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Mehr Schein als Sein?

29.07.2011 12:02 Uhr
Mehr Schein als Sein?

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Green Fleet

Mehr Schein als Sein?

Bei der Bestellung neuer Firmenfahrzeuge scheinen möglichst geringe CO2-Emissionen das Hauptkriterium zu sein. Doch inwieweit geht es hier wirklich um Umweltschutz? Ist die „grüne Flotte“ eine Mogelpackung?

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) jedenfalls lässt kein gutes Haar an deutschen Fuhrparks. 153 Unternehmen, die laut der Umweltschutzorganisation besonders Wert auf ein positives Umwelt- und Nachhaltigkeitsimage legen, wurden von dieser einem Glaubwürdigkeitscheck in puncto CO2-Emissionen, Strategien zu deren Reduktion und auch zu aktuellen Fahrzeugen der Vorstände unterzogen.

Das ernüchternde Ergebnis: Von diesen 153 angeblich sich zum Umweltschutz bekennenden Fuhrparkbetreibern fielen 140 bei der Prüfung der DUH durch und sahen die rote Karte. Nur vier Unternehmen, darunter die Deutsche Bahn, bestanden den Glaubwürdigkeitstest und bekamen grün. Die übrigen neun erhielten die „gelbe Karte“ für ein erkennbares, aber noch nicht ausreichendes Klimaengagement (siehe hierzu ausführlicher die Juli-Ausgabe der Autoflotte).

Spricht man mit Fuhrparkverantwortlichen und verfolgt die Nachrichten der Branche, beispielsweise die vielen Pressemitteilungen der Leasinggesellschaften, Hersteller und Importeure zur Auslieferung neuer Fahrzeuge an ihre gewerblichen Kunden, so gewinnt man in der Tat den Eindruck, als würde sich momentan bei der Fahrzeugwahl fast alles um CO2-Emissionen drehen. Wie grün sind die deutschen Fuhrparks wirklich? Wie stark sind Umweltschutzaspekte in der Car Policy verankert? Welche Hilfestellungen bieten die Leasingpartner bei der Umstellung auf eine „Green Fleet“? Das wollten wir von den Leasinggesellschaften wissen.

Was die Glaubwürdigkeit der umweltfreundlichen Ausrichtung ihrer Kunden anbelangt, sind die Leasinggeber unterschiedlicher Meinung. Einige liefern auch eine plausible Erklärung dafür, warum die grüne Revolution noch auf sich warten lässt. Wegen einiger kritischer Stimmen haben wir den Teilnehmern unserer Umfrage eine anonyme Veröffentlichung dieser Antwort zugesagt.

„Der Grad der ,Grünifizierung‘ ist sehr kundenindividuell“, heißt es bei einer Leasinggesellschaft aus dem Süden. In diese Richtung geht auch die Aussage einer anderen: „Es gibt beide Arten von Kunden. Bei einigen steht tatsächlich die Außenwirkung im Vordergrund. Wir haben aber auch Kunden in unserem Kundenstamm, welche die grüne Dienstwagenflotte wirklich leben und ihr Ziel nachhaltig verfolgen.“

Etwas kritischer dieser Leasinggeber: „Bei einem tatsächlich vorhandenen und konsequent umgesetzten Umweltbewusstsein müssten die CO2-Grenzen und Bonus-Malus-Regelungen deutlich strenger sein und aktueller angepasst werden. Da dies nur in absoluten Ausnahmefällen so ist, fehlt es zurzeit noch an der Glaubwürdigkeit des Umweltimages.“

Steuerliche Anreize fehlen

Ein weiterer Leasingpartner gibt zu bedenken: „Viele klassische Dienstwagen sind zurzeit noch keine Sparwunder – auch wenn die Verbräuche teilweise als ,günstig‘ angesehen werden können.“ Große Fahrzeuge mit reichlich Hubraum, wie sie für das obere Management eingesetzt werden, könnten auf absehbare Zeit auch nicht zu Sparwundern werden – zumindest nicht ohne Hybrid-Unterstützung. Er ergänzt: „Man darf bei aller Diskussion nicht vergessen, dass der Verbrauch und damit die CO2-Emission am Ende immer zu einem ganz erheblichen Teil vom Fahrer abhängen.“

