Sucht man Robin Geisler auf der Business-Plattform Xing, dann findet man unter seinen Interessen zwei Schlagwörter, die im ersten Moment wenig bis gar nichts miteinander zu tun haben: "Biomethan" und "gesteuertes Laden". Vor zwölf Jahren begründete der alternative Treibstoff den Einstieg mit der eigenen Firma in den Energiemarkt. Dies geschah nicht allein, sondern mit Hilfe von Klaus Huber. Beide Manager entwickelten zusammen eine erste Handelsplattform für Biomethan - und leisteten schon früh Pionierarbeit. Mittlerweile gehört die Plattform zu EnBW. Aber Geisler und Huber ging der Pioniergeist nicht aus, sondern man begann bereits 2014 damit, sich dem zweiten Schlagwort: dem "gesteuerten Laden" für Dienstwagenflotten zu widmen. Dem damals ersten Flotten-Kunden der neugegründeten "eeMobility" haftet ebenfalls das Label "Vorreiter" an - Bridging IT.
Ruhephase nach dem Tempostart
Der IT-Anbieter avancierte nach dem Start seiner Tesla-Flotte schnell zum Vorzeige-Fuhrpark, dem der Schritt vom Verbrenner zum batterieelektrischen Antrieb seines Fuhrparks gelang. Doch nach diesem ersten Prestige-Objekt wurde es ruhiger um "eeMobility". Man war seiner Zeit scheinbar etwas voraus. "Bis sich unser Kundenstamm wirklich auffächerte, dauerte es überraschend lange", resümiert Klaus Huber im Gespräch mit Autoflotte. Mit dem Abstand zu den vergangenen fünf Jahren fällt es dem Geschäftsführer leichter, den Weg zu beschreiben, den die Elektromobilität in der deutschen Flottenwelt genommen hat. Auf die ersten Anfänge 2014 folgte der Diesel-Schock durch VW im Jahr 2015."Der erste Impuls bei vielen war, dass diese kritische Phase dem Diesel schaden, ihn aber nicht zurückwerfen werde. Da das Thema aber 2016 nicht besser wurde und 2017 plötzlich Fahrverbote im Raum standen, ist Elektromobilität in sehr vielen Fuhrparks als Szenario präsent. Das Thema ist fest gesetzt."
Aus Überlegungen werden Abschlüsse, aus Anfragen werden Kundenbeziehungen. So wuchs der im Herzen Münchens beheimatete Flottendienstleister auf eine Teamstärke von fast 50 Mitarbeitern an - und sucht aktuell schon wieder neue Mitstreiter. Gefragt sind hier unter anderem Elektriker, die künftig das eigene Technikteam bilden sollen. "Wir starten mit zehn bis zwölf eigenen Technikern, die sich bundesweit um unsere Flottenkunden kümmern werden. Aber wir planen bereits eine eigene Akademie für die Techniker, denn die Nachfrage wird in den nächsten Monaten und Jahren deutlich ansteigen", blickt Geisler in die nahe Zukunft.
Mit jeder neuen öffentlichen Ladesäule und jeder Wallbox, die den Stromer am Arbeitsplatz oder zu Hause lädt, wächst der Servicebedarf. Damit auch hier aus der momentanen Pionierpflanze ein tragfähiges Geschäftsmodell entstehen kann, holte der Mobilmacher Ende letzten Jahres den norwegischen Staatskonzern Statkraft ins Boot. Dieser Anker (61 Prozent der Firma) soll für Stabilität im stürmischen Fahrwasser sorgen, das alle Teilnehmer im Rennen um die besten Plätze für die Mobilität von morgen durchfahren müssen.
Europaweit mobil halten
Bleiben wir aber im Jetzt. Und hier sieht Geschäftsführer Robin Geisler viele Fuhrparkbetreiber recht gut darüber informiert, was zu tun ist, nachdem die Entscheidung für erste E-Fahrzeuge in der Flotte gefallen ist. "Da wir herstellerunabhängig agieren und nicht die Fahrzeuge stellen, sondern nur deren Mobilität sicherstellen, kommen die Fuhrparkbetreiber mit ihren bestellten Autos zu uns. Unsere Aufgabe ist es dann, die passende Ladeinfrastruktur in der Firma und beim Firmenwagennutzer zu Hause zu installieren und ihn auf seinen Touren mobil zu halten. Und zwar europaweit", erklärt Geisler. Konkret erhält der Firmenwagennutzer neben der verbauten Ladeinfrastruktur, die im Besitz von"eeMobility" bleibt, eine Mobilitätskarte sowie eine App, mit der er im europaweiten Verbundnetz der Betreiber laden kann. Der individuelle Ladepreis, der je nach Land deutlich variieren kann, spielt dabei für den Nutzer keine Rolle. Denn dieser ist mit der Mobilitätsrate abgedeckt.
