_ Die Zukunft hat bereits begonnen: Fuhrparkverantwortliche haben Zugriff auf eine Vielzahl von Daten. Diese erhalten sie von der Flottenmanagement-Software durch Bearbeitung von Belegen, aber natürlich auch durch neue Technologien in den Fahrzeugen selbst - Telematik ist das Stichwort. Wichtig dabei ist der rechtssichere und transparente Umgang mit allen Daten. Auch vor dem Hintergrund der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung (EU-DSGVO), die im Mai in Kraft tritt.
Auto als Kommunikationsmittelpunkt
"Informations- und Kommunikationssysteme im Fahrzeug und die Vernetzung der Verkehrsträger mit dem Straßenverkehr und der Infrastruktur sind ein Schlüsselthema für die Automobilindustrie. Das Fahrzeug wird zum Kommunikationsmittelpunkt." So formuliert es der Verband der Automobilindustrie (VdA) unter der Überschrift "Vernetzte Mobilität".
Sicher, Autos, die automatisch auf Ampelfarben reagieren, Geschwindigkeiten und Abstände punktgenau von sich aus einhalten, nicht versehentlich auf die falsche Spur geraten und dynamisch die Parkplatzsuche steuern, sind zum größten Teil noch Zukunftsmusik. Aber das heißt nicht, dass Fahrzeuge heutzutage nicht auch schon hoch vernetzt sind. Das beginnt bei GPS-gesteuerten Navigationssystemen und reicht bis zur vollständigen Internetkonnektivität des Fahrzeugs und aller Insassen.
Forciert wird dies durch die kontinuierliche Weiterentwicklung von Analyse- und Informationssystemen, die mit der Fuhrpark-Software verknüpft werden. Mithilfe dieser Telematikdaten kann die Fahrweise der Flottennutzer anonym ausgewertet werden.
Schutz von bestimmbaren Daten
Da sich aus den konkreten GPS-Daten auf den jeweiligen Arbeitnehmer rückschließen ließe, handelt es sich allerdings um bestimmbare Daten, weshalb besonderer Datenschutz greift. Das rechtliche Problem besteht darin, dass durch das entsprechende Tracking des Fahrzeugs auch ein lückenloses Bewegungsprofil des sich darin befindlichen Arbeitnehmers erstellt werden könnte.
Eine solche vollständige Überwachung von Arbeitnehmern ist nicht erlaubt und verstößt gegen Persönlichkeitsrechte. Dies gilt selbst dann, wenn der betreffende Arbeitnehmer seine Einwilligung erteilt hat. Gerichte haben ein solches Tracking bisher nur in Ausnahmefällen erlaubt, falls es für die Verrichtung der konkreten Tätigkeit beziehungsweise zur Sicherheit der Arbeitnehmer unerlässlich war.
Die Daten könnten zeigen, wie risikoreich oder -arm die Fahrer unterwegs sind. Zudem lassen sich Systeme nutzen, die die Sicherheit erhöhen oder bei einem Unfall Fahrer und Fahrzeug lokalisieren und diese Daten an die Rettungsstelle weitergeben. Dies ist vermehrt auch Bestandteil von Kfz-Versicherungspolicen, um die Prämien zu reduzieren - Telematik-Tarife sind allerdings in Deutschland noch in den Anfängen.
Verantwortungsvolles Fahren auf der einen Seite und der technische Support auf der anderen Seite können die Kosten eines Fuhrparks erheblich senken. So kann auch im Rahmen des Schadenmanagements überprüft werden, ob präventive Maßnahmen und Fahrertrainings Wirkung zeigen. Denn das reduziert nicht nur den Verwaltungsaufwand, sondern auch die Kosten für Reparaturen, Leasingrückläufer, Mietwagen im Schadenfall, Versicherung und so weiter.
Einschränkungen der Datennutzung
Das ist verlockend für Fuhrparkmanager. Die zunehmende Digitalisierung kann dazu führen, die Effizienz der Flotte zu erhöhen und den eigenen Aufwand gleichzeitig zu verringern. Und natürlich spricht die Innovationsfähigkeit der internationalen Telematikindustrie dafür, dass sich die Lösungen mehr und mehr durchsetzen werden. Aber eines dürfen Profis nicht vergessen: Den gläsernen Fahrer möchte keiner haben und daher gibt es zu Recht Einschränkungen der Datennutzung.
