Raus aus der Komfortzone
Riskmanagement | Die Dorfner Gruppe hat die Schadensabwicklung zurück ins Haus geholt und komplett umgekrempelt. Ein erfolgreicher Weg – Status quo: 61 Prozent weniger versicherungstechnische Schadenstückzahlen.
— Mit einem Autoflotte-Workshop im September 2012 fing alles an. Andrea Seitz, die als Fuhrparkmanagerin der Dorfner Gruppe (485 Fzg.) an dem Seminar über Riskmanagement (RM) teilnahm, war sofort klar: „Da gibt es bei uns viel Potenzial! Wir hatten uns in unserem Fuhrpark bis dato gar nicht um das Schadenmanagement gekümmert, sondern nur die Schäden zur Versicherung durchgereicht.“ Klassisches Prinzip: Schäden gegen Prämie.
Auch Referent Ralph Feldbauer (RiskGuard) erkannte bei einem ersten Gespräch vor Ort, dass sich die Umstellung auf interne Prozesse bei dem Mittelständler lohnen wird. „Es war ein Paradebeispiel: Das Thema Schäden wurde bei Dorfner stiefmütterlich behandelt, es gab kaum ein Bewusstsein dafür. Die vorherrschende Meinung war: ‚Wir sind ja eh versichert‘“, erinnert sich der unabhängige Riskmananger.
Prämienerhöhung? | Fünf vor zwölf zeigte die Uhr in Sachen Schadensteuerung auch, weil der Versicherer seinerzeit zudem die Prämien zum Jahreswechsel erhöhen wollte. Doch dann gab Generali dem langjährigen Kunden stattdessen einen Vertrauensvorschuss, da das inhabergeführte Unternehmen für Gebäudereinigung/-management & Catering die Einführung eines internen RM-Systems mithilfe von RiskGuard ankündigte.
Karlheinz Brohl, Referent Kfz-Underwriting bei den Generali Versicherungen, beobachtet, dass RM im Flottenbereich inzwischen auch beim Kunden eine gewichtigere Rolle spielt: „Nicht nur der Versicherer hat durch einen Schaden Aufwendungen und Kosten, sondern auch der Kunde durch die Bindung von Ressourcen. Hier kann ein intelligentes RM den Prozess beim Kunden optimieren und durch Maßnahmen zur Unfallvermeidung beziehungsweise Unfallverhütung weitere Kosten einsparen.“
Intelligentes RM, genau das war bei Dorfner das Ziel. „Mir wurde vorher gesagt, dass es eine harte Zeit wird“, blickt Flottenchefin Seitz zurück, „doch es wurde härter.“ In der Tat war der nervliche und zeitliche Aufwand groß, nicht nur wegen der Umstellung von Kauf auf Leasing bei den Pkw zur selben Zeit.
Seit 13 Jahren ist Seitz bei Dorfner, von Beginn an verantwortete sie den Fuhrpark über alle Einsatzzwecke und Standorte hinweg – seit 2008 als Fuhrparkmanagerin. Mit Feldbauer hat sie an diversen RM-Stellschrauben gedreht. Unterstützung erhielt sie in der heißen Phase von Sabine Fischer, die seither Vollzeit für die Flottenleiterin arbeitet (zuvor 1/3).
Immer unter der Prämisse, auf Basis einer detaillierten Datenlage Transparenz und klare Prozesse zu schaffen – und darüber ein neues Bewusstsein bei allen Mitarbeitern zu entwickeln, wurde zunächst der Kostenpunkt „Fahrzeugschäden“ von einer neutralen auf die einzelnen Bereichs-Kostenstellen der Fahrer aufgeteilt. „Das schaffte einen völlig neuen Kostendruck bei den Verantwortlichen, mit der Kostenübergabe wuchs das Interesse an der Schadenthematik“, berichtet Seitz.
„Besinnungsaufsatz“ | Entscheidend für die Sensibilisierung der Fahrer waren die neuen Prozesse, die mit Rückendeckung der Geschäftsführung Einzug fanden: Verursacht ein Dorfner-Mitarbeiter einen Schaden, muss er innerhalb einer vorgegebenen Frist im wahrsten Wortsinn Rede und Antwort stehen, indem er einen ausführlichen Bericht verfasst, beurteilt, wie er den Unfall hätte vermeiden können, und die Schadenhöhe schätzt.
Zudem muss er – unabhängig ob Glasschaden oder Unfall mit Fremdbeteiligung – mit seinem Vorgesetzten ein Gespräch über den Vorfall führen. Jedes Mal aufs Neue. Im Nachgang erhält der Mitarbeiter schriftlich Feedback über die tatsächliche Schadenhöhe. Auch bekommt jeder Fahrer nun monatlich eine Kostenaufstellung für sein Auto – mit Tank-, Schaden-, Reifen- und Versicherungskosten. „Plötzlich interessierte sich jemand für die Kosten. Die Dienstwagenfahrer wurden so aus ihrer Wohlfühlzone gelockt“, so Seitz.