Der Geschäftsführer eines weiteren Leasinggebers sähe größere Erfolgsaussichten bei der Umstellung auf umweltfreundliche Fuhrparks, wenn die Steuergesetzgebung diese Entwicklung durch monetäre Anreize stärker forcieren würde: „Das Interesse zur Mitwirkung bei der Reduzierung der CO2-Emissionen ist recht groß. Ich denke allerdings, dass ein echtes Umdenken erst bei gleichzeitiger Kostenreduzierung für die Unternehmen (...) möglich sein wird. In anderen Ländern – zum Beispiel Österreich und Dänemark – sind Fahrzeuge mit hohem CO2-Ausstoß mit erheblich höheren Kosten verbunden. Zusätzlich gibt es in einigen Ländern für teure Fahrzeuge auch noch sogenannte Luxussteuern.“

Ein weitere Begründung, warum der Durchbruch in Sachen grüne Flotte noch nicht so gewaltig ist: „Die Fuhrparkleiter stehen im Spannungsfeld von Technik, Umweltbewusstsein und Mitarbeitermotivation. Aus diesem Grund werden viele Themen zeitlich verzögert eingeführt. Aber Sie werden kommen“, ist dieser Leasinggeber überzeugt. Ein weiterer sieht die mehrjährige Nutzungsdauer als Grund für den langsamen Wandel: „Kein Fuhrpark kann per Schalter auf Grün umgestellt werden. Wenn Sie heute mit der Umsetzung einer grünen Dienstwagenordnung beginnen, haben Sie den Fuhrpark unter Umständen erst nach vier Jahren dorthin ,gedreht‘ und selbst dann werden neue Technologien die Messlatte für ,Grün‘ wieder verschoben haben“, gibt er zu bedenken und erkennt gleichzeitig an: „Die Ausrichtung ist bereits ein positiver Schritt in die richtige Richtung.“

„Die grüne Car Policy wird gelebt“

Für andere Leasinggesellschaften sei kein Trend zum „Greenwashing“ ihrer Kunden zu erkennen. Sogar im Gegenteil: „Die grüne Car Policy unserer Kunden wird sehr wohl diskutiert und gelebt“, heißt es von einem Leasinggeber aus Süddeutschland. „Im Gegensatz zu diesen Ergebnissen (der DUH, Anmerkung der Redaktion) beobachten wir durchaus, dass unsere Kunden häufig bei Neubestellungen gezielt Fahrzeuge mit niedrigem CO2-Ausstoß ordern. Dies kann man durchaus im Sinne einer ehrlichen Bemühung um eine grüne Flotte deuten“, findet eine weitere.

Da Ökologie, sprich geringere Schadstoffemissionen, mit der Ökonomie, also geringerem Kraftstoffverbrauch, einhergeht, gibt es natürlich auch Flotten, denen es primär um signifikante Senkung der Spritkosten geht, dies aber nach außen gern als umweltfreundliches Verhalten darstellen. „In Summe haben nach wie vor die Kosten, also TCO, deutlich Vorrang vor Umweltgedanken nach dem DUH- Maßstab“, sagt der Geschäftsführer einer Leasinggesellschaft. Ein weiterer Full-Service-Dienstleister äußert sich ähnlich: „Wir sehen ernsthaftes Interesse bei unseren Kunden, die CO2-Emissionen beziehungsweise die Kraftstoffverbräuche zu reduzieren. Dies geschieht allein schon aus Kostengesichtspunkten. (...) Wir gehen fest davon aus, dass unsere Kunden mittelfristig ihre CO2-Bilanzen verbessern werden und auch ernsthaft dieses Ziel verfolgen werden.“

