_ Herr Feike, zwischenzeitlich hat VW Nutzfahrzeuge die Auslieferung von T6-Modellen mit Dieselantrieb gestoppt, weil das Werk selbst zu hohe Stickoxidwerte festgestellt hatte. Wie ist der aktuelle Status in diesem Punkt?
Klaus Feike: Aktuell geht die Marke Volkswagen Nutzfahrzeuge internen Hinweisen nach, dass bestimmte technische Werte im Rahmen der Überprüfung der Übereinstimmung der Produktion - der Conformity of Production, kurz COP - des Modells Multivan T6 mit Dieselaggregaten und Pkw-Zulassung - die sogenannte M1-Zulassung - nicht vollumfänglich bestätigt werden können. Die Marke Volkswagen Nutzfahrzeuge hat das Kraftfahrtbundesamt bereits über diesen Sachverhalt im Zuge des üblichen COP-Prozesses informiert.
Wir bitten um Verständnis, dass über weitere Details wie betreffende Motortypen, die Anzahl der Fahrzeuge oder Baujahre und gegebenenfalls notwendige Maßnahmen zu diesem Zeitpunkt keine Aussage getätigt werden kann. Vorsorglich hat die Marke Volkswagen Nutzfahrzeuge die Auslieferung von Neufahrzeugen des Typs Multivan T6 mit betreffenden Dieselmotoren und Pkw-Zulassung zunächst ausgesetzt. Die Klärung des Sachverhalts sowie die Abstimmung und Freigabe gegebenenfalls erforderlicher Maßnahmen in enger Abstimmung mit den zuständigen Behörden hat für die Marke Volkswagen Nutzfahrzeuge oberste Priorität.
_ Unabhängig davon gehen wir davon aus, dass der Diesel im Nutzfahrzeugbereich auch langfristig die dominante Antriebsform darstellen wird. Wahrscheinlich widersprechen Sie dieser Annahme nicht?
K. Feike: Absolut richtig. Bei allen Bewegungen, die wir derzeit im Markt sehen, wird der Diesel bei den leichten Nutzfahrzeugen weiter dominieren. Was aber nicht heißt, dass es parallel für unterschiedliche Kundenanforderungen nicht weitere Antriebskonzepte geben wird.
_ Konkret sind dann ja vor allem Hybrid- und Elektroantriebe oder auch Gasantriebe vorstellbar. Welcher dieser Antriebe wird für Sie in Zukunft verstärkt relevant sein?
K. Feike: Wir werden uns auf absehbare Zeit auf die Themen Erdgas und Batterie-Elektromobilität konzentrieren. Beim Caddy zum Beispiel sind wir sehr gut mit unserem Erdgasantrieb unterwegs, den wir - als Alleinstellungsmerkmal - auch mit unserem DSG kombinieren. Und in diesem Jahr werden wir zudem mit dem vollelektrischen E-Crafter in Serie gehen.
_ Welche Reichweite geben Sie für den E-Crafter an? Und welche Nutzlast bietet er?
K. Feike: Der E-Crafter hat eine Tonne Nutzlast und fährt nach NEFZ bis zu 160 Kilometer weit. Und was für uns eine wirklich wichtige Entwicklungsvoraussetzung war: Auch wenn Sie im Winter mit Klimaanlage und Radio unterwegs sind, sind 100 Kilometer ein immer noch realistischer Wert. Denn in diesem Bereich liegen rund 80 Prozent aller Fahrten unserer Kunden.
_ Welche antriebsspezifischen Services bieten Sie rund um den E-Crafter an?
K. Feike: Wir arbeiten - zusammen mit weiteren Automobilherstellern - daran, an wichtigen Verkehrsknotenpunkten ein Schnellladenetz aufzubauen. Dort wird dann auch die Fuel-and-Charge-Card von Volkswagen Financial Services einsetzbar sein. Außerdem führen wir Gespräche mit lokalen Energieversorgern, um unseren Kunden auch direkt vor Ort Angebote unterbreiten zu können, zum Beispiel die Installation einer Wallbox oder entsprechende Strom-Lieferverträge. Unser Ziel ist es, unseren Kunden ein Paket anzubieten, das ihnen den Umstieg auf die E-Mobilität so einfach wie möglich macht.
_ Seit Kurzem steht der neue Crafter beim Händler. Wie zufrieden sind Sie mit dem Anlauf?
