Schwache Bindungskräfte
IT im Auto | Infotainmentdienste bieten dem Firmenwagenfahrer zwar jede Menge nützliche Funktionen, haben aber eine Schwachstelle: die Verbindung zum Smartphone. Ein Test unter Kleinwagen zeigt dies deutlich.
— Das Smartphone ist Organizer, Kommunikator, Entertainer, in einem Gerät vereinigt. Aufgrund der reichhaltigen Angebotspalette möchten Nutzer die Taschencomputer möglichst selten missen.
Gerade Vielfahrer wünschen sich die vom Mobilgerät gewohnte Unterhaltungs- und Informationsvielfalt, schließlich hilft diese ihnen auch bei der Arbeit aus dem Auto heraus. Durch die Infotainmentsysteme, die meist im flottentypischen Ausstattungspaket zum Standard zählen, sollte es ein Leichtes sein, dass Smartphone und Bordcomputer auf einer Wellenlänge funken.
Kleinwagen im Test | Die schnelllebige Smartphone-Welt in jeden Autotyp zu bringen, ist aber alles andere als trivial, wie ein Test des ADAC zeigt. Der Automobilclub checkte die Verbindung folgender Modelle: Audi A1 (MMI Navigation Plus), Ford Fiesta (Sync), Mini Cooper (2014, Paket „Wire“), Opel Adam (IntelliLink), Peugeot 208 (Navigation Plus), Renault Clio (Media-Nav, R-Link), Toyota Yaris (Touch&Go) und VW Polo (2014, Discover-Media). Die drei Test-Smartphones funkten mit den drei gängigen Betriebssystemen: Samsung S4 (Android 4.3), iPhone 5s (iOS 7.05) und Nokia Lumia 1020 (Windows Phone 8.0). So weit die Prämissen.
Im Test stellte dann zumindest die Grundfunktion des Telefonierens für keine der Kombinationen aus Handy und Smartphone-Schnittstelle ein Problem dar (siehe Tabelle auf S. 75). Beim Thema Onlinedienste wussten zumindest der Peugeot 208, der Renault Clio und der Toyota Yaris zu überzeugen – auch wenn manche Funktionen nur teilweise unterstützt werden. Beim Duo Mini und Adam stand immerhin für Nutzer von Android- oder iOS-Smartphones die Onlinewelt im Auto parat. Im A1 muss indes ein Android-Smartphone verbunden sein, sonst bleiben die Onlinedienste offline.
Wer sich den Luxus gönnen will, SMS-Nachrichten vom System vorgelesen zu bekommen, kann dies als Android-Nutzer im A1, Fiesta, Yaris und Polo. Der Mini hat auch hier die Nase vorn, denn er liest auch für iPhone- respektive Windows-Nutzer die Kurznachrichten vor.
Zwei Flitzer glänzen | Der Mini und der Adam sind die einzigen beiden Probanden, die per Sprachsteuerung (jeweils für alle Handys) bedient werden können. So zeigt sich in der Endabrechnung das System im Mini als das kompletteste, das auch bei der Bedienung und in der Darstellung den Testern gefiel. Der auf Lifestyle-Produkt getrimmte Adam spielt seine technischen Finessen vor allem für Apple-Nutzer aus. Der neue Polo (2014) glänzte im zweiten Testbereich – der Medienunterstützung. Von USB/MMI über WLAN, AUX bis Bluetooth ist im Wolfsburger jede Schnittstelle verfügbar. Wie wichtig diese gerade für Vielfahrer sind, zeigt der Nahfunk, also die Bluetooth-Verbindung, die als Mittler zwischen Smartphone und Multimediasystem dient. Die Konnektivität ist je nach Anwendungszweck durch verschiedene Profile gegeben: Mit dem Hands-Free-Profil (HFP) kann der Fahrer telefonieren, das Phonebook Access Profile (PBAP) zeigt die im Smartphone gespeicherten Kontaktdaten auf dem Display der Multimediaeinheit, auf dem Mobiltelefon gespeicherte Musik kann über das Advanced Audio Distribution Profile (A2DP) ins Infotainmentsystem übertragen und über die Fahrzeuglautsprecher gehört werden.