Die Einführung solcher Systeme erfordert rechtssichere Datenschutzkonzepte, um die Vorschriften der ab Mai geltenden Europäischen Datenschutz-Grundverordnung (EU-DSGVO, EU Verordnung Nr. 2016/679) einzuhalten. Sie schafft europaweit einheitliche Anforderungen für die Erhebung, Verarbeitung, Nutzung und Speicherung von personenbezogenen Daten und löst das Bundesdatenschutzgesetz ab.
Jede Stelle muss nach DSGVO nachweisen können, dass sie ein Gesamtkonzept zur Einhaltung des Datenschutzes besitzt ("Rechenschaftspflicht"). Dieses muss sie auch regelmäßig kontrollieren und gegebenenfalls weiterentwickeln, die Betroffenen müssen umfangreicher als bisher über die Datenverarbeitung aufgeklärt werden und Datenschutz ist schon bei der Planung zu berücksichtigen - um nur einige Aspekte zu nennen. Schließlich werden durch die vernetzten Technologien immer mehr Daten erhoben, sodass eine riesige Menge für die Fuhrparks anfallen ("Big Data"), die wiederum für zahlreiche Zwecke analysiert und genutzt werden könnten.
Aber vor allem personenbezogene Daten unterliegen eben einem besonderen Schutz des Gesetzgebers. Das gilt auch bei allen Prozessen im Fuhrparkmanagement, bei denen Daten erhoben oder bearbeitet werden, wie der Fahrzeugübergabe, der Führerscheinkontrolle oder der Bearbeitung von Ordnungswidrigkeiten.
Es geht übrigens nicht nur um Daten, die elektronisch erfasst werden. In einer Umfrage des Branchenverbandes Bitkom stimmten 89 Prozent der befragten Unternehmen der Aussage zu, dass die Analyse- und Verwertungsmöglichkeiten der Daten aus Big Data aufgrund juristischer Fragen zu Datenschutz und Datensicherheit eine wesentliche Herausforderung sei. Da sind noch einige Fragen offen.
Schlacht um die Datenhoheit
Daten und deren Nutzung sind ein Geschäftsmodell. Dies ist heute bereits der Fall und wird in Zukunft noch stärker gelten. Die Schlacht um die Datenhoheit läuft auf Hochtouren. Auf europäischer Ebene wird gefochten, wer die von einem Fahrzeug produzierten Daten verwenden darf beziehungsweise wer generell das Verfügungsrecht über Daten aus dem Fahrzeug besitzt.
Hintergrund des Streits: Untersuchungen der EGEA (European Garage and test Equipment Association) hatten ergeben, dass ein Fahrzeughersteller bei drei Modellen der neuesten Baureihe die Datenkommunikation zwischen OBD-Stecker und Multimarken-Diagnosegeräten nur noch eingeschränkt ermöglicht respektive sogar unmöglich gemacht hat. Branchenexperten befürchten und warnen daher davor, dass dieser Umgang mit der Digitalisierung das Aus für markenunabhängige Werkstätten und Pannendienste sein könnte. Und Fuhrparkbetreiber wären dann gezwungen, Markenwerkstätten aufzusuchen und nur deren Ersatzteile zu akzeptieren. Sieben europäische Verbände fordern hierzu klare Richtlinien, um den freien Zugang zu Fahrzeugdaten für alle Marktteilnehmer weiterhin sicherzustellen. Der Fuhrparkverband ist der Meinung, dass bei allen positiven Aspekten im Bereich der technischen Entwicklung und Digitalisierung Fuhrparks gut beraten sind, die kritischen Aspekte im Blick zu behalten.
Fazit: Datenschutz ist Chefsache
Telematik und die damit einhergehende Datenvielfalt ist eine immer wichtiger werdende Lösung, um Fuhrparks noch sicherer und effizienter zu administrieren, da Kosten fürs Unternehmen und Gefahren für die Mitarbeiter gleichzeitig sinken. Entscheidend ist aber - bei allen Vorteilen der innovativen Systeme - sehr transparent und rechtskonform damit umzugehen und sich mit der neuen Gesetzgebung vertraut zu machen. Wer gegen die Bestimmungen der EU-DSGVO verstößt, setzt sich erheblichen Sanktionsrisiken aus. Diese reichen von Bußgeldern von bis zu 20 Millionen Euro bis hin zu Freiheitsstrafen. Zudem können in der Folge zivilrechtliche Schadensersatzansprüche entstehen. Damit wird das Thema Datenschutz zur Chefsache und kann nicht einfach an die Fuhrparkverantwortlichen delegiert werden.
- Ausgabe 03/2018 Seite 60 (203.3 KB, PDF)