_ Waren Sie schon mal in Nordhorn? Ganz nah an der holländischen Grenze inmitten der Grafschaft Bentheim gelegen, rühmt sich die niedersächsische City als Wasserstadt. In der Tat führen entlang der Vechte mehr als ein Dutzend Brücken vom einen Stadtteil zum nächsten. So liegt es nahe, dass sich Frank Osseforth gewissermaßen als Brückenbauer sieht.
Der junge Geschäftsführer des Mehrmarken-Autohauses im Norden der Stadt nahm am Pilotprojekt von Ford teil - mit dem der Brückenschlag zwischen Werkstatt und Kunde gelingen soll. Osseforth übernahm vor über einem Jahr die Geschicke im Familienunternehmen für die Ford-, Mitsubishi- und Mazda-Kunden im Autohaus, die die Norddeutschen betreuen. Jung und technikaffin - das trifft nicht nur auf Osseforth zu. So bezeichnet Werner Möckel auch die übrigen Autohäuser, die eben jenes neue Tool ausprobieren, das Ford unter dem Label Video- Check bereits seit mehr als zwei Jahren in Großbritannien erfolgreich einsetzt und das nun auch deutschen Privat- und Flottenkunden eine höhere Transparenz bei Werkstattarbeiten bringen soll. Hier kommt Werner Möckel ins Spiel. Er ist Außendienstkoordinator bei Ford und zeichnet für den Norden sowie die neuen Bundesländer verantwortlich."Von den 240 Händlern, die ich betreue, nutzen seit 2017 gut 63 den Service. Das Autohaus Osseforth gehört zu den Pilotbetrieben. Hier in Nordhorn legte man bereits im Herbst 2016 los", so Möckel.
Bilder statt Worte
Aber worum geht es hier eigentlich? "Der Video-Check soll mehr Transparenz bei der Auftragserweiterung bringen", umreißt Möckel den Nutzen der kleinen Videofilme, die in den Autohäusern von geschultem Servicepersonal gedreht werden und alle Schäden eines Fahrzeugs in Bild und Ton festhalten. Der Mitarbeiter, hier in Nordhorn sind es zwei Serviceberater, geht dafür mit einem I-Pod samt Richtmikrofon um und unter das Auto, filmt die Mängel und kommentiert diese live.
Damit dies keine Wackelkamerafilmchen mit schlechtem Sound werden, ist die Hardware standardisiert und die Mitarbeiter werden für das Drehen und für das Sprechen geschult."Für einen Tag kam ein Experte der Firma 'CitNow' zu uns, brachte die Hardware mit und zeigte uns die Kniffe beim Drehen", berichtet Osseforth.
Erfahrungen
Die Engländer schulen seit zwei Jahren die Ford-Händler auf der Insel. Mittlerweile lassen gut 80 Prozent der dortigen Ford-Service-Stationen die kleine Kamera mitlaufen. "Da es in UK zum großen Teil andere Annahmeprozesse als in Deutschland gibt und nahezu keine Direktannahme mit dem Kunden stattfindet, wird dieses Mittel der Kundenzufriedenheit und Kundenbindung sehr gut angenommen. Was aber nicht heißt, dass es auch in Deutschland, wo gerade im ländlichen Raum der Kontakt zwischen Privat- und Gewerbekunde zum Autohaus vor Ort deutlich enger ist, so viele Video-Check-Werkstätten geben wird. Es ist eher als unterstützendes Werkzeug und ein zusätzlicher Kommunikationskanal für die Kundenansprache zu sehen", erklärt Möckel die Idee hinter dem UK-Import. Und das kommt an - auch bei den Flottenbetreibern, wie Osseforth berichtet: "Ein Werkstattvideo ist in der Regel nicht länger als eine Minute. Sobald wir dieses auf die einheitliche Plattform hochgeladen haben, erhält der Kunde eine E-Mail oder eine SMS mit dem Link. Wir haben festgestellt, dass zwischen dem Senden und Öffnen des Links in der Regel nicht mehr als acht Minuten vergehen. Was zeigt, wie gut diese Kommunikation bereits funktioniert", berichtet Osseforth stolz.