Tipps für eine Green Car Policy

Zur sukzessiven Verbesserung der CO2-Bilanzen führt kein Weg an einer konsequent auf emissionsarme Fahrzeuge ausgelegten Car Policy vorbei. Das oft schon als „Green Policy“ bezeichnete Regelwerk sollte unter Berücksichtigung der Vollkosten die verbrauchseffizientesten Modelle aufnehmen. „Bei der CO2-Strategie sollte man keine Kompromisse eingehen, sondern eine klare und leicht umsetzbare Policy definieren“, sagt Karsten Rösel, CEO der ALD Automotive Deutschland Gruppe. Er rät dazu, unterschiedliche Hersteller zu nutzen, was sowohl für die Kosten als auch die CO2-Bilanz von Vorteil sei.

Weil sich durch die Weiterentwicklung der Motoren viel tut, sollten die zur Auswahl stehenden Modelle regelmäßig auf den Prüfstand gestellt und die Dienstwagenrichtlinie aktualisiert werden. Ein Mal pro Jahr sollten die Referenzfahrzeuge hinsichtlich Wirtschaftlichkeit und CO2-Emissionen überprüft werden, so die Empfehlung einiger Leasinggesellschaften. Spätestens alle zwei Jahre sollte geprüft werden, ob das Regelwerk noch zeitgemäß ist. Dabei sollten auch die neuesten technischen „Errungenschaften“ wie Start-Stopp-Automatik berücksichtigt und eingeführt werden.

Eine weitere Schwierigkeit ist es, den Spagat zwischen bestmöglicher Kosteneffizienz und Motivation der Belegschaft hinzubekommen. „Die Car Policy sollte zwischen Kosten-, Mitarbeiter- und Umweltgesichtspunkten genau austariert werden. Hierbei ist auch die generelle Strategie des Unternehmens zu berücksichtigen. Ist ein Unternehmen strategisch auf die Rekrutierung der besten Mitarbeiter am Markt angewiesen, sollte die Mitarbeitermotivation bei der Gestaltung der Car Policy im Vordergrund stehen“, sagt Gunter Glück, Geschäftsleitung Kundenbetreuung bei LeasePlan.

Den Mitarbeitern sollte aber auch unabhängig vom Fachkräftemangel immer Wahlfreiheit zugestanden werden: „Das Unternehmen sollte dem Fahrer schon eine gewisse Entscheidungsfreiheit einräumen, gepaart mit einem Anreizsystem“, sagt Uwe Hildinger, Leiter Vertrieb und Marketing bei Alphabet Fuhrparkmanagement.

Dieses Anreizsystem kann zum Beispiel ein Bonus-Malus-System sein, das die Bestellung eines emissionsarmen Fahrzeugs fördert, beispielsweise durch eine höhere Zuzahlung des Arbeitgebers (Bonus), und die Bestellung von Fahrzeugen mit höheren Emissionen durch geringere Bezuschussung oder Zuzahlung des Mitarbeiters (Malus) einzuschränken versucht. Zum Teil wird ein solches Regulativ aber erst von wenigen Fuhrparks eingesetzt. Geschätzte fünf Prozent sind es bei der Deutschen Leasing Fleet, acht Prozent bei ALD und zehn Prozent bei Sixt Leasing. Deutlich mehr sind es hingegen bei Atlas Auto-Leasing (20 Prozent), GE Capital – ASL Fleet Services (rund 30 Prozent) und Hannover Leasing Automotive (HLA, zirka 45 Prozent).

Über den Nutzen solcher Modelle scheiden sich die Geister. Gerade die Leasinggesellschaft mit dem höchsten Kundenanteil an „Bonus-Malus-Anwendern“ ist vom Nutzen des Systems überzeugt: „Durch das Bonus-Malus-System haben die Kunden ein gutes Instrument, mit welchem man klar in Zahlen abgrenzen kann, ob der Fuhrpark tendenziell umweltfreundlich ausgerichtet wird oder nicht. Der Kunde gibt seinem Mitarbeiter damit einerseits die ,freie‘ Wahl und fördert ihn parallel dazu, möglichst verbrauchsreduzierende Fahrzeuge zu bevorzugen“, sagt HLA-Geschäftsführer Harald J. Frings.