Keine Verbindung | Nicht immer klappt aber die Vernetzung zwischen Smartphone und Multimediaeinheit. Ein Grund liegt in der teils komplizierten Installation, die die Firmenwagenfahrer überfordern kann. Aber nicht immer ist der Anwender schuld: Problematisch in Sachen Konnektivität ist die Vielfalt an Betriebssystemen und Hardwarekomponenten. Diese können vereinzelt unterschiedliche Implementierungsqualitäten aufweisen, heißt es zum Beispiel bei BMW. Gleiche Wahrnehmung bei Porsche: „Einzelne Telefone befolgen die Umsetzung des Bluetooth-Standards manchmal nicht spezifikationskonform.“
Der Stuttgarter Autobauer gibt ein Beispiel: Das Message Access Profil (MAP) zum Lesen von E-Mails werde beispielsweise vom iPhone nicht gemäß Standard umgesetzt. Diese Anforderungen nehmen die Süddeutschen dann nur mit den entsprechenden Einschränkungen auf der im Internet für Kunden und Partnerbetriebe einsehbaren Kompatibilitätsliste auf. Zudem würden die Fehler den Smartphone-Herstellern zur Bearbeitung weitergegeben.
Suche nach Standards | Volvo stellte Konnektivitätsprobleme mit Windows Phones fest, die MAP sowie das Profil für den Internetzugang via Smartphone (PAN) nicht unterstützen. Zwar gibt es eine Reihe von Standardisierungsgremien, in denen Autobauer, Gerätehersteller und Produzenten von Multimediaeinheiten wie Continental, Sony oder Pioneer zusammenarbeiten, trotzdem werden die unterschiedlichen Implementierungen der Bluetooth-Standards dadurch nicht gänzlich aus der Welt geschafft.
Auch Opel untersucht die Konnektivität mittels Integrationstests und informiert Kunden und Partner. Hyundai testet die Infotainmenteinheiten jedes Quartal auf ihre Kompatibilität mit den neuesten Smartphones, hieß es. Zu diesem Zweck gibt es die Testgeräte meist vor Marktstart. Bei Kopplungsproblemen fahren viele Anwender direkt bei der Markenwerkstatt vor. Um die dortigen Mitarbeiter darauf vorzubereiten, führt beispielsweise Audi regelmäßig technische Trainings durch. Zudem stellt das Unternehmen systemseitig ein Audi connect Serviceportal bereit, über das Partner sehen können, ob sich die Ursachen der Beanstandung fahrzeugseitig (eher selten) oder auf Seiten des Mobilfunkgeräts (häufiger) befinden.
Software gegen Hardware | Auch BMW bietet Update-Möglichkeiten an (www.bmw.de/updates), die sowohl vom Kunden selbst als auch vom Handelspartner durchgeführt werden können. Laut Mercedes sind bei nicht funktionierenden Bluetooth-Profilen nicht immer Software-Updates die Lösung, da diese fahrzeugseitig aufgespielt werden und die Problematik nicht selten auf das Endgerät zurückzuführen ist. Eine Nachfrage bei Opel ergibt das gleiche Bild: Für Software-Updates der Mobiltelefone seien deren Hersteller zuständig, da gebe es keine Einflussmöglichkeiten, hieß es dazu aus Rüsselsheim.
Bei Daimler möchte man in dieser Hinsicht ein wenig nachhelfen. Die Stuttgarter setzen auf bilaterale Partnerschaften zur Definierung von Schnittstellenstandards mit Apple und Google.
Daten einfach spiegeln | Eine weitere Möglichkeit liegt für Hersteller darin, „MirrorLink“ zu nutzen. Diese Dienste erlauben die Spiegelung der Smartphone-Inhalte auf das Display der Multimedia-Einheit. Bei Toyota ist die Lösung serienmäßig vorhanden, bei Kia den Angaben zufolge in Vorbereitung.
Auch Volkswagen wird den Dienst im Laufe dieses Jahres einführen. Mercedes-Benz baut auf die Digital Drive Style App und Ford setzt auf den eigens entwickelten App-Link.
| Martin Schachtner, Rocco Swantusch
- Ausgabe 6/2014 Seite 74 (4.5 MB, PDF)