparatur des Unfallfahrzeugs und damit des tatsächlich bestehenden Integritätsinteresses des Geschädigten gelten."
Neuer Zündstoff
Diese vom BGH beispielhaft genannten Ausnahmen bieten nunmehr Zündstoff für weitere Streitigkeiten. Jedenfalls darf in diese Entscheidung des BGH nicht hineininterpretiert werden, dass eine Erstattungspflicht der Reparaturbestätigung ausscheidet. Entschieden wurde dies ausschließlich zu der Konstellation im Hinblick auf den Eintrag in die HIS-Datei.
Inka Pichler-Gieser
Rechtsanwältin und Fachanwältin für Verkehrsrecht, Partnerin der Kanzlei Kasten & Pichler in Wiesbaden
- Ausgabe 05/2017 Seite 75 (124.1 KB, PDF)