Frisch aus Spanien: der flottere Golf
Jugendlich sportlich | Der Seat Leon basiert auf der gleichen Plattform wie der VW Golf. Trotzdem sind der Spanier und der Wolfsburger grundverschiedene Autos. Wir klären, warum der Leon anders ist.
— Mit schicker Blech-Konfektion, beinahe schon ein bisschen extrovertiert, kommt der neue Seat Leon daher. Kein Wunder: Der belgische Automobildesigner Luc Donckerwolke hat Hand an den Leon gelegt. Donckerwolke war vorher für die Form der scharfkantigen Supersportwagen von Lamborghini zuständig.
Fällt mehr auf | Der neue Leon teilt sich viele technische Komponenten mit dem VW Golf und dem Audi A3 – schließlich basieren alle drei Fahrzeuge auf dem MQB (modularen Querbaukasten) des VW-Konzerns. Optisch ist der Leon deutlich auffälliger und sportlicher gezeichnet als der „Bloß-nichts-falsch-machen“-Golf.
Und: Der Leon ist der erste Kompaktwagen, für den es gegen Aufpreis (1.000 Euro) Voll-LED-Scheinwerfer gibt – Xenonlicht wird langsam ein Fall für den Gebrauchtwagenmarkt. Die neue S-Klasse von Mercedes wird beispielsweise nur noch mit LED-Scheinwerfern ausgerüstet. Vorteil Seat: Für den neuen Audi A3 wird es die ausschließlich mit LEDs betriebenen Frontscheinwerfer erst ab Februar 2013 geben.
Auch innen sportlich | Auch vor dem Innenraum des Leon macht die sportliche Attitüde nicht halt: Die bequemen Sitze gefallen mit ausgeprägtem Seitenhalt, das Armaturenbrett ist klar gestaltet und an der Verarbeitungsqualität gibt es nichts zu meckern. Der Blick in den kantigen Außenspiegel macht Spaß. Durch das Umklappen der Rückbank wächst der Kofferraum von 380 auf 1.210 Liter – während der Minimalwert mit dem des Golf übereinstimmt, kann der Wolfsburger beim Maximalwert mit einem Raumplus von 60 Litern gegenüber dem Leon punkten. Eine Teilbarkeit der Rückbank im Verhältnis 60 zu 40 gibt es erst ab der zweithöchsten Ausstattung „Reference“.
In der Basis mager | In der Grundausstattung „Leon“ gehören elektrische Fensterheber vorn zum Serienumfang, die Sonderausstattungen sind bei der Basislinie stark eingeschränkt. So gibt es eine Klimaanlage (Serie), einen Tempomaten (168 Euro), eine Freisprechanlage (113 Euro) und ein Navi (546 Euro) wiederum erst ab Reference. Die für den Golf verfügbaren Assistenten wie der Fernlicht-Assistent, der Spurhalte-Assistent, der Müdigkeits-Warner und das Verkehrsschild-Erkennungssystem sind auch im Leon verfügbar.
Business-Pakete | Mit Business-Paketen für die Ausstattungen Reference (565 oder in der Navi-Version 847 Euro) und Style (565 oder in der Navi-Version 953 Euro) lässt sich das Leben des Vielfahrers deutlich angenehmer gestalten. Zudem ist eine Ersparnis zwischen 233 und 448 Euro drin. Enthalten sind bei Reference Komfortextras wie ein Multimediasystem mit Freisprechanlage, ein Multifunktionslenkrad, ein Tempomat, eine Lendenwirbelstütze, Einparksensoren hinten, eine Mittelarmlehne mit Ablagebox, Becherhalter und Luftausströmer hinten.
Im Style gibt es per Paket einen Regen- und einen Lichtsensor, einen automatisch abblendenden Innenspiegel, eine Sitzheizung vorne, beheizbare Scheibenwaschdüsen, eine Scheinwerfer-Reinigungsanlage und wieder die Ultraschallsensoren hinten zum gefahrlosen Einparken. Das jeweils teurere Paket beinhaltet noch ein Navi.
Sportlich komfortabel | Auch bei der Abstimmung des Fahrwerks hat sich Seat vom Dynamikgedanken leiten lassen: Schön straff liegt der Spanier auf der Straße. Das Überraschende: Selbst üppig dimensionierte Schlaglöcher werden dennoch komfortabel überrollt. Auch die Bremsen passen mit ihrer bissigen Art ins Athletik-Bild. Nur die elektromechanische Servolenkung gibt sich ein wenig weich. Ein adaptives Fahrwerk ist für den Leon nicht verfügbar und die Fahrmodi-Einstellungen Eco, Comfort, Sport und Individual, die den Lenkwiderstand, die Gasannahme und beim DSG die Schaltkennlinie beeinflussen, sind bei der höchsten Ausstattung FR Serie und sonst nicht zu haben.
Unterschied zum Golf: Während beim Wolfsburger die Multilenker-Hinterachse bereits bei den Modellen mit 120 PS Leistung verbaut wird, gibt es diese Achse beim Leon erst ab 150 PS. Den Unterschied zwischen der einfachen Verbundlenker- und der schwereren Mehrlenkerkonstruktion werden nur geübte Fahrer bei recht zügiger Kurvenfahrt spüren.