Online-Freigabe
Da in der E-Mail neben den Kontaktdaten zum zuständigen Servicemitarbeiter auch der Kostenvoranschlag übermittelt wird, könnte der Kunde den Auftrag direkt in dem Online-Protokoll freigeben. "Das ist eine rechtlich sichere Auftragserweiterung", betont Möckel. Aber bislang folgt auf das Video oft noch der Anruf direkt in der Werkstatt."In dem Moment ist der Kunde aber bereits im Bild, was die Schäden am Auto betrifft, und die erste Emotion ist oft schon abgeklungen", zählt Osseforth einen Vorteil auf, denn Videofakten wirken oft stärker als ein abstraktes Telefonat.
Die Basis dafür bildet die hohe Qualität des Videos. Bei Osseforth sind dafür zwei Mitarbeiter gefragt. "Natürlich war es zunächst etwas befremdlich, meine eigene Stimme auf dem Video zu hören, aber nach vier, fünf Trainingsvideos war es fast schon Routine", berichtet Marco Schlagelambers über die ersten Gehversuche. Jetzt ist der Clip Standard. Denn das Invest für das Equipment soll sich für das Autohaus lohnen. Zum gut 1.500 Euro teuren Hardwarepaket mit dem I-Pod, der beim Besuch in Nordhorn überzeugend scharfe und gut ausgeleuchtete Videos lieferte, und dem Richtmikrofon, das die Hintergrundgeräusche gut unterdrückte, kam das eintägige Training dazu. In Summe zahlt das Autohaus 149 Euro pro Monat Gebühren an den Betreiber CitNow. Ford unterstützt wahlweise mit einem Marketingzuschuss.
Neuer Kundenkontakt
Beim Dreh beginnen die Aufnahmen stets mit dem Nummernschild. Diese Einstellung sieht der Kunde in der E-Mail mit dem Link zum Video, so erkennt er sofort sein Fahrzeug wieder. Es folgt ein Schwenk zu den Schwachstellen des Fahrzeugs, die der Serviceberater sachkundig kommentiert."Wir haben gelernt, informativ und leichtverständlich zu formulieren. Zwar sollte das Video ähnlich wie ein Gespräch in der Werkstatt sein, aber der Autobesitzer kann ja nicht nachfragen, wenn er etwas nicht versteht, also muss ich es verständlich formulieren", berichtet Schlagelambers über die Herausforderung und ergänzt lachend:"Aber wir sind natürlich immer authentisch und keine Schauspieler."
Vorfreude erzeugen
Auch wenn das Drehen Mehraufwand erfordert, achtet der Autohausbesitzer Osseforth darauf, dass regelmäßig das Equipment zum Einsatz und die Filme zum Autobesitzer kommen.
"Damit der Kunde nicht nur im Schadenoder Reparaturfall ein Video von uns erhält, drehen wir bisweilen Filme, in denen wir dem Kunden zeigen, in welch gutem Zustand sein Fahrzeug ist. Er kann ja selbst nur selten direkt unter sein Fahrzeug blicken", erklärt Osseforth. Andere Autohäuser, die den Video-Check nutzen, gehen ähnliche Wege und zeigten dem Kunden etwa das eingetroffene Wunschauto, das auf die Abholung wartet, vorab - und steigerten damit die Vorfreude. So sind die E-Mails oder SMS, die einen neuen Clip ankündigen, nicht automatisch mit Mehrkosten für den Besitzer oder die Flotte verbunden, sondern erhöhen die Bindung zum Auto und zum Händler gleichermaßen.
Flottenkunde
Das kann auch Osseforth bestätigen und nennt als Beispiel seinen Flottenkunden BDSK. Der Nordhorner Ableger des Möbelhauses XXXLutz wird vom weit entfernten Würzburg aus gesteuert. "Letztlich sind gerade in Fuhrparks oft mehrere Entscheider im Boot, wenn es um Reparaturfreigaben geht. Die kann man mit dem Video recht schnell auf einen Stand bringen. Dabei kamen unsere Werkstattvideos bei BDSK so gut an, dass plötzlich sogar die Fuhrparkleitung aus Würzburg zu uns kam. Sie wollten halt wissen, wer hinter den Videos steckt", freut sich Osseforth über das Treuebekenntnis des Flottenbetreibers, der nun weiß, dass Nordhorn eine Reise wert ist.
- Ausgabe 04/2018 Seite 52 (250.6 KB, PDF)