Die EU-Kommission verlangt binnen zwei Monaten Änderungen an der deutschen Pkw-Maut. Wenn die Bundesregierung nicht einlenkt, könnte die EU-Kommission sie im nächsten Schritt vor dem Europäischen Gerichtshof verklagen. Die Maut-Regelung diskriminiere ausländische Autofahrer in Deutschland, bemängelte die EU-Kommission am Donnerstag erneut. Sie verschickte deshalb ein sogenanntes "begründetes Mahnschreiben" nach Berlin.
Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) gab sich optimistisch. "Wir sind gerüstet für die Auseinandersetzungen beim EuGH", sagte er in Berlin. "Je schneller, umso besser". Diese Entscheidung werde zu unserem Gunsten ausfallen, so dass dann die technische Umsetzung der Infrastrukturabgabe erfolgen könne.
Der Kommission hielt er vor: "Ich habe in den vergangenen Monaten mehr als deutlich gemacht, dass ich die Verzögerungstaktik nicht akzeptieren kann." Es habe "sehr danach gerochen, mit purer Absicht eine Entscheidung am Europäischen Gerichtshof zu verzögern und zu verhindern", meinte Dobrindt. "Es gibt offensichtlich eine unterschiedliche Rechtsauffassung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der EU-Kommission - ok, aber dann wird die da geklärt, wo sie geklärt werden muss - und das ist der EuGH."
Da die EU-Kommission ähnliche Bedenken auch mit Blick auf die britische Lkw-Maut hat, eröffnete sie zudem ein Verfahren wegen Verletzung europäischen Rechts gegen London. Die Regelungen zur 2014 eingeführten Lastwagen-Vignette könne auswärtige Spediteure benachteiligen, erklärte die EU-Behörde. Großbritannien hat nun zwei Monate Zeit, die Nachfragen aus Brüssel zu beantworten.
Zeitpunkt ist heikel
Die Eröffnung des Verfahrens gegen Großbritannien war in der EU-Kommission heftig diskutiert worden. Der Zeitpunkt ist heikel, da die Briten aufgerufen sind, am 23. Juni über den Verbleib ihres Landes in der Europäischen Union abzustimmen. Die EU ist bemüht, im Vorfeld keine anti-europäische Stimmung im Land zu schüren.
Eine Sprecherin erklärte dazu, die EU-Kommission entscheide nach inhaltlichen Gesichtspunkten. "Ich denke, es ist sehr deutlich, was die Rolle der Kommission ist, als Hüterin des (EU)-Vertrags."
Gegen die deutsche Pkw-Maut geht die EU-Kommission bereits seit dem vergangenen Sommer formell vor. Sie sieht darin eine klare Benachteiligung ausländischer Autofahrer in Deutschland. Das Gesetz ist bereits beschlossen, wegen der Streitigkeiten aber noch nicht umgesetzt.
Zwar müssten sowohl In- als auch Ausländer die Maut zahlen. Doch nur inländische Autobesitzer sollen bei der Kfz-Steuer entlastet werden, und zwar genau in Höhe ihrer Maut. Dieses 1-zu-1-System lehnt die EU-Kommission ab. Entlastungen, die nicht mit der Nationalität der Nutznießer begründet sind, wären hingegen möglich: Die Behörde erklärte, bei der Festlegung der Kfz-Steuer könne etwa die Umweltfreundlichkeit eine Rolle spielen. Das Problem ließe sich nach Brüsseler Einschätzung auch durch eine streckenabhängige Maut vermeiden, bei der die Höhe von der Menge der gefahrenen Kilometer abhängt. (dpa)