Ebenso freut sich die Fuhrparkchefin über die geringen Durchlaufzeiten beim Schadenmanagement: „So schnell wie jetzt konnten wir noch nie einen Schaden abwickeln. Früher haben wir nach drei, vier Monaten eine Abrechnung erhalten, heute beauftragen wir innerhalb von einem Tag den Gutachter, das Gutachten liegt innerhalb von zwei Tagen vor. So können wir sofort eine Freigabe der Leasinggesellschaft einholen oder gleich nach dem Gutachten abrechnen.“ Gleichzeitig ist der eigene Anwalt von Anfang an im Prozess integriert, wenn es etwa um die Klärung von Schadensersatzansprüchen geht.
Flexibler | Wobei erst gar nicht mehr jeder Schaden beim Versicherer gemeldet wird. Dank des neu aufgenommenen Partners Need4Fleet für Glasschäden, der betriebseigenen Werkstatt und eines örtlichen Karosseriepartners agiert Dorfner nun viel flexibler.
Dass alle Beteiligten miteinander vernetzt sind und der Postweg zur Historie gehört, machte das neu eingeführte, spezielle IT-RM-System möglich, mit dem zu jedem Schadensereignis detailliert alle Dokumente und Kosten erfasst werden, differenziert zwischen dem Versichererteil und den bei Dorfner angefallenen Kosten. Monatlich werden Reportings generiert, quartalsmäßig informiert das Fuhrparkmanagement intern über die aktuellen Zahlen. „Das ermöglicht Transparenz auf Tastendruck“, fasst Feldbauer zusammen.
Laut dem Experten geht es bei RM in erster Linie darum, Schäden zu vermeiden. Folglich setzte Dorfner auch an diesem Punkt an und führte im Zuge der im Jahr 2013 überarbeiteten Car Policy neue Pflichtausstattungen ein: Multifunktionslenkrad und direkt verbaute Parksensoren sind jetzt Standard. Und bei Fahrzeugübergaben weist die betriebseigene Werkstatt Fahrer jetzt noch ausführlicher ein.
Die beste Technik nützt nichts, wenn man sie nicht anwenden kann. Daher ging Dorfner in einem Training für zwölf Mitarbeiter, die einen signifikanten Schadenverlauf vorwiesen, noch weiter. Konfrontiert mit ihrem Schadenprofil (am häufigsten waren Park-/Rangier-/Auffahrschäden) arbeiteten sie gezielt mit einem Trainer an ihren Schwachstellen. Und waren laut Seitz begeistert vom Lerneffekt.
Generell waren die Reaktionen im Haus auf die Veränderung von jahrelang eingefahrenen Prozessen erst verhalten. „Face-to-face-Kommunikation ist alles“, hat Seitz gelernt. Daher wurde in vier bundesweiten Führungskräfteveranstaltungen erklärt, warum sich etwa die zeitaufwändige Gesprächsführung in mehr Sicherheit und Effizienz auszahlt.
Nun kann Seitz, die von einer schnellen Amortisation der Umstellung spricht, die Ernte einfahren, die in den letzten 1,5 Jahren gesät wurde: Stolze 61 Prozent weniger versicherungstechnische Schadenstückzahlen schlagen zu Buche. Die Prämienerhöhung durch die Versicherung wurde abgewendet. Und mehr noch: Eine Prämienanpassung zum 1. Januar 2014 war entgegen dem Markttrend (5–15 %) bei Dorfner kein Thema. | S. Löw
Dorfner Gruppe | In Kürze
Das inhabergeführte Familienunternehmen Dorfner (Eigenkapitalquote: 67 Prozent) mit Hauptsitz in Nürnberg bietet Dienstleistungen in den Bereichen Gebäudereinigung, Gebäudemanagement und Catering für die Märkte Gesundheit, Industrie und Verwaltungen. Der 1949 gegründete, einstige kleine Handwerksbetrieb hat sich bis heute zu einer international agierenden und über 35 Standorte in Deutschland, Österreich und Tschechien dezentral organisierten Unternehmensgruppe mit 2.500 Kunden und 10.500 Mitarbeitern entwickelt (Umsatz 2012: 225 Millionen Euro).
Fuhrpark | Auf einen Blick
485 Fahrzeuge, davon 80 % Pkw/20 % Nfz (Winterdienst/Universalmaschinen); derzeit bereits 20 % des FP auf Leasing umgestellt, alle neuen Pkw werden geleast, Nfz gekauft
Full-Service-Leasing (Pkw) über Athlon (durchschn. Laufzeit: 36 Monate/30.000 km); Ausnahmen: Schadenmanagement/Versicherung
Modelle der VW Gruppe (VW, Seat, Skoda, Audi) und einzelne BMW; 50 Prozent Skoda-Modelle (v. a. Fabia, Octavia)
vorrangig Dieselmotorisierung
Car Policy mit Bonus-Malus-Regelung bzgl. CO2-Grenze (Durchschnitt: 130 g/km)
sechs Berechtigungsstufen mit Leasing- Referenzrate, v. a. User-Chooser: Abschnitts-, technische Abteilungs-, Regionalleiter, technische Leiter, Geschäftsleitung, Bereichsgeschäftsleitung
Firmen-Branding auf Fzg.seite (Abschnittsleiter und Nfz), Firmen-Logo im Kennzeichenträger
Farbe: Silber (Abschnittsleiter), sonst weitgehend freie Farbwahl
Tankkarte: DKV
Versicherung: Generali
manuelle Führerscheinkontrolle
- Ausgabe 2/2014 Seite 32 (3.7 MB, PDF)