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Diesel-Nachrüstkosten: Regierung erhöht Druck auf Autobauer

28.09.2018 13:42 Uhr
Diesel-Nachrüstkosten: Regierung erhöht Druck auf Autobauer
Diesel-Nachrüstung beim Anbieter Baumot-Twintec
© Foto: Baumot Group

Nach langen Diskussionen will die Bundesregierung Klarheit für besorgte Diesel-Besitzer schaffen – bis Montag. Die Kanzlerin signalisiert, was sie als Hauptelement sieht. Und was ergänzend.

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Von Andreas Hoenig und Sascha Meyer, dpa

Im Ringen um neue Maßnahmen gegen Diesel-Fahrverbote in deutschen Städten erhöht die Bundesregierung den Druck auf die Autobauer. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte am Donnerstagabend bei einer Veranstaltung der "Augsburger Allgemeinen" mit Blick auf mögliche technische Nachrüstungen an älteren Wagen, "dass der Kunde nichts dafür bezahlen soll".

Merkel machte deutlich, dass die Hersteller "100 Prozent" der Kosten tragen sollten – aber zugleich auch, dass solche Nachrüstungen als Ergänzung in den Plänen vorgesehen sind. "Hauptelement" werde sein, die alte Diesel-Flotte durch eine neue zu ersetzen. Dies sei der "schnelle und insgesamt für die Zukunft bessere Weg" sowie im Interesse von Kunden und Autobranche.

Merkel wollte am Freitag mit mehreren Ministern über eine gemeinsame Linie für ein Diesel-Konzept beraten. Die abschließende Entscheidung sei für diesen Montagabend im Koalitionsausschuss von Union und SPD vorgesehen, sagte sie. Die Dinge seien im Fluss, es gebe Gespräche mit den Herstellern und innerhalb der Regierung. An dem Treffen im Kanzleramt sollten Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), Finanzminister Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) teilnehmen.

Bei einem Gespräch Merkels mit den Chefs der deutschen Autokonzerne am vergangenen Sonntag hatte Scheuer erste Vorschläge vorgelegt. Im Kern geht es um ein mögliches Programm zum Rückkauf älterer Diesel durch die Hersteller, höhere Prämien für Autobesitzer, die alte Diesel abgeben und neue Wagen kaufen, sowie Umbauten an Motoren.

Vertrauen der Kunden zurückgewinnen

Scheuer bekräftigte am Freitag kurz vor dem Treffen im Kanzleramt, seine erste Priorität sei es, dass Diesel-Besitzer ihr altes Fahrzeug in ein neues tauschen könnten. Wertverlust sollte von den Herstellern ausgeglichen werden. "Die Autohersteller haben jetzt die Chance, mit kundenfreundlichen Modellen Vertrauen zurückzugewinnen." Er wolle alles für ein Konzept tun, das Fahrverbote verhindere. Der Minister verhandelt derzeit mit den Herstellern VW, Daimler und BMW. Mit Blick auf neue Umtauschprämien sagte er, es habe sich etwas bewegt.

Schwierigster Punkt der Gespräche sei die Kostenübernahme bei möglichen technischen Nachrüstungen, hieß es in Koalitionskreisen. Die Hersteller seien nicht bereit, Nachrüstungen zu 100 Prozent zu bezahlen. Daneben gehe es darum, für wie viele Städte und in welchem Radius solche Nachrüstungen infrage kommen sollen. Scheuer hatte zehn Städte mit hoher Luftverschmutzung vorgeschlagen und jeweils einen Umkreis von 70 Kilometern. Dies sei Schulze aber zu wenig, hieß es.

Die Umweltministerin pocht auf umfangreiche technische Nachrüstungen zur stärkeren Reduzierung des Schadstoffausstoßes. Diese müssten "zwingend Teil der Lösung sein", sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Freitag). In den Koalitionsstreit hierzu war Bewegung gekommen, nachdem ein Gericht für Frankfurt am Main Fahrverbote ab 2019 angeordnet hatte. Merkel, die lange gegen Hardware-Nachrüstungen argumentiert hatte, öffnete sich angesichts dessen dafür. In Hessen wird am 28. Oktober der Landtag gewählt. Scheuer macht keinen Hehl aus weiterhin bestehenenden Bedenken gegen Hardware-Nachrüstungen.

Neue Typzulassungen nötig

Merkel sagte zu Hardware-Nachrüstungen, diese seien für kein einziges Euro-4-Auto nach heutigem technischen Standard möglich. Bei Wagen der Klasse Euro 5 sei es für etwa ein Drittel möglich. Diese Fahrzeuge seien wahrscheinlich ab dem Frühjahr 2020 nachrüstbar. Dies bedeute aber so große Änderungen, dass neue Typzulassungen nötig seien. Daher sagten die Autobauer, dass sie unter diesen Umständen nicht die gleiche Garantie wie für Autos aus ihren Werken gäben. Dennoch gehe es nun darum, dies ergänzend für einige Fahrzeuge zu ermöglichen.

Die Kanzlerin betonte, dass für Diesel-Besitzer bundesweit Software-Updates angeboten würden. Die nun diskutierten weiteren Lösungen zielten auf neun Städte mit der höchsten Luftverschmutzung, die auch bis 2020 die Grenzwerte überschreiten dürften, und das Pendler-Umland sowie Städte mit Gerichtsurteilen für Fahrverbote. Dies gilt für Frankfurt. Die neun Städte mit der höchsten Belastung mit Stickstoffdioxid (NO2) sind laut dem Umweltbundesamt München, Stuttgart, Köln, Reutlingen, Düren, Hamburg, Limburg an der Lahn, Düsseldorf und Kiel.

Die Grünen verlangten Entscheidungen. "Die Zeit des Aussitzens muss vorbei sein", sagte Fraktionschef Anton Hofreiter der dpa. Die Menschen in den Städten bräuchten saubere Luft. Die Regierung müsse den "Kuschelkurs mit den Autobossen" beenden. Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer sagte der dpa, die Autokonzerne hätten im vergangenen Jahr rund 40 Milliarden Euro Gewinn gemacht. "Die jetzt diskutierte Mini-Nachrüstung in zehn Städten dürfte deutlich weniger als eine Milliarde Euro kosten. Da ist es eine Frage des Anstandes, dass die Hersteller die kompletten Kosten übernehmen."

"Wertvolle Zeit verschenkt"

FDP-Verkehrsexperte Oliver Luksic sagte der dpa, die diskutierten Lösungen für Hardware-Nachrüstungen kämen viel zu spät, gingen aber in die richtige Richtung. "Die Bundesregierung hat wertvolle Zeit verschenkt, um Fahrverbote zu verhindern." Es dürfe aber keine Lösung nur für deutsche Marken geben. Um auch Besitzer ausländischer Wagen eine Mobilitätsgarantie zu geben, brauche man einen Fonds. Auch begrenzte Umtauschangebote dürften sich nicht alle leisten können.

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