_ Herr Böhme, seit Mitte Oktober sind Sie Direktor B2B und Gebrauchtwagen bei Peugeot Citroën Deutschland. Die Flottenzulassungen beider Marken schrumpfen aktuell gegen den Markttrend. Was haben Sie sich vorgenommen, um das zu ändern?
Holger Böhme: Zwei wichtige Ziele sind die verstärkte Teilnahme an Ausschreibungen sowie ein höherer Anteil am User-Chooser-Geschäft. Als drittes Ziel kommt die verbesserte Zusammenarbeit mit den Leasinggesellschaften hinzu. Da fehlt noch eine erfolgversprechende Schnittstelle zwischen den Leasinggesellschaften und unseren Key Accounts. Auch wenn wir in der oberen Führungsebene sehr gute Kontakte haben, möchte ich das Beziehungsmanagement hier vor allem auf der regionalen Ebene verbessern. Also bei den Menschen, die letztlich die Geschäfte mit den Kunden machen.
_ Sehen Sie da auch bei sich, also bei Peugeot Citroën Deutschland, Handlungsbedarf?
H. Böhme: Den Ball nehme ich schon auf. Deshalb werde ich mich auch bei allen relevanten Marktteilnehmern persönlich vorstellen. Spätestens bis zum Frühjahr werde ich die zehn wichtigsten Leasinggesellschaften, die fünf wichtigsten Autovermieter und vor allem auch die 20 bis 30 wichtigsten Großkunden besuchen.
_ Die Sie dann im Rahmen der verstärkten Teilnahme an Ausschreibungen wieder für sich gewinnen möchten.
H. Böhme: Wir werden es zumindest versuchen, ja. Natürlich werden wir nicht jede Ausschreibung gewinnen. Aber auch aus einer verlorenen Ausschreibung können wir wichtige Erkenntnisse ziehen: Wer war dabei? Wer war besser? Sie erhalten also wichtige Ansatzpunkte für eine bessere Vorbereitung der nächsten Ausschreibung.
_ Wie werden Sie Ihre Ausschreibungen in Zukunft grundsätzlich verändern?
H. Böhme: Wir werden die Verantwortlichkeiten anders strukturieren. Wir als Importeur müssen zunächst wissen: Wann sind die großen, wichtigen Ausschreibungen? Dann können wir die operative Umsetzung angehen. Ich möchte Ihnen ein Beispiel geben: Eine sehr große Ausschreibung wie zum Beispiel der Telekom werden wir dann selbst vorbereiten. Bei mittelgroßen Fuhrparks werden wir die Verantwortung dagegen an unsere Niederlassungen oder den Händler vor Ort weiterreichen.
_ Als weiteres Ziel nannten Sie eine größere Attraktivität im User-Chooser-Markt.
H. Böhme: Ja, da wollen wir vor allem mit Peugeot erfolgreicher werden. Die Marke hat in den letzten drei Jahren sicherlich eine Talsohle durchschritten, das ist aber nun Vergangenheit und die Produkte sind jetzt wirklich auf der Höhe der Zeit. Mit den neuen 2008, 3008, 5008 und Traveller müssen wir uns nicht vor den Fuhrparks verstecken. Das gilt im Übrigen auch für Citroën mit Autos wie dem C4 Picasso, von dem wir jetzt 27 Exemplare an die Post geliefert haben, die einfach eine Alternative zu den anderen, herkömmlichen Modellen gesucht hat. Diese Alternative können wir aber eben nicht nur mit Citroën liefern, sondern jetzt auch mit Peugeot 3008 oder 5008. Deshalb bin ich überzeugt, dass wir wieder einen Fuß in den User-Chooser-Markt kriegen. Wir spüren schon jetzt Kundeninteresse, das früher so nicht da war.
_ Mit den neuen Modellen wollen Sie die Marken Peugeot und Citroën also wieder ins Plus drehen? Derzeit schrumpfen die Flottenzulassungen beider Marken ja weiter gegen den Markttrend.
H. Böhme: Richtig. Der Rückgang der Flottenzulassungen bei Citroën war und ist sicherlich noch von unserer bislang recht alten Modellpalette getrieben. Bei Citroën denke ich da vor allem an den C5, sehe aber auch den fehlenden C4 Kombi. Dafür hält sich der Berlingo sehr tapfer im Flottenmarkt. Auch der Picasso kommt gut an im Flottenmarkt, und große Hoffnungen setzen wir auf den Spacetourer. Grundsätzlich werde ich versuchen, Citroën stärker bei den Nutzfahrzeugflotten zu positionieren. Aber als größere Herausforderung sehe ich Peugeot. Mit der aktuellen Modellpalette müssen wir im nächsten Jahr deutlich stärker wachsen. Aber wie gesagt: Mit den neuen 2008, 3008, 5008 und Traveller sehe ich große Chancen im User-Chooser-Markt.
_ Mit Spacetourer und Traveller möchten Sie auch Shuttle-Dienste ansprechen?
H. Böhme: Im Fokus stehen hier Fahrservices, Hotels oder auch VIP-Shuttles. Für die ist besonders interessant die Langversion der Modelle, die ab April oder Mai 2017 verfügbar sein wird. Sie bietet Platz für acht Passagiere plus Gepäck.
_ Wie differenzieren Sie 3008 und 5008? Auf den ersten Blick sieht der 5008 aus wie die Langversion des 3008.