Die Verträge laufen dienstwagentypische 36 Monate, somit kann die Flotte diese Ausgaben exakt planen."Beim Einkaufspreis können wir zudem unseren Kunden Großabnehmerkonditionen bieten", berichtet Huber. So bleibt die Mobilitätsflat wettbewerbsfähig für den Kunden, der sich weder um Installation noch Wartung (einmal im Jahr) der Ladeinfrastruktur kümmern muss. Das deckt die Monatsrate alles bereits ab.
Die Umsetzung dauert in der Regel weniger als zwei Monate, was bei den aktuellen Lieferzeiten für die wenigen Stromer am Markt mehr als ausreichend sein dürfte. Den Umstieg versüßen im Moment noch staatliche Prämien für Fahrzeuge und Ladeinfrastruktur. Vom Wallbox-Zuschuss raten die beiden Geschäftsführer ihren gewerblichen Kunden allerdings ab, denn wer Fördermittel in Anspruch nimmt, muss die Ladepunkte der Öffentlichkeit zugänglich machen. Das birgt Konfliktpotenzial.
Dieses bietet im Moment auch die unterschiedliche Abrechnung der Leistung Strom. Hier zeigt sich, wie sehr sich dieser neue Markt aus Fahrzeugherstellern, die die E-Modelle liefern, und der klassischen Energiewirtschaft, die am Aufbau der Ladeinfrastruktur mitarbeitet und so in die Fuhrparks drängt, noch in der Findungsphase befindet.
Eichrechtskonform
Wer an einem Ladepunkt (meist Wechselstromanlage bis 22 kW) Strom bezieht, sollte nur für die abgenommene Menge (kWh) zahlen. Damit diese exakt nachgewiesen werden kann, muss der Ladepunkt eichrechtskonform sein. "Das ist bei den meisten Wechselstrom-Ladesäulen im AC-Bereich heute schon der Fall. Bei den Schnellladern im DC-Bereich fehlt es dieser Gewissheit aber oftmals noch", erklärt Geisler. Aber auch dieses Problem wird in nächster Zeit gelöst werden, zumal es für bestehende Anlagen eine Frist zur Nachrüstung geben wird, so Geislers Prognose.
Die Stecker-Frage trennt sich ebenfalls in die beiden Lager AC und DC. Wobei der Typ-2-Stecker für den Wechselstromlader (AC) gesetzt ist. Im deutlich durchflussstärkeren Gleichstrombereich (DC) setzen die Japaner noch auf Chademo und die Europäer auf CCS. "Das wird den klassischen Fuhrparkbetreiber allerdings weniger Sorgen bereiten", ist Huber sicher. "Denn die Standzeit des Autos wird künftig zur Ladezeit. Nur so kann der Strom sinnvoll und nach Bedarf aus dem Netz in die Fahrzeuge fließen - und im bidirektionalen Laden wieder vom Auto ins Netz. Schnelllader braucht es damit im Fuhrpark eher selten."
Das spart dem Flottenbetreiber teure Investitionen. Wird dann intelligent, also mit einem Lastenmanagementsystem, geladen, spart man sich teure Spannungsspitzen und sorgt laut Huber dafür, dass selbst, wenn von aktuell rund 350 Millionen Fahrzeugen in Europa 100 Million mit Stecker unterwegs wären, der Strombedarf nur um fünf bis zehn Prozent steigen würde. Es braucht bei einer künftig riesigen Stromermenge also keine Riesen-Menge mehr an Strom. Die Prämisse dafür lautet laut Huber: "Das Ladeverhalten von morgen ist nicht das Tankverhalten von heute." Nicht ungeplant, sondern fest kalkuliert wird das Ladekabel ausgerollt.
Orange ist das neue Grün
Das zeigt laut den beiden Geschäftsführern auch das Profil der meisten Kunden. "Das Gros sind Pendler von Großunternehmen, die außerhalb der Großstädte wohnen. Der Ladebedarf in der Firma ist damit planbar und die Nutzer haben in der Regel zu Hause auch die Möglichkeit, eine Wallbox installieren zu lassen. Ein Szenario mit Ladesteckern an jeder städtischen Laterne kann ich mir deshalb nicht vorstellen", ist Huber sicher.
Zumal neben Autoherstellern und den Stromanbietern auch Handelsunternehmen wie Lidl das Werbe-Potenzial von öffentlichem Stromtanken erkennen. 400 Ladesäulen will der Discounter an eigenen Märkten errichten und sich damit einen grünen Touch geben. Das mit dem Grün als Öko-Farbe nimmt man bei "eeMobility" übrigens nicht mehr so sklavisch. Vielmehr ist "Orange" der neue Ton der aktuellen Kampagne "#mutigzukunftdenken" der Münchner. Denn Orange ist halt die Farbe der Mutigen - was anderes hätte man von einem Pionier auch nicht erwartet.
- Ausgabe 05/2019 Seite 62 (288.5 KB, PDF)