Das Dieselurteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig löst in Politik und Wirtschaft unterschiedliche Reaktionen aus. Der Branchenbeobachter Dataforce hat in der Fuhrparkbranche dazu online eine Blitzumfrage gestartet und Fuhrparkleiter, Firmenwagenfahrer und weitere Interessierte gefragt, wie sie das Urteil einschätzen und welche Konsequenzen sie erwarten.
Mehrheit äußert sich negativ
Die Ergebnisse zeigen eine klare Meinung: Fast drei Viertel der Umfrageteilnehmer bewertete den Urteilsspruch negativ, darunter 43 Prozent als „gar nicht gut“ und 29 Prozent als „weniger gut“. Nur 12 Prozent begrüßten das Urteil als „sehr gut“. Auffällig ist dabei, dass der größte Anteil an positiven Einschätzungen von Teilnehmenden ohne Bezug zur Automobilindustrie kam, während die Einschätzung der Fuhrparkbetreiber schlechter ausfiel als im Durchschnitt.
70 Prozent erwarten Fahrverbote
Bei den erwarteten Auswirkungen des Urteils stehen Dieselfahrverbote an erster Stelle, was dafür spricht, dass infolge des Urteils die Nachfrage nach gebrauchten Euro 5 und älteren Dieselfahrzeugen weiter einbricht.
So erwarten 70 Prozent der Befragten, dass einige Städte nun Einschränkungen verhängen werden. Auch hier gibt es wieder Unterschiede zwischen den Gruppen. Möglicherweise erwarten deswegen mehr Fuhrparkleiter Fahrverbote, weil sie diese als Bedrohung empfinden, wohingegen die Befragten ohne Bezug zur Autoindustrie Fahrverbote begrüßen würden, aber befürchten, dass sie von der Politik trotz des Urteils nicht umgesetzt werden.
Dicht gefolgt von den Fahrverboten rechnen 69 Prozent mit einen „Rückgang von Neuzulassungen bei Dieselfahrzeugen“. Hier gibt es kaum Unterschiede zwischen den einzelnen Gruppen.
Die hohe Quote ist insofern bemerkenswert, als das das Gerichtsurteil Fahrverbote für Diesel-Neuwagen explizit ausgeschlossen hat. Entweder war das den Teilnehmern zum Zeitpunkt der Umfrage nicht bekannt, oder sie erwarten, dass dieser Beschluss zukünftig außer Kraft gesetzt wird. Mit 44 Prozent rechnet außerdem immerhin knapp die Hälfte der Teilnehmenden damit, dass infolge des Urteils private oder Flottenfahrzeuge ausgetauscht werden.
Gespalten bei Umweltschutz
Weniger als 26 Prozent sehen das Urteil als Auslöser für einen „Umstieg auf umweltfreundliche Technologien“. Skeptisch sind insbesondere diejenigen, die gleichzeitig von einem Rückgang der Diesel-Neuzulassungen ausgehen.
Eine mögliche Erklärung für dieses Abstimmungsverhalten ist, dass eher ein Wechsel von Diesel zu Benzin als zu alternativen Antrieben erwartet wird und die Teilnehmer den Ottomotor nicht als umweltfreundliche Alternative zum Diesel sehen.
Werden durch das Urteil mehr Menschen auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen? Zu dieser Frage waren die Umfrageteilnehmer insgesamt skeptisch, wenngleich es hier die größten Unterschiede zwischen den Gruppen gab. Nur sieben Prozent der Fuhrparkleiter und genau einer der 18 an der Umfrage teilnehmenden Mitarbeiter aus der Automobilindustrie halten dies für realistisch. Im Gegensatz dazu erwarten immerhin 23 Prozent der Befragten, die keinen Bezug zur Autoindustrie haben, eine verstärkte Nutzung von Bus und Bahn.
Positiv Urteilende haben hohe Erwartungen
Noch eindeutiger werden die Einschätzungen im Zusammenhang mit der Gesamtbewertung des Urteils. Von den 33 Personen, die das Urteil als „sehr gut“ bewertet haben“, erwarten 40 Prozent einen Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel und fast 65 Prozent versprechen sich einen Umstieg auf umweltfreundlichere Technologien.
Wahrscheinlich sind die so Abstimmenden eher bereit und in der Lage, ihr Mobilitätsverhalten zu ändern, als Fuhrparkleiter oder Dienstwagenfahrer. Zudem sieht diese Gruppe möglicherweise in dem Urteil nicht nur eine Abwägung, zwischen dem Recht der Anwohner auf saubere Luft und den Eigentumsrechten von Besitzern älterer Dieselfahrzeuge, sondern vielmehr den Anstoß zu einer umfassenderen Mobilitätswende. Ob diese Erwartung realistisch ist, muss sich erst noch zeigen.
Befragungsdaten
Die Onlinebefragung lief zwischen dem 27. Februar und dem 1. März 2018. Unter den 299 Teilnehmenden waren unter anderem 154 Fuhrparkleitende und Mitarbeiter/innen in der Fuhrparkverwaltung, 62 Personen, die einen Dienstwagen fahren, sowie 65 Personen, die angaben, keinen speziellen Bezug zur Automobilindustrie zu haben. (af)