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Interview Wolfgang Reinhold: Eine Lobby für die Gebrauchten

17.05.2017 14:30 Uhr
Interview Wolfgang Reinhold: Eine Lobby für die Gebrauchten
Wolfgang Reinhold
© Foto: Cara

Wolfgang Reinhold entwickelte einst die Faire Fahrzeugbewertung mit. Nun kämpft er für eine europäische Umsetzung der Idee. Wer Mitstreiter sind und wie der Verband arbeitet, verrät er im Gespräch.

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_ Herr Reinhold, was verbirgt sich hinter Cara?

Wolfgang Reinhold: Da muss ich kurz ausholen. Bei einer der typischen Branchentreffen saßen 70 bis 80 Experten beisammen und es ging um das Thema Fahrzeugvermarktung. Dann habe ich gemeint, dass wir uns organisieren könnten, um gerade die europäische Ebene dieser Thematik voranzubringen. Damit war vor drei Jahren das Baby Car Remarketing Association, kurz Cara, geboren.

_ Sie sind Chairman mit einem Büro in Belgien. Warum braucht es die Nähe zum Herzen der EU?

W. Reinhold: Zum einen läuft die administrative Seite über Nexus Communication ab, die in Barchon nahe Lüttich sitzt. Zum anderen lässt sich Lobbyarbeit, also die Zusammenarbeit mit der europäischen Gesetzgebung, in der Nähe von Brüssel gut organisieren.

_ Die internationale Ausrichtung ist also das gemeinsame Anliegen der Mitglieder?

W. Reinhold: Genau. Man muss einen internationalen Footprint in der Vermarktung von Fahrzeugen haben. So definieren sich auch die Cara-Mitglieder. Das sind die Fahrzeugauktionshäuser, Autovermieter, Non-Captives und Importeure sowie Hersteller, aber ebenso Flottendienstleister und Datendienste. So haben wir einen Mix aus Mitgliedern, die ein Fahrzeug auf Longterm- oder Shortterm-Basis betrachten. Ein Mitgliederverzeichnis finden Sie auf unserer Website (Anm. der Red.: www.cara-europe.org).

_ Was sind die weiteren gemeinsamen Ziele dieser doch recht heterogenen Mitstreiter bei Cara?

W. Reinhold: Zum einen wollen wir eine europäische Variante analog des vom Verband der markenunabhängigen Fuhrparkmanagementunternehmen entwickelten Fairen Fahrzeugbewertung etablieren, denn bei der Schadenbewertung gibt es aus europäischer Sicht keinen Standard, was von manchen Marktteilnehmern auch ausgenutzt wird. Sprich, am Anfang lockt man mit einer billigen Leasingrate und am Ende des Vertrages geht man mit der Lupe ums Auto und sucht Schäden. Dagegen wollen wir vorgehen.

_ Apropos Faire Fahrzeugbewertung. Hierzu haben Sie ja auch eine ###persönliche Beziehung und Vergangenheit.

W. Reinhold: Da bin ich auch stolz drauf, dass die Faire Fahrzeugbewertung aus meiner Feder vor 25 Jahren entstanden ist, als ich noch Landesgeschäftsführer der Leaseplan Deutschland war.

_ Die Idee ist also, den hier bekannten Schadenkatalog einfach europaweit auszuweiten und danach Schäden festzulegen?

W. Reinhold: Was wir nicht wollen, ist, Preise für Schäden festzulegen. Das funktioniert allein aufgrund der sehr unterschiedlichen Stundenverrechnungssätze in den europäischen Werkstätten nicht. Vielmehr geht es darum, einen für alle Seiten fairen und transparenten Prozess zu entwickeln. Konkret, Schadenmuster aufzuzeigen, so dass es egal ist, ob ich das Auto in Portugal oder Estland bewerten lasse, ein Schaden ist stets als Schaden definiert und eben weder Gebrauchsspur noch normaler Verschleiß.

_ Die Definition von Schäden ist das eine, aber wie kann man den europäischen Händlern vor Ort helfen, dies richtig umzusetzen?

