Grenzenloses Leasing
Nicht nur die Firmen, auch die Fuhrparks werden immer internationaler. Unternehmen, die für die Fuhrparks ihrer Auslandstöchter auch außerhalb Deutschlands Fahrzeuge beschaffen, schließen mit einer Leasinggesellschaft häufig Cross-Border-Verträge ab. Doch was hat es mit diesen grenzüberschreitenden Verträgen auf sich? Und worauf ist dabei zu achten? Ein Einblick in eine steuerrechtlich komplizierte Materie.
Cross-Border-Leasing – nicht zu verwechseln mit dem US-Lease – liegt vor, wenn Leasingnehmer und Leasinggesellschaft ihren Sitz in unterschiedlichen Ländern haben. In der Regel wird Cross-Border-Leasing durchgeführt, um eine unterschiedliche Gesetzgebung in zwei Ländern zu nutzen und dadurch Steuern zu sparen oder zu vermeiden. Das Cross-Border-Leasing ermöglicht es daher insbesondere Unternehmen mit Auslandstöchtern, Geld zu sparen und Kosten zu senken.
Cross-Border-Leasing ist als spezielle Form des Leasings eine strukturierte Finanzierung, das heißt, es handelt sich meist um verschiedene Verträge (Rahmenverträge nebst diverser Einzelverträge), die innerhalb eines Gesamtgefüges zusammen abgeschlossen werden und nur als Ganzes verständlich sind.
Eigentumsfrage unterschiedlich
In vielen Ländern regeln steuerrechtliche Vorschriften, wem der Leasinggegenstand, also das Fahrzeug, zuzurechnen ist. Von dieser Zurechnung hängt ab, ob der geleaste Gegenstand in der Bilanz aktiviert werden und dann durch Wertminderung beziehungsweise Abschreibungen den Gewinn mindern kann. Durch diese Regelung kommt es mitunter zu unterschiedlichem „Eigentum“ nach Steuer- und Zivilrecht. Daher kann eine Sache je nach konkretem Sachverhalt der Leasinggesellschaft oder aber auch dem Leasingnehmer zugerechnet werden.
In Deutschland beurteilt sich beim Finanzierungsleasing von Fahrzeugen die Zurechnung auf der Grundlage von zwei Schreiben des Bundesfinanzministeriums (abgekürzt: BMF), die zwischen dem Teilamortisationsleasing und dem Vollamortisationsleasing unterscheiden und die allgemein als Leasingerlasse bekannt sind. Es handelt sich hierbei um die:
BMF-Schreiben vom 19. April 1971 zur ertragsteuerlichen Behandlung von Leasing-Verträgen über bewegliche Wirtschaftsgüter (Mobilien-Leasing-Erlass, IV b/2 – S 2170- 31/71), sowie
BMF-Schreiben vom 22. Dezember 1975 zur steuerrechtlichen Zurechnung des Leasing-Gegenstandes beim Leasinggeber (Teilamortisations-Erlass, IV B 2 – S 2170 – 161/75).
Nach diesen beiden Leasingerlassen ist für die Zurechnung Folgendes relevant:
1. Vereinbarung einer festen Vertragslaufzeit;
2. Ausschluss des vertraglichen Kündigungsrechtes und
3. Deckung mindestens der Anschaffungskosten der Leasinggesellschaft durch die Leasingraten während der Vertragslaufzeit.
In vielen Ländern regelt sich die Zurechnung nach ähnlichen Kriterien, allerdings mit abweichenden Verhältnissen. In Deutschland ist nach den Leasingerlassen das entscheidende Kriterium für die steuerliche Zurechnung des Leasingfahrzeugs die Länge der jeweiligen Vertragslaufzeit: Beträgt sie zwischen 40 und 90 Prozent der nach AfA zu berechnenden betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von Fahrzeugen, wird das Fahrzeug dem Leasinggeber zugerechnet. Je nach Ausgestaltung der Leasingverträge oder Leasingrahmenverträge – dies betrifft unter anderem auch mögliche Gestaltungsvarianten zur vorzeitigen Vertragslauflösung – kann das Fahrzeug aber unter Umständen auch dem Leasingnehmer zugerechnet werden, selbst wenn sich die Vertragslaufzeit im Rahmen des Leasingerlasses vom 19. April 1997 hält. In anderen Ländern kann dies anders geregelt sein.
