Trotz geplanter Nachbesserungen bei der Abgasreinigung von Diesel-Autos hält Bundesumweltministerin Barbara Hendricks Fahrverbote weiter für möglich. Wenn die Grenzwerte für Stickoxide weiter überschritten würden, würden sie notwendig - auch wenn sie das letzte Mittel seien, sagte die SPD-Politikerin am Donnerstag vor einem Besuch beim Volkswagen-Stammwerk in Wolfsburg. In einem ersten Schritt werde die Politik den Automobilkonzernen nur aufgeben können, die Software der Autos zu verbessern. Damit könne man "nur Teilverbesserungen erreichen - und damit kann man nicht ausschließen, dass es trotzdem zu Fahrverboten kommen kann."
Hendricks hat gemeinsam mit Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) die Autohersteller und die Politik für den 2. August zu einem Diesel-Gipfel geladen, auf dem es um Nachbesserungen gehen soll. Dort werde es neben Software-Updates auch um die "Formulierung von Anforderungen für den zweiten Schritt" gehen, sagte sie, also Nachrüstungen am Motor. Ihr im Frühjahr formuliertes Ziel, den Stickoxid-Ausstoß der Diesel-Flotten insgesamt um mindestens die Hälfte zu senken, sei weiter "anzustreben".
Der Verdacht illegaler Kartellabsprachen stehe weiterhin nicht auf der Agenda dieses Treffens, sagte Hendricks. Sie würden aber "die Atmosphäre der Debatte" prägen. Bei VW-Konzernchef Müller wolle sie an diesem Donnerstag "den ganzen Vorgang ansprechen".
Signale anderer Länder ernst nehmen
Vorstöße zum Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor wie in Frankreich oder Großbritannien sollten Deutschland nach Meinung der Bundesumweltministerin nicht kalt lassen. Es sei mittlerweile unstrittig, dass die Entwicklung in Richtung abgasfreier Verkehr gehen müsse, sagte Hendricks. "Dabei sind wir nicht nur aus klima- und gesundheitspolitischen Gründen gut beraten, die Signale aus anderen Ländern sehr ernst zu nehmen." Schließlich seien diese Länder wichtige Absatzmärkte für deutsche Autobauer.
Großbritannien hatte am Mittwoch angekündigt, den Verkauf von Dieseln und Benzinern ab 2040 zu stoppen. In einer früheren Version ihres Klimaschutzplans hatte Hendricks selbst abgasfreie Neuwagen ab 2030 angepeilt. "Wir brauchen endlich eine breite Palette an attraktiven und günstigen Fahrzeugen mit alternativen Antrieben", sagte sie nun. Hendricks wollte zum Auftakt ihrer Sommerreise in Wolfsburg unter anderem VW-Konzernchef Matthias Müller treffen und mit ihm auch über Elektromobilität sprechen. (dpa)