K. Feike: Wir freuen uns sehr, dass wir nun mit dem neuen Crafter ein selbstentwickeltes Produkt im Segment haben. Ein zukunftsfähiges Transporter-Konzept mit eindeutiger Volkswagen-Identität und endlich uneingeschränkten Vermarktungsmöglichkeiten durch die Erweiterung der Antriebsvarianten. Der neue Crafter ist ein Innovationsträger im C/D-Transporter-Segment, der eine Steigerung der Auslieferungszahlen in einem wachsenden Segment bewirken wird. Von daher war der Anlauf für uns ein sehr emotionaler Anlauf - im positiven Sinne. Natürlich können wir bei der Vielfalt, in der wir den Crafter anbieten, nicht alle Varianten sofort zur Verfügung stellen. Aber das wird sich sukzessive ändern, um dann auch alle Zielgruppen bedienen zu können.
_ Welche Crafter-Varianten schieben Sie kurzfristig nach?
K. Feike: Ich spreche hier vor allem über den Heckantrieb, aber auch über den Kombi. Mit unserem 4Motion-Allradantrieb oder dem Automatikgetriebe, die uns bislang ja gefehlt haben, sind wir motorabhängig ja bereits seit Beginn am Start. Gerade die Automatik brauchen wir ja, um Zielgruppen wie die Rettungsdienste oder auch die Polizei zu überzeugen.
_ Wie grenzen Sie den Crafter von seinem baugleichen Schwestermodell, dem MAN TGE, ab? Nimmt VW Nutzfahrzeuge eher die reinen Transporterkunden ins Visier und MAN Schwerlastkunden, die im Fuhrpark eine Abrundung nach unten benötigen?
K. Feike: Die Annahme ist sicherlich nicht falsch. VW Nutzfahrzeuge wird volumenmäßig dominieren, und MAN wird entsprechendes Potenzial bei seinen Kunden realisieren. Und das ist auch gut so: Damit wir gemeinsam mit MAN erfolgreich am Markt sind, müssen wir jede Nische erschließen.
_ Wann kommt eine Caddy-Neuauflage?
K. Feike: Den Caddy haben wir erst 2015 tiefgreifend überarbeitet. Von daher kann ich Ihnen im Moment kein Datum für eine Neuauflage nennen.
_ Und der T6-Nachfolger T7?
K. Feike: Da gilt das Gleiche. Natürlich arbeiten wir immer daran, unsere Fahrzeuge weiterzuentwickeln. In diesem Jahr starten wir jetzt erst einmal den Umstieg auf die Abgasnorm Euro-6d, zunächst mit den Pkw-Varianten, dann bei den Nutzfahrzeugen. Aber der Starttermin der Nachfolgemodelle ist momentan noch nicht spruchreif.
_ Im Amarok bleibt es auch langfristig ausschließlich beim V6-Diesel?
K. Feike: Ja. In unterschiedlichen Leistungsstufen. Seit Kurzem bieten wir den Motor auch in einer Einstiegsversion mit 163 PS an.
_ Telematik ist in Deutschland bislang hauptsächlich im Transporterbereich erfolgreich. Welche Rolle spielen Telematikangebote für VW Nutzfahrzeuge?
K. Feike: Unsere Telematik-Marke heißt Connected Van. Damit können Fuhrparkleiter auf einen Blick sehen, wo ihre Fahrzeuge wie unterwegs sind und wie sie ausgelastet sind. Außerdem ermöglichen wir eine direkte Kommunikation zwischen den Händlern und den Fuhrparks, um Werkstattaufenthalte planbarer zu machen. Und wir bieten über den Service Fleet Connected unserer Schwester Carmobility das Dienstleistungskonzept Careport Logistics an, ein Rundumsorglos-Paket für die Logistikbranche, das Dienstleistungen wie Wartung & Verschleiß, Reifenersatz oder Versicherungen mit telematikbasiertem Fuhrparkmanagement verknüpft. Sie sehen also, Telematik ist für uns überaus relevant.
_ Unter dem Motto Service Plus haben Sie seit Anfang letzten Jahres ###spezielle Werkstatt-Standards umgesetzt. Was hat der Kunde davon?
K. Feike: Wir haben im Rahmen eines Modellversuchs neue Standards zum Beispiel mit Blick auf Öffnungszeiten oder die Ersatzmobilität, aber auch auf Ansprüche an gewisse Betriebsmittel wie Hebebühnen umgesetzt. Der Versuch lief so erfolgreich, dass die rund 200 Modellbetriebe seit dem 1. Januar 2018 feste "Service Plus"-Verträge bekommen. Für den Kunden heißt das vor allem schnellerer Service und bessere Mobilitätsangebote im Servicefall.
_ Herr Feike, herzlichen Dank für das Gespräch.
Interview: Christian Frederik Merten
- Ausgabe 01/02/2018 Seite 40 (289.0 KB, PDF)