W. Reinhold: Der Handel erhält vorab von uns die Informationen über den Grundzustand des Fahrzeuges nach Bewertungsklassen von eins, sehr guter Zustand, bis fünf, sehr schlechter Zustand. Die Gutachten werden dann von europaweit agierenden Partnern wie Dekra, SGS, Macadam oder dem TÜV sowie anderen Anbietern nach gleichen Standards durchgeführt. Da auch die Ersatzteile in Europa nicht mehr als fünf bis zehn Prozent im Preis variieren, kann man unter Berücksichtigung der landestypischen Stundenverrechnungssätze sehr gute Wertprognosen erstellen.

_ Wie weit sind Sie schon vorangekommen?

W. Reinhold: Schon recht weit. Was noch fehlt, wäre ein europaweites Zertifikat oder ein Stempel, der besagt, dass es eine faire und transparente Fahrzeugbewertung ist. Das würde den Käufern und Verkäufern weiterhelfen.

_ Nun sind mitunter die Interessen bei den Mitgliedern, was die konkreten Preise für ein Fahrzeug betrifft, nicht immer identisch. Man denke allein an die Konstellation Hersteller und Vermieter.

W. Reinhold: Die Schadenkataloge der großen Leasinggeber und Auktionshäuser sind fast deckungsgleich. Der faire Umgang miteinander ist, wenn auch die geschäftlichen Interessen in manchen Fällen vielleicht gegenläufig sind, die Herausforderung. In der Preisgestaltung, wie Schäden beziffert werden, herrscht natürlich weiterhin Wettbewerb. Nur sollen eben gleiche Spielregeln beim Feststellen und Qualifizieren der Schäden gelten. Deshalb müssen alle Mitglieder nachweisen, welche Bewertungsgrundlage sie verwenden und welche Stundenverrechnungssätze sie ansetzen. Da ziehen auch alle mit.

_ Nun zählt beispielsweise PS-Team zu den jüngeren Mitgliedern. Sind sie bei Cara noch auf Mitgliedersuche?

W. Reinhold: Unbedingt. Im Leasingbereich sind wir schon sehr gut organisiert, aber den einen oder anderen deutschen Hersteller könnten wir uns noch ganz gut vorstellen. Momentan haben wir 26 Mitglieder, bei 40 bis 50 hätten wir dann eine einhundertprozentige Marktabdeckung. Einen weiteren Punkt wollen wir in diesem Jahr aber auch noch voranbringen. Das sind die Import-Export-Regularien zwischen den einzelnen Ländern in Europa. Dazu haben wir 40 Zielländer definiert, die, wie die Schweiz oder Serbien, zum Teil nicht in der EU sind. Wir schauen auf diese Gebrauchtwagenmärkte und wollen künftig das Zu- und Ausführen von Fahrzeugen vereinfachen.

_ Ein internationaler Fuhrpark gehört aber nicht zur Cara-Familie?

W. Reinhold: Nein. Das liegt vor allem daran, dass die wirklich Großen, die europaweit ihre Flottenfahrzeuge haben, das Thema Vermarktung fast immer auslagern und dies entweder über den Vermarkter oder über den Leasinggeber laufen lassen.

_ Wie sehen denn die Gebrauchtwagenpreise in Europa aus?

W. Reinhold: Da tickt im Grunde jeder Markt anders. Spanische Autos sind zum Beispiel oft deutlich stärker gebraucht als portugiesische. Das hat immer noch viel mit der Einstellung zum Auto in den einzelnen Ländern zu tun. In Osteuropa gehen zum Beispiel sowohl Premiummarken als auch Dauerläufer sehr gut. In Deutschland ist das mittlerweile auch wieder so, gerade was Fahrzeuge mit mehr als 100.000 Kilometern auf dem Tacho betrifft. Generell kann man feststellen, dass der Gebrauchtfahrzeugmarkt in Europa schon enger zusammengewachsen ist als der Neuwagenmarkt.

_ Herr Reinhold, vielen Dank für das Gespräch!

Interview: rs

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