In Frankfurt am Main (Urteil vom 3.6.2022, Az 533 Js OWi 18474/22) wurde kürzlich eine SUV-Fahrerin für einen Rotlichtverstoß zu einem höheren Bußgeld als üblich verurteilt. Die Dame hat den Verstoß nämlich mit einem SUV begangen. Laut Urteil sei eine Abweichung von der Regelgeldbuße nach oben wegen einer "größeren abstrakten Gefährdung" gerechtfertigt, so die Aussage des Gerichts.
Ist das rechtens?
Sehen wir uns zunächst den konkreten Fall an: Die Fahrerin war mit einem SUV unterwegs. "Die betroffene Person missachtete bei Außerachtlassung der im Straßenverkehr erforderlichen Sorgfalt das Rotlicht der dortigen Lichtzeichenanlage, überfuhr die Haltelinie und fuhr in den Kreuzungsbereich ein. Die Rotphase dauerte zu diesem Zeitpunkt 1,1 Sekunden an. Vor der Rotphase lag eine Gelbphase von 3,00 Sekunden." Aufgrund des qualifizierten Rotlichtverstoßes gab es ein Fahrverbot, Punkte und ein Bußgeld von 350 Euro. Dieses wurde unter anderem aufgrund des Umstandes erhöht, dass der Verstoß mit einem SUV begangen wurde.
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Die Entscheidung: Bei der Bemessung der Höhe des Bußgeldes hat sich das Gericht an den Regelsätzen des Bußgeldkataloges - hier Ziffer 132.3 in Höhe von 200 Euro - orientiert. Zum einen hat es sich im konkreten Fall jedoch für eine Erhöhung aufgrund von mehreren Voreintragungen im Fahreignungsregister (FAER) ausgesprochen.
- Ausgabe 10/2022 S.62 (640.8 KB, PDF)
SUV: Bauart gefährdet
Zum anderen wurde die erhöhte Betriebsgefahr des verwendeten Kraftfahrzeugs bei der Bemessung der Geldbuße zu Lasten der betroffenen Person berücksichtigt. Das heißt, auch deshalb gab es ein höheres Bußgeld. So stellen die kastenförmige Bauweise sowie die auch wegen der größeren Bodenfreiheit massivere Frontpartie eines SUV ein potenziell höheres Verletzungsrisiko für andere Verkehrsteilnehmer dar. Gegenüber einem Pkw in "üblicher" Bauweise läge deshalb eine stärkere Betriebsgefahr vor.
Aufgrund der größeren abstrakten Gefährdung durch das geführte Kraftfahrzeug stelle sich der begangene Rotlichtverstoß gravierender als der Normalfall dar; insbesondere, da die Regelungen des § 37 StVO zu Wechsellichtzeichen darauf abzielen, querende Verkehrsteilnehmer im Kreuzungsbereich der Lichtzeichenanlage bei einer Kollision zu schützen. Daher weist dieser Fall eine Besonderheit auf, die ihn von gewöhnlichen Tatumständen unterscheidet, sodass die Regelbuße entsprechend zu erhöhen ist.
Wesentliche Erkenntnis: Es ist ein Einzelfall
Zunächst handelt es sich bei diesem Urteil um eine Einzelfallentscheidung, nicht um eine Rechtsprechungsänderung. Da das Urteil nicht rechtskräftig ist, bleibt auch abzuwarten, wie es durch die Richter des Oberlandesgerichtes bewertet und entschieden wird.
Einschätzung zur Begründung des Urteils
Meiner Ansicht nach darf die Bauart eines Fahrzeuges nicht in die Bewertungskriterien der Geldbuße mit einspielen. Oder haben in den vergangenen Jahren Fahrer von Kleinwagen geringere Geldbußen erhalten? Wenn man die Verordnung über die Erteilung einer Verwarnung, Regelsätze für Geldbußen und die Anordnung eines Fahrverbotes wegen Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr (Bußgeldkatalog-Verordnung - BKatV) liest, erkennt man, dass hier von gewöhnlichen Tatumständen gesprochen wird. Kriterium kann folglich nur die Begehungsweise der Tat selbst sein, nicht die Art des Kraftfahrzeuges.
Wenn Unterscheidungen, dann nach Fahrzeuggattungen
Dies vermag im Zivilrecht bei der Haftungsbeurteilung im Falle eines Verkehrsunfalles durchaus anders sein, es ist aber eben nicht in das Bußgeldrecht übertragbar. Es gibt Regelsätze für bestimmte Verkehrsverstöße, es kann aber nicht jedes Bußgeld - je nach Bauart und Gewicht - unterschiedlich ausfallen. Gegebenenfalls vermag man hier noch über Unterscheidungen in Gattungen nachdenken (Krad, Pkw, Lkw), aber nicht innerhalb dieser.
Inka Pichlers Herz schlägt für hohe PS-Zahlen und Mobilität im Allgemeinen, sie ist Autorechtlerin mit Leib und Seele. Als Fachanwältin für Verkehrsrecht hat sie sich auf das Fuhrparkrecht spezialisiert. Als Herausgeberin, Fachautorin und Referentin gibt sie ihr Know-how innerhalb und außerhalb der Branche weiter. Bereits von Kindesbeinen an war sie von Autos fasziniert und sie hat sich mittlerweile in einer männerdominierten Branche einen Expertennamen erarbeitet. Inka Pichler ist als Rechtsanwältin und Head of Legal Fleet Bestandteil des aus 28 Niederlassungen bestehenden Netzwerks der ETL Kanzlei Voigt.