Das Bundesumweltministerium strebt eine Einigung über die Einführung der blauen Plakette für Dieselfahrzeuge bis zum Herbst an. Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Wir hoffen, dass wir im Herbst gemeinsam mit den Umwelt- und Verkehrsministern der Länder eine Verabredung zum weiteren Vorgehen treffen können." Die Verkehrsministerkonferenz habe zu diesem Thema bereits eine Arbeitsgruppe eingerichtet.
Die Umweltminister der Länder hatten den Bund im April aufgefordert, eine neue Plakette für Dieselfahrzeuge einzuführen. Nur moderne Autos, die keine großen Mengen gesundheitsschädlicher Stickoxide (NOx) ausstoßen, sollen diese Plakette erhalten. Fahrzeuge ohne blaue Plakette dürfen dann in besonders stark belasteten Gebieten nicht mehr fahren. Allerdings ist davon auszugehen, dass diese Zonen kleiner sein werden als die Umweltzonen, die schon jetzt für Fahrzeuge ohne grüne Plakette gesperrt sind.
"Wir brauchen eine Lösung für Innenstädte mit schlechter Luft", betonte Flasbarth. Sobald der Bund die gesetzlichen Grundlagen für die blaue Plakette geschaffen hat, können Kommunen, in denen Gebiete mit besonders hoher NOx-Belastung liegen, lokale Fahrverbote erlassen, wenn sie das wollen.
Deutsche Großstädte für schnelle Regelung
Geht es nach deutschen Großstädten, könnten gezielte Fahrverbote bald kommen. Gerade in Städten und Ballungsräumen werden Grenzwerte immer wieder deutlich überschritten. Die Großstädte weisen jedoch auf die bislang fehlende gesetzliche Grundlage für eine blaue Umweltplakette hin. Deswegen rechnet etwa Bremen mit einer Einführung nicht vor dem Jahr 2018. Die Plakette wurde im Frühjahr durch Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) ins Gespräch gebracht. Danach hagelte es Kritik - vor allem aus der Union und von Automobilverbänden.
Städte wie München oder Berlin warnten vor "sozialer Härte" bei der Einführung des Aufklebers. Es bedürfe Übergangsfristen und Ausnahmeregelungen. Beispielsweise für Anwohner oder Betriebe, hieß es aus den Verwaltungen. Eine Nachrüstung entsprechender Dieselautos, wie etwa zur Reduzierung von Feinstaub mit einem Partikelfilter, sei nicht möglich, darauf wies München hin.
Immer wieder werden in Städten und Ballungszentren EU-Grenzwerte für Stickoxide deutlich überschritten. Beim besonders gesundheitsschädlichen Gas Stickstoffdioxid (NO2) stellte das Umweltbundesamt im vergangenen Jahr an rund 60 Prozent aller Messstationen an stark befahrenen Straßen Überschreitungen fest.
Stuttgart und München stark belastet
Der von der EU festgelegte Grenzwert von 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter im Jahresdurchschnitt wurde 2015 besonders deutlich in Stuttgart gerissen. Am Neckartor lag die Konzentration des lungenschädlichen Gases bei durchschnittlich 87 Mikrogramm. An der Landshuter Allee in München waren es 84 Mikrogramm pro Kubikmeter. Auch an einzelnen Messstationen in Köln, Kiel, Heilbronn, Hamburg und Darmstadt wurden Werte von über 60 Mikrogramm pro Kubikmeter festgestellt.
Weil die Grenzwerte in Deutschland seit Jahren überschritten werden, hatte die EU-Kommission gegen Deutschland im vergangenen Jahr ein Verfahren eröffnet. Immer wieder warnen auch Umweltorganisationen vor gesundheitlichen Risiken durch Stickstoffdioxid.
Konkrete Pläne für Diesel-Fahrverbote gibt es in den größeren Städten Deutschlands aber noch nicht. In Düsseldorf wollen die Behörden abwarten, welche Rahmenbedingungen für die blaue Plakette gelten sollen. In Dortmund machte eine Sprecherin der Stadt deutlich, dass erhöhte NO2-Belastungen ausschließlich in Straßennähe nachweisbar seien. Bereits nach kurzer Distanz lägen die Belastungen unterhalb der Grenzwerte.
In München will die Verwaltung zunächst auf Alternativen setzen, um Stickoxid-Werte zu senken. Etwa mit dem Ausbau von Ladestationen für Elektroautos oder der Förderung von Elektroautos und -fahrrädern für Handwerker, Vereine oder Lieferdienste. In Berlin verweist man auf die Anschaffung von neuen Linienbussen. Dadurch seien in bestimmten Straßen der Hauptstadt Stickoxid-Emissionen um mehr als zehn Prozent zurückgegangen. (dpa)