Knurriger Diesel | Unser Testwagen ist mit der 105-PS-Variante des 1,6-Liter-Diesels ausgerüstet. Das Aggregat wurde hörbar weniger geräuschgedämmt als beim Golf: Mit kernigem Knurren gibt das Triebwerk bei jedem Gasstoß akustisch Rückmeldung. Aus dem Stand fährt der Leon locker an und der Motor ist jeder Belastung spielend gewachsen. Allerdings: Das serienmäßige Start-Stopp-System könnte den Wiederstart spontaner ablaufen lassen. Der Verbrauch soll in der Variante mit dem stets sauber schaltenden Siebengang-DSG bei 3,9 Litern pro 100 Kilometer liegen, was zur besten Effizienzklasse A führt. Wer sich übrigens für den neuen 140-PS-TSI-Motor interessiert, sollte wissen, dass die spritsparende, aber aufpreispflichtige Zylinderabschaltung ACT bei Seat erst zu einem nicht näher benannten späteren Zeitpunkt eingeführt wird.
Stadttauglicher 1.2er | Für rein kostengetriebene Kunden könnte der Einstiegsbenziner 1.2 TSI mit 86 PS attraktiv sein. In Sachen Ausstattung ist hier, wie bereits erwähnt, Vorsicht geboten: Ein simples Radio gibt es in der billigsten Ausstattungslinie Leon nicht mal gegen Geld und gute Worte.
Der 86-PS-Motor zeigt sich dagegen deutlich spritziger als erwartet: Im Stadtverkehr hält der dünnste Leon locker mit und eine Anfahrschwäche konnten wir ebenfalls nicht feststellen. Wer allerdings starke Steigungen mutig im zweiten Gang nimmt, wird umgehend bestraft: Dem Triebwerk geht schnell die Puste aus, ein Zurückschalten in Gang Nummer eins ist unerlässlich. Verbrauchsmäßig lohnt sich der kleinste Benziner nicht: Seine 5,2 Liter Durchschnittsdurst schafft auch der erheblich potentere 1.4 TSI mit seinen 140 PS.
Fazit | Durch und durch gelungen: Der neue Seat Leon ist sowohl optisch als auch vom Fahrverhalten her die sportlich-frischere Alternative zum Golf – und das auch noch zu einem attraktiven Preis. Schließlich liegen die 12.933 Euro für den Einstiegsbenziner um 1.332 Euro unter dem günstigsten Golf – bei allerdings bedrückendem Ausstattungsumfang. Die Garantie- und die Serviceintervallzeiten des Leon unterscheiden sich nicht von denen des Konzernbruders aus Wolfsburg. | Gregor Hebermehl
1.2 TSI 12.933 EuroR4/1.197 cm3 | 63 kW/86 PS | 160 Nm/1.400 U/min 5-Gang | 11,9 s | 178 km/h | 5,2 S | 120 g/km
1.2 TSI 15.118 EuroR4/1.197 cm3 | 77 kW/105 PS | 175 Nm/1.400 U/min 6-Gang | 10,1 s | 191 km/h | 4,9 S | 114 g/km
1.4 TSI 17.034 EuroR4/1.395 cm3 | 90 kW/122 PS | 200 Nm/1.400 U/min 6-Gang | 9,3 s | 202 km/h | 5,2 S | 120 g/km
1.4 TSI 17.639 EuroR4/1.395 cm3 | 103 kW/140 PS | 250 Nm/1.500 U/min 6-Gang | 8,2 s | 211 km/h | 5,2 S | 119 g/km
1.8 TSI 20.328 EuroR4/1.798 cm3 | 132 kW/180 PS | 250 Nm/1.500 U/min 6-Gang | 7,5 s | 226 km/h | 6,0 S | 139 g/km
1.6 TDI 15.420 EuroR4/1.598 cm3 | 66 kW/90 PS | 230 Nm/1.400 U/min 6-Gang | 12,6 s | 178 km/h | 4,1 D | 108 g/km
1.6 TDI 17.471 EuroR4/1.598 cm3 | 77 kW/105 PS | 250 Nm/1.500 U/min 6-Gang | 10,7 s | 192 km/h | 3,8 D | 99 g/km
2.0 TDI 20.328 EuroR4/1.968 cm3 | 110 kW/150 PS | 320 Nm/1.750 U/min 6-Gang | 8,4 s | 215 km/h | 4,1 D | 106 g/km
2.0 TDI 22.782 EuroR4/1.968 cm3 | 135 kW/184 PS | 380 Nm/1.750 U/min 6-Gang | 7,5 s | 229 km/h | 4,3 D | 112 g/km
4.263 x 1.784 x 1.459 mm | 380–1.210 Liter
Wartung: alle zwei Jahre oder alle 30.000 km
Ausstattung: Leon | Reference | Style | FR
- Ausgabe 12/2012 Seite 30 (429.7 KB, PDF)