Warum haben einige E-Autos größere Innenraumfilter als Verbrenner?
T. Rafalzik: Das hat meines Erachtens zwei Gründe. Zunächst bieten Elektroautos im vorderen Teil mehr Platz, wenn die Motoren in den Achsen untergebracht sind - so wie etwa beim Model Y von Tesla, das mit einem Front-Kofferraum (Frunk) ausgestattet ist. Man kann diesen Platz nutzen, um größere Filter unterbringen, was auch Vorteile bei der Umsetzung bringt. Der Filterwechsel ist außerdem rund um den Faktor zehn teurer als bei herkömmlichen Verbrennern, was wiederum den Servicebetrieben gute Umsätze beschert.
Bietet der Einsatz solcher Filter gesundheitliche Vorteile für die Insassen?
T. Rafalzik: Sicher, denn die sogenannten HEPA-Filter gehören zu den momentan leistungsfähigsten Filtern auf dem Markt. Das ist ein Quantensprung. Tesla war hier Vorreiter und hat solche Filter bereits im Model X, S und nun im Model Y verbaut. Man will sich ein Stück weit von den Verbrennerfahrzeugen abgrenzen. Die HEPA-Filter können sämtliche Schadstoffe bis hin zum kleinsten Partikel ab 0,1 Mikrometer Größe zu 99,9 Prozent filtern. Darunter fallen dann Feinstaub vom Bremsenabrieb und von Reifen oder aus dem Abgas von Verbrennungsmotoren.
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Es lassen sich damit sogar Viren auffangen. Zusätzliche Aktivkohlefilter können Stickoxide, Schwefelverbindungen oder Ammoniak abscheiden und alle Arten von Gerüchen eliminieren. Somit wird der Innenraum des Autos zum Reinraum.
Nutzen die anderen Autohersteller diese Technologie auch?
T. Rafalzik: Ja, allerdings momentan eher im hochpreisigen Segment. HEPA-Filter kommen auch bei mehreren Elektroauto-Modellen von Mercedes-Benz wie dem EQE und EQS zum Einsatz. Die verbauten HEPA-Filter dort sind so groß wie ein kleiner Flachbildschirm. Auch bei Volkswagen setzt man auf gute Filter, wenn auch nicht auf solche, die HEPA-Standards erreichen. Die im ID.3 verbauten Filter können immerhin nahezu 100 Prozent der Partikel bis 2,5 Mikrometer Größe und darunter herausfiltern. Spannend ist jedoch die Frage, ob sich die riesigen HEPA-Filter durchsetzen werden. BMW geht im iX einen anderen Weg beim Filtermedium und möchte mit Nanomedien den Bauraum eher klein halten, gleichzeitig aber sehr gute Filterergebnisse erreichen.
Warum kommen HEPA-Filter nicht in Verbrennern zum Einsatz?
T. Rafalzik: In Verbrennern ist zu wenig Platz vorhanden. Denn ein HEPA-Filter funktioniert nur bei entsprechender Größe gut. Man könnte das zwar auch durch mehr Druck, also stärkere Gebläse, realisieren. Hier sind dem Ganzen aber Grenzen gesetzt. Wichtig ist eine große Fläche mit viel Filtervolumen und dadurch eine geringere Strömungsgeschwindigkeit. Das ist der Grund, warum Tesla im Model 3 auf den HEPA-Filter verzichtet. Der passt nicht in den Frunk.
Wie genau ist die Funktionsweise des HEPA-Filters?
T. Rafalzik: Bei einem HEPA-Filter wird das Filtermaterial im sogenannten Melt-Blowing-Verfahren hergestellt. Dabei werden Kunststofffasern versprüht, was ein wenig an Zuckerwatte erinnert. Dabei entsteht ein Fasergeflecht aus Kunstfasern, das sehr eng ist. Der Filter arbeitet nach unterschiedlichen Prinzipien, die teilweise auch in konventionellen Filtern zum Einsatz kommen. HEPA-Filter können jedoch besonders kleine Teile auffangen, denn diese bewegen sich im Zickzack-Kurs. Hier kommt der Diffusionseffekt des HEPA-Filters zum Tragen. Durch die niedrige Luftgeschwindigkeit und große Filterfläche halten sich Partikel länger im Medium auf und werden irgendwann eingefangen.
Will Meyle mehr E-Auto-Filter bauen?
T. Rafalzik: Ja, das ist unser Ziel. Wir wollen dieses Feld abdecken, denn Filter sind Serviceteile, die der Kunde regelmäßig wechseln muss. Wir haben bereits 24 verschiedene Meyle-PD-Filter für Elektroautos und 30 für Hybridfahrzeuge auf den Markt gebracht. Demnächst sind bei Meyle die genannten HEPA-Ersatzfilter für die Tesla- und Mercedes-Benz-Modelle auf dem Aftermarket erhältlich. Als Nächstes kommt der Innenraumfilter als Meyle-PD-Version für den ID.3 auf den Markt. Ich glaube, das Potenzial ist riesig, zumal viele chinesische Hersteller von E-Autos auf den deutschen Markt drängen. Einen weiteren Markt sehe ich in Zukunft auf dem Gebiet der zeitwertgerechten Reparatur.
Was heißt das für den Aftermarket?
T. Rafalzik: Dafür machen wir ein Re-Engineering, das heißt, wir konstruieren die Filter von der Pike auf neu. Der Originalfilter wird eingescannt und nachgebaut. Wir schauen uns dabei an, wie der Druckverlust des Filters bei bestimmten Volumenströmen ist, wie die Abscheiderate von Partikeln ausfällt und welche Kapazität der Filter hat. Die Messmethoden sind hier standardisiert. Dann wählen wir ein Filtermedium aus, was dem Original am nächsten kommt oder sogar bessere Leistungen erbringt. Hier hat man auch Spielräume und kann mit relativ wenigen Materialien viel abdecken. Es lässt sich auch die Oberfläche des Filters vergrößern, wenn das in den Formfaktor passt.
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