ALD kann den Vorteil sogar quantifizieren: „Durch das Bonus-Malus-Prinzip kann der CO2-Ausstoß um durchschnittlich fünf bis zehn Prozent reduziert werden“, sagt Karsten Rösel. Arval verspricht sich hier jedoch mehr von praktischen Schulungen: „Selbstverständlich ist jede Bonifikation ein Steuerungsinstrument. Allerdings präferieren wir Fahrertrainings und interne Fahrerwettbewerbe zur Optimierung der Ökobilanz im Fuhrpark“, sagt Geschäftsführer Lionel Wolff. „Nachhaltige Verbesserungen fußen auf dem Verständnis des Mitarbeiters und nicht auf einem kurzfristigen Bonus“, ist Wolff überzeugt. So zögen die meisten seiner Kunden Fahrertrainings einer Subvention ökologisch sinnvoller Fahrzeuge vor.

In diese Richtung geht auch die Einschätzung von Alphabet: „Insgesamt sind freiwillige Verhaltensänderungen immer sinnvoller und auch nachhaltiger als zum Beispiel Bonus-Malus-Regelungen“, sagt Hildinger.

E-Autos im Flotteneinsatz

Ein zukünftiges Instrument, um Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen der Gesamtflotte zu senken, sind Elektrofahrzeuge, die derzeit ebenso Inhalt vieler Branchenmeldungen sind. Aber werden sie sich in den Fuhrparks wirklich etablieren? Immerhin beobachten die meisten der befragten Leasinggesellschaften (53 Prozent) ein besonderes Interesse ihrer Fuhrparkkunden. Weitere 20 Prozent stellen dies mit Einschränkung fest, weil beispielsweise die hohen Anschaffungskosten abschreckend wirken. Gut ein Viertel der Befragten können keine Nachfrage ihrer Leasingnehmer nach Elektrofahrzeugen feststellen (siehe Grafik rechts oben).

Aufgrund der geringen Reichweite sind sie auch nur bedingt im Fuhrpark einsetzbar – für einen Außendienstmitarbeiter würde ein E-Mobil wenig taugen. So konstatieren die meisten Leasinggeber, dass ihre Kunden E-Autos überwiegend im Stadtgebiet oder auf dem Werksgelände nutzen würden. Als potenzielle Abnehmer sehen sie überwiegend kommunale Betriebe, Energieversorger respektive Stadtwerke oder Pflegedienste. 40 Prozent der Befragten sehen sie auch als klassisches Poolfahrzeug – aber auch nur für den städtischen Einsatz. „Hier können die Vorteile einer E-Flotte gut ausgespielt werden und aktuell noch vorhandene Nachteile wie zum Beispiel geringe Reichweite und fehlende Ladestationen fallen nicht so stark ins Gewicht“, sagt Hildinger.

Die Gefahr, dass einem Fahrer plötzlich der Strom ausgeht, stellt noch ein Manko dar. „Den Einsatz von Elektrofahrzeugen können wir überhaupt nur empfehlen, wenn die Infrastruktur entsprechend vorhanden ist, zum Beispiel eigene Ladesäulen. Dies ist derzeit kaum der Fall“, sagt Glück.

Der Imagefaktor fährt mit

Sieben Prozent der Leasinggesellschaften gaben übrigens an, dass ihre Kunden Elektroautos für Marketingzwecke in Betracht ziehen (siehe Grafik links unten). Eine von ihnen sieht in deren Einsatz auch eine gute Möglichkeit für Unternehmen, das CSR-Image aufzubessern, also der Öffentlichkeit zu demonstrieren, dass es soziale Verantwortung übernimmt. Die Bemühungen um nachhaltiges Handeln scheinen also zu einem gewissen Teil auch immer von dem angenehmen Nebeneffekt, nämlich der positiven Außenwirkung, getrieben zu sein. Frei nach dem Motto: Tue Gutes und rede darüber.

mireille pruvost

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