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Geringe oder große Folgen?

01.06.2016 06:00 Uhr

Stuttgart hat bereits ein Konzept inklusive Einführung der blauen Plakette und Einfahrverbot für bestimmte Fahrzeuge. Geteiltes Echo bei ansässigen Flottenmanagern.

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_ Die übergeordnete Verordnung des Bundes fehlt zwar noch. Die Einführung der Euro-6-Plakette respektive Einfahrverbote für bestimmte Fahrzeuge scheint aber auf Ebene der Kommunen voranzuschreiten. Zumal sie laut derzeitigem Diskussionsstand freie Hand haben sollen, auch allen Fahrzeugen mit zu hohem Stickoxid-Ausstoß bei Feinstaubalarm die Einfahrt in besonders schadstoffbelastete Innenstädte zu verbieten und damit die Umweltzonen zu erweitern.

Die Stadt Stuttgart hat bereits einen relativ genauen Fahrplan, der die Schadstoffbelastung bis 2020 senken soll und dessen erste Phase mit dem Ausrufen des Feinstaubalarms bei Prognosen über zwei- oder mehrtägige austauscharme Wetterlagen in diesem Jahr begonnen hat. "Dann appellieren die Behörden an die Bevölkerung der Stadt Stuttgart und in der gesamten Metropolregion sowie an Firmen und Institutionen, Alternativen zum Auto zu suchen", heißt es im"Konzept gegen Feinstaub". Ziel ist in dieser Phase die Sensibilisierung der Bürger. Ob diese erste Phase erfolgreich war, soll im Frühjahr 2017 geprüft werden.

Befristete Maßnahmen für Autofahrer

Sollte dies jedoch nicht ausreichen, würden in einer zweiten Phase weitere verbindliche Maßnahmen folgen, schreibt die Stadt. Bei Feinstaub-Alarm prüfe das Land diese Alternativen: "Einfahrt nur noch für mit mindestens zwei Personen besetzte Fahrzeuge (grüne Plakette) oder emissionsarme Fahrzeuge (blaue Plakette); oder: Einfahrt nur mit entsprechenden Kennzeichen (gerade/ungerade Kfz-Kennzeichen). Elektrofahrzeuge haben freie Zufahrt." Flankiert werden sollen die Maßnahmen durch Förderung zum Beispiel von alternativen Antrieben und Radverkehr. Kommt das Konzept zur Anwendung, stehen auch Flotten, die aufgrund betrieblich veranlasster Fahrten oft zwingend in die Stadt fahren müssen, vor Veränderungen. Doch wie stark wirken die Maßnahmen tatsächlich auf die Fuhrparks?

Axel Schäfer, Geschäftsführer des Bundesverbandes Fuhrparkmanagement (BVF), konstatiert zum Thema generell: "Die blaue Plakette beunruhigt die Fuhrparkleiter und verärgert sie, weil Mobilitäts-Notwendigkeiten von Unternehmen offensichtlich in den Überlegungen keine Rolle spielten. Je nach Einsatzform gab es Bedenken, dass man zwei Drittel des Fuhrparks ,verschrotten' könne. Das mag etwas übertrieben ausgedrückt sein, zeigt aber extreme Konsequenzen."

Er empfiehlt allen Fuhrparkleitern daher, politischen Verantwortungsträgern schriftlich mitzuteilen, welche Wirkungen eine Eins-zu-eins-Umsetzung hätte, und ihnen den Hinweis zu geben, dass im ersten Schritt Hersteller an den Technologien arbeiten sollten.

Zusätzliche Kosten und Aufwand

Eine Umfrage unter einigen Fuhrparkleitern in und um Stuttgart zur drohenden Einführung der blauen Plakette und den möglichen Konsequenzen für die Flotte und das Fahrverhalten zeichnet ein gemischtes Meinungsbild.

Götz Schleith, Leiter Vertrieb bei Scholpp Montage in Stuttgart, hält die blaue Plakette für nutzlos, da seiner Ansicht nach weder der Stickoxid-Ausstoß reduziert noch sich das Fahrverhalten der Bürger ändern wird.

"Leider kommen wir aber nicht umhin, uns damit auseinanderzusetzen", sagt der Fuhrparkverantwortliche. Denn die Mitarbeiter des Unternehmens seien jedenfalls auf Dienst-Pkw angewiesen, um mit dem Werkzeug auf die Baustelle zu kommen.

