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Eckart von Hirschhausen: Drei Fragen an den Schirmherren "Gesunde Erde - Gesunde Menschen"

20.07.2022 10:00 Uhr | Lesezeit: 6 min
Eckart von Hirschhausen: Drei Fragen an den Schirmherren "Gesunde Erde - Gesunde Menschen"
Prof. Dr. Eckart von Hirschhausen ist Arzt und Wissenschaftsjournalist.
© Foto: Krankenhausgesellschaft NRW, Dominik Butzmann, KLIK green, Klinik Bavaria Bad Kissing, Ökumenisches Hainich Klinikum

Prof. Dr. Eckart von Hirschhausen ist Arzt, Wissenschaftsjournalist und Gründer der Stiftung "Gesunde Erde - Gesunde Menschen", die Zusammenhänge von Klimawandel, Umwelt und Gesundheit anschaulich machen will.

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KLIK green will Krankenhäuser, Pflege- und Reha-Einrichtungen nachhaltiger machen. Besteht hier Nachholbedarf?

Eckart von Hirschhausen: Und wie! Die Klimakrise ist die größte Gesundheitsgefahr im 21. Jahrhundert. Die Krankenhäuser und generell alle Gesundheitseinrichtungen müssen sich einerseits auf neue Patientengruppen, Infektionskrankheiten und Allergien vorbereiten. Andererseits kann der Gesundheitssektor an vielen Stellen seinen eigenen Fußabdruck verkleinern.

Wir denken ja oft bei Arbeitsplätzen an die Automobilindustrie. Dabei ist der größte Arbeitgeber im Land der Gesundheitsbereich. Das ist eine enorme "Industrie", auf deren Konto rund fünf Prozent der in Deutschland verursachten Emissionen gehen. Ein einzelnes Krankenhausbett erzeugt unterm Strich so viele Emissionen wie ein Einfamilienhaus. Das liegt nicht am Bett, sondern an all den Dingen, die drumherum verwendet und oft auch verschwendet werden: viel Plastikmüll, viele Einweggegenstände, viel, was erhitzt, gekühlt und transportiert wird. Das spielte bisher kaum eine Rolle. Dabei gilt: Klimaschutz ist Gesundheitsschutz! Deshalb unterstütze ich die Initiative KLIK green als Schirmherr.

Inwiefern kann der Spagat gelingen zwischen den hohen Hygieneanforderungen im Gesundheitsbereich und der Dringlichkeit, Emissionen und Abfall zu reduzieren?

E. von Hirschhausen: Das Thema Abfallmanagement ist für Krankenhäuser eine echte Herausforderung. Einerseits soll Müll - toxischer Abfall, Plastik - reduziert werden, andererseits sollte der ganze Müll möglichst recycelt oder kompostiert werden. Das ist eine Gratwanderung zwischen Umweltfreundlichkeit und Hygieneanforderungen. Wobei die für die Patientinnen und Patienten gefährlichsten Keime die sind, die an den Mitarbeitern kleben, nicht die vom Boden. Und leider gibt es generell durch das Fallpauschalensystem einen Fehlanreiz, zu viel zu operieren, zu röntgen und Katheter zu schieben. Die nachhaltigste Operation ist ja immer die, die nicht gemacht wird, weil sie nicht gebraucht wird.

In einem Green Hospital geht es auch um eine nachhaltige Ausrichtung aller Prozesse. Dazu zählt auch die Logistik. Optimierte Bestellrhythmen und Lieferfrequenzen, die Vermeidung von unnötigen Transporten usw., dadurch kann Material gespart, können Abfälle vermieden und CO2-Emmissionen gesenkt werden. Für viele Bereiche gibt es mittlerweile kluge Lösungsansätze. Mehr und mehr Fachverbände positionieren sich. Sehr weit vorne ist eine Gruppe von Narkoseärztinnen und -ärzten, die darauf drängen, besonders klimaschädliche Substanzen wie Desfluran aus dem OP zu verbannen.

Einen großen Hebel hat auch die Küche. Warum gibt es überall noch Billigfleisch? Allein durch eine pflanzenbasierte Ernährung ließen sich 150.000 Todesfälle in Deutschland jedes Jahr verhindern. Sollten da nicht die Krankenhäuser Vorreiter sein - für Patienten und Mitarbeiter? Es wird unfassbar viel Essen auch weggeschmissen. Also Potential gibt es überall! Und dafür braucht es klare politische Vorgaben, und mit einem vernünftigen CO2-Preis würde auch der letzte Verwaltungsdirektor kapieren: Erneuerbare Energien sind gesünder und günstiger für alle!

Inwiefern kann im Gesundheitsbereich bei der Mobilität der Mitarbeiter ein Wandel stattfinden?

E. von Hirschhausen: Wie viele Chefärztinnen und Chefärzte haben ein Dienst-E-Bike? Und wie viele Pflegefachkräfte? Wir brauchen Anreize für die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs oder ausreichend Stellplätze für Fahrräder, Ladepunkte für Elektroautos und -räder usw. Wenn Sie einmal in Kopenhagen unterwegs waren, wissen Sie auch, welche Rolle gute und sichere Wege spielen. Oder in den Niederlanden, wo es große Rad-Parkhäuser gibt mit Duschen und Reparaturservice. All das ist längst Realität, nur nicht bei uns, einem angeblich so fortschrittlichen 'Vorreiter'. Man muss das Rad nicht neu erfinden - aber endlich den gesünderen Weg auch zum einfacheren Weg machen. Auch indem wir mehr über die Co-Benefits reden! Wir sollten endlich klarer betonen, welche gesundheitlichen Vorteile wir selber haben, wenn wir für den Klimaschutz handeln: Rad statt Auto, Zug statt Flugzeug und Gemüse statt Fleisch. Das ist kein Verzicht, sondern ein Gewinn. Wir haben alles zu verlieren an Gesundheit und Wohlstand - und sehr viel zu gewinnen, an Lebensqualität. Wir müssen nicht das Klima retten, sondern uns.

Vielen herzlichen Dank, Herr von Hirschhausen, für das interessante Gespräch.

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KOMMENTARE


Karl Scheck

20.07.2022 - 15:26 Uhr

Ich finde den Beitrag von E.Hirschausen hoch interessant und finde Mann sollte solche Themen mehr in die Öffentlichkeit bringen, damit möglichst viele Menschen begreifen „so darf es nicht weitergehen. Es ändert sich nur etwas, wenn jeder bei sich beginnt! LG Karl Scheck


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