_ Bei der Unfallschadenregulierung sind die Mietwagenkosten seit Jahrzehnten eines der ausgeprägtesten Streitthemen zwischen Geschädigten und Versicherern. Immer wieder beschäftigen sich Instanz- und Berufungsgerichte sowie der Bundesgerichtshof mit dieser Schadenposition. Vom Anspruchsgrund über die Mietwagendauer bis hin zur Höhe der Mietwagenkosten gibt es eine Vielfalt an tatsächlichen und rechtlichen Fragestellungen und auch Fallstricke.
Ein häufiger Einwand ist der fehlende Nutzungswille. Dies ist bei Firmenfahrzeugen immer dann von Bedeutung, wenn der dienstwagenberechtigte Mitarbeiter aufgrund einer unfallbedingt erlittenen Verletzung arbeitsunfähig krank ist.
Voraussetzungen für die Erstattung
Grundvoraussetzung für die Erstattung von Mietwagenkosten ist zunächst der Verlust der Gebrauchsmöglichkeit des Fahrzeuges. Weiter muss sich hieraus eine fühlbare Beeinträchtigung der Nutzung ergeben. Hierbei bedarf es sowohl eines Nutzungswillens als auch einer hypothetischen Nutzungsmöglichkeit.
Dies bedeutet, dass der Geschädigte das verunfallte Fahrzeug tatsächlich entbehren muss, er es folglich hätte nutzen wollen und es ihm auch hätte möglich sein müssen.
Nicht zwangsläufig ein Hindernis
Häufig hört man den Einwand, dass eine Krankschreibung einen Anspruch auf Erstattung der Mietwagenkosten oder auch Nutzungsausfall ausschließt. Dies vor dem Hintergrund, dass es bei einer Verletzung am Nutzungswillen oder zumindest der hypothetischen Nutzungsmöglichkeit fehlen würde. Dies ist auch denklogisch dann rechtlich korrekt, wenn jemand alleiniger Nutzer des Fahrzeuges ist und beispielsweise im Krankenhaus liegt. Solange er das Fahrzeug gar nicht nutzen könnte, besteht auch kein Anspruch auf Erstattung von Mietwagenkosten.
Ist die Verletzung oder Erkrankung allerdings nicht so gravierend, dass er kein Fahrzeug mehr lenken kann oder darf, entfällt der Anspruch gerade nicht.
Anders sieht die Rechtslage auch bereits dann aus, wenn das Fahrzeug auch durch dritte Personen genutzt wird. Dies ist gerade häufig bei Dienstwagen der Fall, da dieses laut dem Überlassungsvertrag regelmäßig auch Familienangehörige nutzen dürfen - bei bestimmten Fahrzeugen auch andere Mitarbeiter der Firma.
Urteile
Im Laufe der Jahre haben immer wieder Gerichte über derartige Fälle entschieden. So hat beispielsweise das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf mit Urteil vom 10. Juni 2008 (Az. 1 U 220/10) und 24. Mai 2011 (Az. I 1 U 220/10) Mietwagenkosten zugesprochen und entschieden, dass trotz persönlicher Fahruntauglichkeit ein Entschädigungsanspruch bestehen bleiben kann, wenn der Geschädigte das Fahrzeug aufgrund einer vor dem Unfall getroffenen Vereinbarung einem Dritten - etwa einem Angehörigen, einem Ehepartner oder einer sonstigen nahestehenden Person - unentgeltlich zur Nutzung überlassen hatte und der Dritte es in der Zeit nach dem Unfall tatsächlich genutzt hätte.
Ganz aktuell hat das Amtsgericht Siegen (Urteil vom 22.01.2015, Az. 14 C 2015/14) bestätigt, dass allein eine Krankschreibung nicht dazu führt, dass ein Kraftfahrzeug nicht mehr genutzt werden kann. Selbst bei Fahruntüchtigkeit ist ein Anspruch auf Erstattung von Mietwagenkosten vorhanden, wenn der Verletzte sich beispielsweise zum Arzt chauffieren lässt.
Fazit und Praxistipp
Auch bei Mietwagenkosten verbietet sich ein Schubladendenken. Es ist immer auf den Einzelfall und damit vorliegend auf den berechtigten Nutzerkreis des verunfallten Kraftfahrzeuges abzustellen. Der Arbeitgeber ist im Krankheitsfall der Mitarbeiter gemäß dem Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) verpflichtet, sechs Wochen weiter Lohn beziehungsweise Gehalt zu zahlen. Bei Krankheit aufgrund eines fremdverursachten Verkehrsunfalles kann der Arbeitgeber diesen Lohnfortzahlungsschaden in der Regel über einen Regress beim Kfz-Haftpflichtversicherer des Verursachers als Schadensersatz zurückverlangen.
- Ausgabe 08/2015 Seite 63 (104.5 KB, PDF)