Von Holger Holzer/SP-X
Wo sich potentielle E-Autokäufer um die notorischen Probleme der elektrisch angetriebenen Pkw sorgen müssen, kann der Carsharing-Kunde eigentlich nur müde lächeln. Denn die bekannten Nachteile zählen für ihn kaum: Die geringe Reichweite spielt für den Kurzstreckeneinsatz in der Stadt keine Rolle, ebenso wenig der Preis oder die Unsicherheit über die Batterielebensdauer. Und auch auf der Anbieterseite könnte das Elektromobil ein Hit sein: Die Wartungskosten sind gering, der Imagegewinn hoch. Doch richtig eingeschlagen hat der elektrische Antrieb bei den Kurzzeit-Mietautos bislang nicht. Und nun könnte der geringe Bestand noch weiter schrumpfen.
Fast jedes zehnte Carsharing-Auto in Deutschland ist aktuell batteriebetrieben. Von den insgesamt 1.561 Fahrzeugen zählen rund 950 zu den Flotten der Carsharing-Töchter von Autoherstellern, wie der Bundesverband Carsharing (BCS) in Berlin ermittelt hat. 245 fahren in den gemischten Flotten kleinerer stationärer Carsharing-Unternehmen, 366 sind für spezielle E-Auto-Anbieter unterwegs. Vor allem bei den beiden letztgenannten Unternehmensarten ist die Elektro-Euphorie jedoch mittlerweile verflogen. Die Zahl der dort zugelassenen Batterie-Mobile werde in Zukunft wieder sinken, prognostiziert Willi Loose, Geschäftsführer des BCS. "Ein Großteil der Fahrzeuge ist im Rahmen von Förderprojekten angeschafft worden", weiß er. Laufen die Projekte aus, verschwinden auch die Autos bald wieder.
Ohne finanzielle Anreize verliert für viele Anbieter der elektrische Kurzzeit-Mietwagen an Reiz. "Die Margen im Carsharing sind gering", sagt Loose, "die Kosten für E-Autos hoch." Für die meist mittelständischen Unternehmen stelle sich die Frage, ob sie ein Batteriemobil oder lieber drei konventionelle Fahrzeuge anschafften. Auf Nachlässe beim Kaufpreis können sie mangels Stückzahl kaum hoffen. Was fast noch schwerer wiegt: Viele Kunden verschmähen das E-Auto. "Wenn beide Fahrzeuge nebeneinander stehen, sind konventionelle Modelle immer besser ausgelastet als E-Autos", hat Loose registriert. Er vermutet Berührungsängste der Nutzer als einen der Gründe.
Angst vor leerem Akku
Eine Rolle spielen dürfte dabei auch die Angst, mit leerem Akku liegen zu bleiben. Das mag im Stadtverkehr irrational sein – trotzdem sind eingeschränkte Reichweite und lange Ladezeiten auch für die Kurzstrecken-Mobile ein Problem. Vor allem auf Anbieterseite. Der nämlich braucht ein intelligentes Lademanagement, muss bei der Reservierung des Kunden schon den mehrstündigen Tankstopp an der stationären Ladesäule berücksichtigen. Eine ordentliche Auslastung ist so nur schwer zu erreichen.
Während die stationären Anbieter die Autos zumindest einigermaßen sicher an ihren jeweiligen Standorten aufladen können, sind Free-Floating-Anbieter wie Car2go oder Drive Now auf eine gute öffentliche Ladeinfrastruktur angewiesen. Die Kunden können die Autos innerhalb eines bestimmten Gebietes an jedem Ort abstellen, am besten jedoch an einer Ladesäule - so es denn genug davon gibt. Was längst nicht überall der Fall ist.
So war das dünne Netz an Stromtankstellen für Daimler-Tochter Car2go einer der Gründe, sich mit seinen rund zwei Dutzend Elektro-Smarts aus Berlin zurückzuziehen. Aktuell fahren in der Hauptstadt nur noch konventionell angetriebene Carsharing-Smarts. Ändern dürfte sich das in nächster Zeit nicht. Grundsätzlich glaube man an das E-Auto als Carsharing-Fahrzeug, heißt es in Stuttgart. Konkrete Pläne für eine erneute Ausweitung der Flotte gebe es aber nicht. Zunächst bleibt es bei Car2go daher bei den 500 Elektro-Smarts am schwäbischen Firmensitz. Dort funktioniert das Mobilitätsmodell – auch, weil im Rahmen des "Schaufensters Elektromobilität" in der Landeshauptstadt rund 500 öffentliche Ladepunkte errichtet wurden. Andere Städte können von solchen Zahlen nur träumen.
Infrastruktur wird nachziehen
Das weiß man auch bei Wettbewerber DriveNow, dem Carsharing-Angebot von BMW und Sixt. Auch die Münchner sehen Schwierigkeiten bei der Elektrifizierung der Flotte. Trotzdem wollen sie zunächst in Vorleistung gehen: Aus den aktuell 100 E-Mobilen in drei Städten sollen bis Ende des Jahres 400 in fünf Städten werden. Nach München, Hamburg und Berlin will man dann auch in Düsseldorf und Köln werbewirksam mit dem Elektrokleinwagen BMW i3 vertreten sein. Die Autos stehen dann bereit – die Infrastruktur wird nachziehen, so die Hoffnung. Ob sie in Erfüllung geht und ob die E-Mobil-Vermietung auch für mittelständische Carsharing-Anbieter wieder attraktiv wird, bleibt jedoch abzuwarten.