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Licht und Schatten

01.09.2016 06:00 Uhr

Die Bundesrepublik ist einer der wichtigsten Flottenmärkte Europas, der im vergangenen Jahr kräftig zugelegt hat. Ein Innovationsführer ist er deswegen noch lange nicht.

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_ Der Flottenmarkt bleibt für die deutschen Fahrzeughersteller eine wichtige Größe: Gingen die Neuzulassungen von privaten Haltern von 1,244 Millionen in 2010 auf 1,098 Millionen in 2015 um knapp zwölf Prozent zurück, legten die gewerblichen Neuzulassungen im gleichen Zeitraum von 1,7 Millionen auf einen Rekordwert von 2,1 Millionen Neuzulassungen zu (Quelle: KBA, gerundet). Damit konnte der Rückgang im Privatmarkt überkompensiert werden.

Grundsätzlich hat sich in Deutschland ein Flottenmarkt mit hohem Reifegrad entwickelt und ein umfassendes Dienstleistungsangebot rund um die Firmenwagen etabliert - sämtliche Finanzierungsformen können abgerufen und mit Servicebausteinen kombiniert oder Letztere auch ohne Finanzierung eingekauft werden.

Bei den Flottenmanagement-Dienstleistern sind zwei gegenläufige Trends zu beobachten: Auf der einen Seite nutzen Fuhrparks große Anbieter mit internationaler Aufstellung, auf der anderen Seite gibt es kleine und teilweise regionale Gesellschaften.

Travel und Flotte wachsen zusammen

Flotten- und Travelmanagement sind in Deutschland weiter zusammengewachsen. Bereits in jedem zweiten Unternehmen liegt die Verantwortung für Fuhrpark und Geschäftsreisen bei einer und derselben Person - so das Ergebnis einer kürzlich von Fleetcompetence Deutschland und Darr Mobility Concepts mit der Hochschule München durchgeführten Studie.

Die dabei am häufigsten festgestellten Synergien sind Kostensenkungen und Prozessoptimierung. Ein kleinerer Teil der Unternehmen gab auch Umweltaspekte und Mitarbeiterzufriedenheit als Teil der Erfolgsgeschichte an. Unternehmen, die ein solches Konzept umgesetzt haben, konnten in der Flotte zwischen fünf und über 20 Prozent der Kosten senken. Die Einsparungen im Travel-Management betrugen bis zu 20 Prozent.

Die größten Herausforderungen bei der Zusammenlegung von Fleet- und Travelmanagement sahen die Teilnehmer in der Prozessintegration sowie Ablauf- und Aufbauorganisation. Dass das Zusammenwachsen beider Bereiche weiter an Bedeutung gewinnen wird, legen die Studienergebnisse nahe.

Alternative Antriebsformen

Der Gesamtbestand an Autos mit alternativen Antrieben ist bei Flüssiggas und Erdgas etwas rückläufig, während der Anteil an Hybridfahrzeugen stark wächst und der an Elektroautos trotz der vergleichsweise attraktiven Modellvielfalt moderat (siehe Grafiken 2+3). Ein wichtiger Grund für Zurückhaltung der Flotten und Dienstwagenfahrer ist nach wie vor eine relativ ungünstige Versteuerung des geldwerten Vorteils.

Herausforderungen für Flotten

Wer ein modernes Fahrzeug betreibt, erzeugt Daten, die durch Sensoren im Fahrzeug und der Bordelektronik gespeichert und ausgelesen werden können. Hierbei geht es im Wesentlichen um technische Betriebsdaten, die auch Rückschluss über die Nutzung und den Umgang mit dem Fahrzeug zulassen. Darüber hinaus werden durch die Kommunikations- und Entertainmentsysteme persönliche, geschäftliche und private Daten erzeugt, beispielsweise E-Mail- und Telefonverkehr, aber auch Daten aus dem Navigationssystem wie Adressen und Bewegungsströme. Schließlich zeichnen mitgeführte Geräte wie Smartphones ebenso vielfältige Daten auf: Bewegungsströme, Kommunikation, Beschleunigungs- und Verzögerungswerte. Erste Telematik- Anbieter wenden sich daher nun primär den mobilen Endgeräten anstelle von Fahrzeugen zu. Ihre Geschäftsmodelle haben eines gemeinsam: Es sind Arbeitnehmer und ihre Arbeitgeber involviert. Durch die zumindest theoretische Zugriffsmöglichkeit des Arbeitgebers auf sensible Daten des Arbeitnehmers entsteht ein besonderes Bedürfnis nach verbindlichen und gesicherten Vereinbarungen zum Umgang damit (siehe hierzu auch Rechtsbeitrag in Autoflotte 02/2016, S. 50).