H. Böhme: Der 5008 hat noch einmal deutlich mehr Kofferraumvolumen und wird damit für User-Chooser, die am Wochenende auch mit der Familie unterwegs sind, besonders interessant. Was beide SUV eint, und das ist sicherlich ein Vorteil mit Blick auf viele Car Policies: Beide fahren sich wie normale Pkw. Wir versprechen uns mit 3008 und 5008 viel Resonanz bei Kunden, die keinen Kombi fahren wollen.
_ Welche Hoffnungen setzen Sie ab Anfang 2017 in den neuen Citroën C3?
H. Böhme: Der C3 hat sicherlich seine Chancen bei Pflege- oder Lieferdiensten aber auch in der Sicherheitsbranche. Denn ich glaube nicht, dass ein Fahrzeug in der Größe des C1 da immer reicht. Konkrete Analysen oder Prognosen haben wir für den C3 aber noch nicht parat.
_ Peugeot und Citroën betonen immer wieder reale Verbrauchswerte anzugeben. In vielen Car Policies sind Höchstgrenzen für den verbrauchsabhängigen CO2-Ausstoß definiert - basierend auf den niedrigeren NEFZ-Werten. Ist das ein Nachteil für Sie?
H. Böhme: Es ist für mich eine große Chance. Denn wir als PSA-Konzern sind die absolute Nummer eins in Sachen CO2-Ausstoß. Auch das ist ein Vorteil für unseren Vorstoß in den User-Chooser-Markt: Denn viele Flotten erlauben Firmenwagennutzern, die ein Fahrzeug mit weniger als 120 oder 100 Gramm CO2-Ausstoß die Auswahl zusätzlicher Ausstattung. Das macht uns also deutlich attraktiver.
_ Mit Free2Move Lease stellt PSA auch in Deutschland seine gewerblichen Leasingaktivitäten auf neue Beine. Können Sie dazu schon mehr sagen?
H. Böhme: Das ist ein Thema, das in Deutschland Olivier Ferry voranbringen wird. Deshalb möchte ich hier gar nicht zu sehr ins Detail gehen. Nur so viel: Mit einer eigenen Leasinggesellschaft sind wir natürlich agiler und flexibler, vor allem im Bereich der kleinen und mittleren Flotten. Der Schwerpunkt bei größeren Kunden liegt dagegen weiterhin bei den unabhängigen Leasinggesellschaften.
_ Herr Böhme, herzlichen Dank für das Gespräch.
Interview: Christian Frederik Merten
Citroën Spacetourer und Peugeot Traveller
Transporter mit Pkw-Ambitionen
_ Als Pkw-Derivate der Nutzfahrzeuge Jumpy und Expert fahren seit November der Citroën Spacetourer und der Peugeot Traveller vor. Optisch unterscheiden sich die beiden praktisch nur an der Front: Citroën wie Peugeot tragen jeweils den markentypischen Kühlergrill.Ansonsten bleiben die Unterschiede gering. Beide sind in jeweils drei Längen (Traveller L1, L2 und L3 sowie Spacetourer XS, M und XL mit jeweils 4,60 Meter, 4,95 Meter und 5,30 Meter Länge) sowie vier Motoren lieferbar. Und unter der Haube werkeln ausschließlich Selbstzünder: zwei 1,6-Liter-Diesel mit 95 oder 116 PS oder aber zwei 2,0-Liter-Diesel mit 150 oder 177 PS.Wichtigste Spacetourer-Zielgruppe sind Familien, der Peugeot Traveller soll vor allem als Shuttle-Fahrzeug punkten. Speziell für den Shuttle-Einsatz hat die Löwenmarke den Traveller Business mit Kunststoffboden oder nicht verstellbaren Rücksitzen konfiguriert. Die luxuriösere Variante Business VIP kommt ab Mitte 2017 mit getönten Scheiben, individuell verstellbaren Ledereinzelsitzen, Teppichauskleidung und Loungeausstattung mit Tisch. Aber auch Citroën ist mit einer Business-Variante am Start, ab April 2017 analog zum Traveller Business VIP auch als Business Lounge. Die Business-Varianten bilden bei beiden Modellen den Einstieg in die Welt der bis zu neunsitzigen Spacetourer oder Traveller - der Basispreis beider Modelle beträgt 29.277 Euro. Premiere für PSA in dieser Klasse sind Fahrerassistenzsysteme wie der Spurhalte-, der Totwinkel- oder der Notbremsassistent sowie der adaptive Tempomat.Für eine kurze Testfahrt stand uns der Peugeot Traveller 1.6 BlueHDi 150 Stop&Start Allure mit Sechsgangschaltgetriebe zur Verfügung. Für die Pkw-Variante eines Transporters fährt sich der französische Raumriese (bis zu 4.554 Liter Gepäckraumvolumen) erstaunlich ruhig und agil - auf nassem Untergrund drehen die Räder beim herzhaften Tritt aufs Gas schon einmal durch. Auch der Innenraum präsentiert sich für die Fahrzeugklasse vergleichsweise hochwertig, Materialien und Verarbeitung übertreffen die Erwartungen an ein solches Fahrzeug teilweise durchaus. Ganz konnte der gefahrene Traveller seine Transportergene aber nicht verleugnen, die Lenkung arbeitet indirekt und schwammig. cfm
- Ausgabe 12/2016 Seite 74 (171.2 KB, PDF)