Google hat erstmals eingeräumt, dass in seinen selbstfahrenden Autos die Menschen am Steuer gelegentlich eingreifen müssen, um Unfälle zu verhindern. Seit Herbst 2014 hätte es sonst in 13 Fällen wahrscheinlich Kollisionen gegeben, erklärte Google in einem Bericht an die kalifornische Straßenverkehrsbehörde.
Drei Mal davon sei allerdings das Verhalten anderer Fahrer der Auslöser gewesen und in zwei Situationen wären nur Verkehrshütchen umgefahren worden, schränkte Chefentwickler Chris Urmson in einem Blogeintrag in der Nacht zum Mittwoch ein. Zudem würden solche Zwischenfälle seltener: Auf die letzten drei Monate 2014 entfielen acht von ihnen und von Januar bis Ende November vergangenen Jahres gab es nur fünf. Google errechnet den möglichen Ausgang in Computer-Simulationen auf Basis der erfassten Daten.
Google hob bisher stets hervor, dass die selbstfahrenden Autos sehr umsichtig unterwegs seien und es nur eine Handvoll kleiner Unfälle gab, bei denen unvorsichtige Fahrer auf sie aufgefahren seien. Der Bericht liefert erstmals Zahlen zu Problemen der Software. Zugleich steht Google im Vergleich zu ebenfalls veröffentlichten Angaben zur Unterbrechung des autonomen Betriebs bei Testfahrten von Autokonzernen und Zulieferern drastisch besser da.
Google-Mitarbeiter übernahmen in insgesamt 69 Fällen von sich aus die Kontrolle über das Auto, weil sie es in der Verkehrssituation für angebracht hielten oder ein Versagen der Technik befürchteten. Nach der Computer-Simulation wäre jedoch 56 Mal davon wahrscheinlich alles glimpflich ausgegangen.
Software agiert eher übervorsichtig
In 272 Fällen habe die Software selbst Probleme festgestellt und die Steuerung an die Menschen übergeben. Deren Reaktionszeit habe dabei im Schnitt 0,84 Sekunden betragen - mit einer Spanne von 0,2 bis 2,2 Sekunden. Die Software sei darauf programmiert, eher übervorsichtig zu agieren, wenn es Probleme in der Verbindung zwischen einzelnen Systemen oder ungewöhnliche Sensor-Daten gebe, erklärte Google. Die Anlage führe Tausende Selbst-Tests pro Sekunde durch.
Insgesamt hätten die Menschen 341 Mal die Kontrolle über das Auto übernehmen müssen, 304 Mal davon in der Stadt. Dies sei eine komplexe Umgebung mit mehrspurigen Kreuzungen und vielen Verkehrsteilnehmern mit zum Teil unvorhersehbarem Verhalten, inklusive Fußgänger und Radfahrer, betonte Google.
Die Roboterwagen seien in den 15 Monaten bis Ende November 2015 knapp 693.000 Kilometer autonom gefahren, teilte Google weiter mit. Der Bericht listet insgesamt 73 Fahrzeuge auf, von denen bis dahin 44 autonom unterwegs gewesen seien.
Autobranche sieht alt aus
Die Straßenverkehrsbehörde veröffentlichte auch Berichte anderer Unternehmen, die Google überlegen aussehen lassen. Der Autozulieferer Bosch kam in einem ähnlichen Zeitraum auf 625 Abschaltungen der Software bei gut 1.500 autonom gefahrenen Kilometern mit zwei Autos. Beim US-Konkurrenten Delphi waren es 405 Abschaltungen auf 26.800 Kilometern mit ebenfalls zwei Fahrzeugen. Volkswagen schnitt etwas besser ab mit 260 Unterbrechungen auf gut 24.000 Kilometern, die Umschaltzeit erreichte dem Bericht zufolge zum Teil 15 Sekunden. Nissan kam bei 2.390 Kilometern auf 106 Abschaltungen. Bei Mercedes übernahmen die Mitarbeiter 1.028 Mal die Kontrolle auf knapp 2.800 Kilometern.
Google arbeitet seit 2009 aktiv an der Software zum autonomen Fahren und brachte im vergangenen Jahr Prototypen selbstfahrender Autos aus eigener Entwicklung auf die Straße. Die Vision des Konzerns ist, bei den kleinen elektrischen Zweisitzern ganz auf Steuerelemente wie Lenkrad oder Pedale zu verzichten und die Kontrolle ganz dem Computer zu überlassen. Ein aktueller Entwurf der kalifornischen Verkehrsbehörde für künftige Regeln ließe das nicht zu.
Seine jährliche Entwicklerkonferenz Google I/O trägt der Konzern in diesem Jahr an einem neuen Ort aus, der auch Platz für die Demonstration selbstfahrender Autos bieten würde. Als Austragungsort vom 18. bis 20. Mai wurde das Shoreline Amphitheatre bekanntgegeben, ein Freiluftgelände in der Google-Heimatstadt Mountain View. Dort könnte Google auch seine Lieferdrohnen oder Ballons mit Antennen zur Internet-Versorgung vorführen. (dpa)