Am liebsten alles inklusive

Full-Service-Leasing-Produkte haben im deutschen Markt einen hohen Anteil. Bei 65 Prozent liegt er laut einer von Fleetcompetence Europe durchgeführten Studie (siehe Grafik 4). Das CVO-Fuhrpark-Barometer 2016 von Arval kommt auf einen Anteil von 45 Prozent bei großen und etwa 30 Prozent bei mittleren und kleinen Flotten. Mittlerweile setzen Flotten aller Größen mit professioneller externer Unterstützung im Flottenmanagement mehr und mehr auf die offene Abrechnung oder die Istkosten-Abrechnung, also sogenannte "Unbundled"-Systeme.

Bei der offenen Abrechnung werden zum Ende der Leasingvertrags alle Kosten für Wartung, Service und Reifen genau aufgelistet und mit den während der Laufzeit konstant gehaltenen Serviceraten verrechnet. Dies wird von einigen Leasinggesellschaften angeboten. Bei der Istkosten-Abrechnung wird zeitgerecht abgerechnet, das heißt, es werden erst gar keine Serviceraten veranschlagt, sondern lediglich die im jeweiligen Monat anfallenden Kosten fakturiert.

Beide Systeme konkurrieren mit dem Full-Service-Leasing, bei dem für Wartung, Service und Reifen verbindliche Pauschalen vereinbart werden. Da hier die Leasinggesellschaft das Ergebnisrisiko übernimmt, werden von ihr neben der Marge entsprechende Sicherheitsaufschläge einkalkuliert. Die oftmals als Planungssicherheit argumentierte Konstanz der Raten ist dabei meist teuer erkauft. Sowohl bei Liquidität und Gesamtkosten zeigen sich die Stärken der Istkosten-Abrechnung. Auf der anderen Seite ist diese nur vernünftig umsetzbar, wenn Flottenmanagementpartner oder moderne IT-Systeme den Rechnungsfluss, die Rechnungskontrolle und den Zahlungsverkehr professionell abwickeln.

Vergleich zum übrigen Europa

Deutschland hat bislang keine Anreizsysteme geschaffen, um den Firmenwagenfahrer hin zu umweltfreundlichen Fahrzeugen "zu lenken". Während andere europäische Länder bei der Versteuerung des geldwerten Vorteils für die Privatnutzung Vorteile für Fahrzeuge mit geringem CO2-Ausstoß schaffen, fehlt dieses Instrument in Deutschland bislang völlig.

Auch Konzepte, die die gesamte geschäftliche Mobilität des Mitarbeiters im Fokus haben, sind bislang nur in geringem Umfang in deutschen Unternehmen umgesetzt. Bestes Beispiel ist das Mobilitätsbudget (siehe hierzu auch Beitrag auf S. 48), bei dem das Unternehmen für seine Mitarbeiter unterschiedliche Formen der Mobilität zusammenfasst und nicht nur einen Firmenwagen zur Verfügung stellt.

Dieses Konzept wurde insbesondere in den Niederlanden schon stark angenommen: Der Mitarbeiter setzt sein Budget für unterschiedliche Fortbewegungsmittel ein - vom Fahrrad über das Miet- oder Carsharing-Fahrzeug bis hin zu Bahn und Flugzeug.

Nicht starr auf das Auto ausgerichtet, sondern flexibel je nach Anforderung und Bedürfnis - das ist das Erfolgskonzept des Mobilitätsbudgets.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der deutsche Flottenmarkt einen recht hohen Reifegrad in Bezug auf die angebotenen Dienstleistungen und Konzepte aufweist, sich aber auch nicht in einer innovativen Führungsrolle in Europa befindet.

Thilo von UlmensteinManaging Partner bei Fleetcompetence Europe. Das Schweizer Beratungsunternehmen unterstützt mit seiner Expertise Unternehmen im Bereich Flotten- und Mobilitätsmanagement. Es ist mit einer Tochtergesellschaft in Deutschland vertreten und verfügt darüber hinaus über ein Netzwerk spezialisierter Fachexperten in Europa. Das Unternehmen bietet nationales und internationales Consulting für Flottenbetreiber und Dienstleister an und führt für sie Schulungen und Trainings sowie Marktstudien durch. Mit dem "International Fleet Meeting Geneva" hat Fleetcompetence Europe zudem innerhalb weniger Jahre eine anerkannte Networking-Plattform am Autosalon Genf für die internationale Flotten-Branche geschaffen.Weitere Informationen: www.fleetcompetence.com

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