Er zählt derzeit zirka 360 Firmenfahrzeuge, von denen etwa 50 im Raum Stuttgart und die anderen bundesweit auf 20 Standorte verteilt sind. Generell erneuert Scholpp etwa alle vier Jahre die Flotte, weshalb Schleith davon ausgeht, dass die Hersteller mit jeder Modellgeneration modernere und umweltfreundlichere - und somit auch feinstaubfreundlichere Autos auf den Markt bringen.

Nichtsdestotrotz folgert er: "Für Unternehmer bedeutet die Plakette weiteren zusätzlichen Aufwand und Kosten, die keiner übernehmen möchte und uns weiter unter Druck im Wettbewerb setzen."

Verändertes Mobilitätsverhalten

Heinz Mähner, zertifizierter Fuhrparkmanager bei Ernst & Young in Stuttgart, sieht es gelassen. Der Hintergrund:"Durch unseren Umzug an den Stuttgarter Flughafen müssen wir nicht mehr so viel durch die Stuttgarter Innenstadt pendeln. Viele Kollegen sind dadurch mittlerweile auch auf öffentliche Verkehrsmittel umgestiegen."

In Deutschland nutzen die Wirtschaftsprüfer, Steuer- und Managementberater aktuell rund 520 Fahrzeuge an 21 Niederlassungen. Mähner ergänzt: "Durch unsere internationale Tätigkeit hat sich das Fahrverhalten in den letzten Jahren geändert. Es wird viel mit Bahn und Flugzeug gereist."

Einige Kollegen seien auch durch Förderprogramme aus Baden-Württemberg, Hamburg und Berlin-Brandenburg auf Elektrofahrzeuge umgestiegen. Da Ernst & Young den gesamten Fuhrpark auf mindestens 36 Monate least, würde das Unternehmen außerdem immer von den neuesten Motorengenerationen profitieren, womit ein Einsatz mit blauer Plakette auch realisierbar sein dürfte.

Mehr alternative Antriebe

Norman Scheck, Teamleiter Facility Management & Infrastruktur im Mobilitätsservice der EnBW Energie Baden-Württemberg, die insgesamt mehr als 3.600 Fahrzeuge inklusive Sonderfahrzeuge und Anhänger betreibt, sieht den Energieversorger auf die potenziellen Maßnahmen gut vorbereitet: "Da wir 90 Prozent der Fahrzeuge leasen und eine durchschnittliche Leasingdauer von 48 Monaten haben, ist unsere Fahrzeugflotte sehr modern."

Auch bei den Betriebsfahrzeugen werde generell das effizienteste Fahrzeug in der jeweiligen Fahrzeugklasse bestellt, weshalb Scheck keine große Herausforderung in der blauen Plakette sieht. Gleichzeitig würde der Anteil an Fahrzeugen mit alternativen Antrieben erhöht. Der aktuelle Stand im Januar: 15 Flüssiggas-, 74 Erdgas-, 38 Elektro-, sieben Hybrid- und vier Wasserstoff-Fahrzeuge. Und die Auslieferung von weiteren 52 E-Fahrzeugen ist für Ende Juli geplant.

Zusätzlich hat EnBW CNG-/LPG- sowie Elektro-Fahrzeuge in die Dienstwagenregelung aufgenommen und auch die Betriebswagenregelung um Fahrzeugangebote mit diesen Antrieben erweitert. Und der Anteil an alternativen Antrieben in der Flotte soll weiter steigen.

Entlastung durch Gesetzgeber gefordert

Ilona Pfänder, Leiterin Fleet- und Travelmanagement bei Prettl, sieht es nicht nur räumlich etwas distanziert:"Da wir nicht direkt in Stuttgart, sondern in Pfullingen bei Reutlingen unseren Firmensitz haben und zudem mit den Firmenfahrzeugen unsere Mitarbeiter auch motivieren wollen, erwarte ich weder bei der Fahrzeugbeschaffung noch beim Fahrverhalten Auswirkungen durch den Einsatz der blauen Plakette", sagt die Flottenmanagerin. Sie fügt hinzu:"Erst wenn sich unser Gesetzgeber mal bewegt und attraktive Förderungen beziehungsweise den Verzicht auf die Versteuerung des geldwerten Vorteils bei der Wegstrecke beschließen würde, könnte sich meiner Einschätzung nach ein Umdenken bei den User-Choosern durchsetzen." Aktuell herrsche jedoch hier die Situation vor, dass ohne adäquates Prestigefahrzeug mit guter Motorisierung kein Mitarbeiter zufriedenzustellen ist. Pfänder: "Ökologisches und ökonomisches Gewissen werden vielleicht beim Kauf eines Privatfahrzeugs angewandt, aber nicht beim Firmenwagen."

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