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Stumpfes Schwert

01.05.2017 06:00 Uhr

Deutschland wird zum Land der Pendler. Da gleichzeitig die urbanen Stickoxidgrenzwerte wackeln, herrscht Handlungsdruck.

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_ Hat der CO2-Sparer ein NOx-Problem? Da die Autohersteller am Kohlendioxidausstoß ihrer Flotte gemessen und ab dem Jahr 2021 beim Überschreiten der 95-Gramm-Grenze sanktioniert werden, wird stetig in Effektivitätssteigerungen der Selbstzünder investiert. Dass diesem richtigen Ziel, den Diesel zu fördern, aufgrund seines Brennverfahrens ein deutlich höherer Stickoxid-Ausstoß (NOx, also NO und NO2) einhergeht, ist die negative Seite der Medaille.

Deshalb zielte auch die Verschärfung der Abgasnorm (Euro 6) gerade auf die Reduzierung der Stickoxide ab. Statt der 180 mg/km (Euro 5) sind nur noch 80 mg/km erlaubt. Entsprechend hielten NOx-Speicherkats und SCR-Technik Einzug in die Pkw. Da mit dem ab September neuen - realistischeren - Prüfverfahren Worldwide Harmonized Light Duty Test Procedure, kurz WLTP (siehe Autoflotte 6/2015, S. 25), die Grenzwerte noch schwerer zu erreichen sind, gibt es sogar Ausnahmeregelungen für die Hersteller. Das wirtschaftliche Risiko wird damit gesenkt. Dennoch zeigt beispielsweise der realitätsnahe Eco-Test des ADAC, dass manche Euro-6-Diesel auf Tour mehr Stickoxide emittieren als die Brüder mit Euro-5-Technik an Bord.

Urbaner Druck

Nun kommen die Städte ins Spiel. Diese müssen dafür sorgen, dass die seit 2010 geltenden Grenzwerte (die EU-Richtlinie 2008/50/EG wurde zur 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes), für saubere Luft eingehalten werden. Genügend Messpunkte (gut 500 Stationen) dafür gibt es. Deren Ergebnisse werden regelmäßig publiziert. Laut dem Umweltbundesamt (UBA) wurde 2015 aber an gut 57 Prozent der verkehrsnahen Messstationen der NO2-Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter im Jahresmittel überschritten. Es besteht also Handlungsbedarf.

Welche Maßnahmen zu ergreifen sind, wenn zu viel Feinstaub und Stickoxide umherschwirren, legen die lokalen und regionalen Luftreinhaltepläne fest, die vor allem auf die Diesel-Pkw abzielen. Denn laut dem UBA sind die Selbstzünder für gut zwei Drittel der NO2-Emissionen verantwortlich (im Vergleich Pkw mit Ottomotoren: vier Prozent). Was, wie erwähnt, am Brennverfahren des Selbstzünders liegt, also genau jenen Konflikt aufdeckt, der zwischen CO2-Reduktion und NOx-Verringerung liegt.

Pendler-Verkehr

Das Problem verschärft sich zudem durch mehr Verkehr, wie die jüngste Statistik der Pendler-Bewegungen zeigt. Unter den Städten über 100.000 Einwohnern liegen die Top 20 bei Pendlerwerten zwischen 60 und 70 Prozent (siehe Tabelle "Pendler-Quote"). Die größten Steigerungen (2000 bis 2015) erlebten Berlin und die beiden Autostädte Wolfsburg und Ingolstadt (siehe Tabelle "Pendler-Zuwachs").

Bislang war das mächtigste Schwert der Kommunen und Städte für die Einhaltung des Luftreinhalteplans die Umweltzone. Nun gewinnt die Diskussion um eine weitere, dann blaue Plakette an Fahrt. Wie es weitergeht, ist noch offen, was bleibt, ist Unsicherheit. Diese verspürt auch Siegfried Trede. Der Leiter der Produktlinie Fahrzeugbewertung bei der DAT Group stellt fest:"Bei der Dieselproblematik gilt es aus Sicht der Restwerte der Fahrzeuge zwei Dinge zu beachten. Die Auswirkungen der VW-Problematik ist in den Restwerten momentan kaum spürbar. Ganz im Gegenteil dazu steht die Feinstaub-Debatte in den Städten. Hier sind viele private Käufer verunsichert. Das zeigt sich an den Neuzulassungen gerade von typischen Stadtfahrzeugen der unteren Segmente wie Klein- oder Kompaktfahrzeuge. Hier wird stärker als bisher auf Benziner gesetzt. Beim Diesel stehen vor allem die Euro-6-Fahrzeuge unter Druck, da sie für die Privatkäufer ein großes Invest bedeuten gegenüber günstigen Euro-5-Fahrzeugen."

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