Zwei steuerliche Eigentümer: Beide schreiben Leasingobjekt ab
Durch die unterschiedlichen steuerlichen Regelungen der Länder kommt es zur Fiktion zweier steuerlicher „Eigentümer“ ein und desselben Leasingfahrzeugs, die nunmehr beide – jeweils nach den Gesetzen ihres Heimatlandes – gleichzeitig dasselbe Objekt steuerlich abschreiben. Sowohl Leasingnehmer als auch Leasinggesellschaft können also bei dieser Konstruktion das Leasingfahrzeug steuerlich abschreiben und erzeugen hierdurch steuerlich abziehbaren Aufwand. Es handelt sich also in vielen Fällen beim Cross-Border-Leasing um ein reines Modell der Steuerersparnis.
Vor diesem Hintergrund bieten einige (große) Leasinggesellschaften mittlerweile speziell auf die Bedürfnisse von Kunden mit Auslandstöchtern abgestimmte einfache Komplettlösungen mit europaweitem Service an, ohne dass hierbei zusätzlicher Bürokratieaufwand anfällt.
Dabei nutzen die Leasinggesellschaften, die diese Komplettlösungen anbieten, die Unterschiede insbesondere bei den europäischen Mehrwertsteuerregelungen konsequent aus. Hierdurch sind für die Leasingnehmer erhebliche Kosteneinsparungen möglich.
Leasinggesellschaftals Zwischenhändler
Der „Trick“ funktioniert in Europa überall dort, wo Unternehmer die Mehrwertsteuer – anders als in Deutschland – nicht oder nur teilweise als Betriebsausgabe absetzen können. Das gilt etwa für Frankreich, Italien oder die Niederlande. In dem sogenannten Cross-Border-Leasing tritt die Leasinggesellschaft als Zwischenhändler auf. Dieser bestellt dann etwa für die französische Tochter Fahrzeuge bei einem französischen Kfz-Händler, begleicht die Rechnung und holt sich die Mehrwertsteuer beim jeweiligen Finanzamt zurück. Das deutsche Mutterhaus schließt sodann normale Restwert-Leasingverträge ab.
In den Leasingraten ist die hiesige Mehrwertsteuer enthalten. Und die holt sich der Leasingnehmer dann wiederum vom Finanzamt zurück. Unterm Strich sind die Raten also mehrwertsteuerfrei.
Bei der vertraglichen Gestaltung von Cross-Border-Leasing gilt es zu beachten, dass Sie genau definieren, 1. welches Gericht im Streitfall zuständig sein und 2. welches Recht zur Anwendung kommen soll. Oft erlebt man nämlich ansonsten spätestens an diesem Punkt eine „böse Überraschung“, wenn nämlich das zuständige Gericht in einem ganz anderen europäischen Land sitzt als der Leasingnehmer selbst oder eine Rechtsordnung zur Anwendung kommt, mit der man nicht firm ist.
Was in diesem Zusammenhang in der Praxis auch immer wieder zu erheblichen Problemen führt, ist die Vollstreckungspraxis, da diese in den einzelnen europäischen Ländern differiert und eine Auslandsvollstreckung immer mit einem erheblichen Zeitaufwand verbunden ist. Relevant ist dieser Punkt in der Regel aber meist nur für die Leasinggesellschaften.
Anna Gatzweiler
Checkliste
Prüfen Sie genau, ob die Nutzung einer unterschiedlichen (Steuer-)Gesetzgebung in zwei Ländern in Ihrem Unternehmen Sinn macht.
Lassen Sie Ihren Steuerberater die steuerlich für Sie günstigste Variante durchrechnen.
Achten Sie bei der Vertragsgestaltung auch auf die Vereinbarung der Rechts- und Gerichtsstandswahl.
Anna Gatzweiler ist Rechtsanwältin in der Frankfurter Wirtschaftskanzlei AC · Tischendorf Faust ε Partner. Zu ihren Mandanten zählen mittelständische und international tätige Unternehmen der Miet- und Leasingbranche ebenso wie Unternehmen mit eigenem Fuhrpark, die sie insbesondere in leasingrechtlichen und prozessualen Fragen berät.
- Ausgabe 10/2009 Seite 74 (354.9 KB, PDF)