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BGH zum VW-Dieselskandal: Erste Fälle bereits 2019 verjährt

17.12.2020 15:25 Uhr
BGH zum VW-Dieselskandal: Erste Fälle bereits 2019 verjährt
Diesel-Besitzer, die erst 2019 oder später im Dieselskandal gegen VW geklagt hatten, bekommen keinen Schadenersatz.
© Foto: picture alliance/Foto Huebner

Vom Abgasskandal betroffene Diesel-Besitzer haben grundsätzlich Anspruch auf Schadenersatz von Volkswagen. Mehr als drei Jahre durften sie sich mit dem Klagen allerdings nicht Zeit lassen, sagt jetzt der Bundesgerichtshof. Aber jeder Fall ist anders.

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Tausende vom Abgas-Skandal betroffene Diesel-Besitzer haben erst 2019 oder 2020 gegen Volkswagen geklagt - und gehen deshalb unter Umständen leer aus. 2015, als der millionenfache Betrug mit der illegalen Abgastechnik aufflog, sei schon genug bekannt gewesen, um vor Gericht zu ziehen, urteilte der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe am Donnerstag in einem Musterfall. Wer damals nachweislich wusste, dass auch sein Auto betroffen ist, hätte demnach bis spätestens Ende 2018 klagen müssen. Nun sind die Schadenersatz-Ansprüche verjährt. (Az. VI ZR 739/20)

Der Diesel-Skandal war ab dem 22. September 2015 ans Licht gekommen und hatte danach über Wochen und Monate die Berichterstattung der Medien beherrscht. Die gesetzlich vorgesehene Verjährungsfrist beträgt drei Jahre - beginnend "mit dem Schluss des Jahres, in dem 1. der Anspruch entstanden ist und 2. der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste".

Eine Ausnahme bei der Verjährung ist nach der Rechtsprechung des BGH nur ausnahmsweise möglich: wenn die Rechtslage zunächst so unsicher und zweifelhaft ist, dass die Erhebung einer Klage unzumutbar wäre. Eine solche Situation sehen die obersten Zivilrichter beim Diesel nicht. Eine Klage habe schon 2015 hinreichende Aussicht auf Erfolg versprochen, sagte der Vorsitzende Richter Stephan Seiters.

Unterschiedliche Sichtweisen und Urteile 

Zwar habe es erst viel später ein Grundsatz-Urteil aus Karlsruhe gegeben. Aus früheren Entscheidungen habe sich aber ablesen lassen, dass eine Klage alles andere als aussichtslos wäre. Dass einige Juristen die gegenteilige Auffassung vertreten und auch manche Gerichte später anders geurteilt hätten, ändere daran nichts.

Der Kläger hatte seinen VW Touran im April 2013 neu für knapp 28.000 Euro gekauft. Das Auto hat den problematischen Motor vom Typ EA189, war also unzweifelhaft mit einer Abschalteinrichtung ausgestattet, die dafür sorgt, dass das Fahrzeug im Test Stickoxid-Grenzwerte einhält, die sonst gerissen werden. Wie seit Mai höchstrichterlich feststeht, haben solche Diesel-Besitzer Anspruch auf Schadenersatz, weil sie vom VW-Konzern auf sittenwidrige Weise getäuscht wurden.

Allerdings hatte der Mann seine Klage erst 2019 beim Landgericht Stuttgart eingereicht. Das ist den BGH-Richtern zu spät. Der Kläger habe 2015 gewusst, dass sein Diesel wie Millionen andere betroffen war und das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) einen Rückruf angeordnet hatte, sagte Seiters. Diese Tatsachen reichten aus, um bei Volkswagen eine strategische Entscheidung zu vermuten, für die kaum ein einzelner Mitarbeiter verantwortlich gewesen sein könne. Eine genaue Kenntnis der internen Abläufe sei für eine Klage nicht nötig gewesen.

Noch rund 9.000 Verfahren offen

Laut VW sind noch rund 9.000 Verfahren offen, in denen erst 2019 oder 2020 geklagt wurde. Der Wolfsburger Autobauer geht aber nicht davon aus, dass alle diese Klagen mit dem Karlsruher Urteil vom Tisch sind. VW-Anwältin Martina van Wijngaarden hatte nach der Verhandlung am Montag gesagt, der Fall sei besonders, weil klar sei, dass der Kläger 2015 Bescheid wusste. "In vielen Fällen ist die Frage, ob Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis vorliegt, hingegen streitig."

Der Senat hat dazu bereits eine weitere Verhandlung im neuen Jahr in Aussicht gestellt. Für den 23. Februar haben die Richter außerdem schon die drei nächsten VW-Diesel-Fälle terminiert. Dann geht es unter anderem um die Frage, ob auch das aufgespielte Software-Update eine unzulässige Abschalteinrichtung darstellen könnte. (dpa)

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