Beate Engel Rät:
Beteiligung der Fahreran Schäden?
In der letzten Zeit haben wir relativ viele selbst verursachte Schäden zu beklagen, die nicht erst bei der Rückgabe auffallen. In der Regel wurde repariert und der Arbeitgeber hat bezahlt. Wir halten uns in der Car Policy die Tür offen, im Ernstfall die Schäden an einen Mitarbeiter durchzubelasten, aber dazu kommt es in der Regel nicht. Meist ist es Unachtsamkeit und „bin mal hängen geblieben“ oder Falschbetankung. Wie sieht es hier rechtlich aus? Darf ich dem Fahrer etwas weiterbelasten oder spricht da eventuell das Arbeitsrecht dagegen? Haben Sie Erfahrung aus der Fuhrparkpraxis, wird wirklich viel weiterbelastet oder nimmt man ständig Rücksicht auf die verdienten Mitarbeiter und zahlt die Rechnungen?
Herr B. aus Augsburg
Beate Engel & Team: Ihre Fragen zu beantworten, ist nicht leicht. Selbstverständlich können Sie versuchen, Ihre Mitarbeiter an den Schäden zu beteiligen. Unter Umständen wird Ihnen das bis zu einer bestimmten Höhe (zum Beispiel dem Selbstbehalt der Kaskoversicherung) auch gelingen. Ob Sie hier auch vor Gericht Recht bekommen, hängt allerdings vom Einzelfall ab. Und genau hier haben Mitarbeiter meist gute Karten. Einige Urteile der letzten Monate haben gezeigt, dass bei Vorsatz meist kein Problem mit der Weiterbelastung besteht. Auch bei grober Fahrlässigkeit haben Sie vielleicht noch gute Chancen. Handelt der Mitarbeiter jedoch nur „fahrlässig“ oder sogar „leicht fahrlässig“, sieht es dann schon schlechter aus. Wo hier die Grenze ist, hängt allerdings immer vom Einzelfall ab. Genaue Auskünfte über Vorgehensweise, Vertragsgestaltung und Einzelurteile kann Ihnen hierzu mit Sicherheit Ihre Rechtsabteilung liefern. Ich kann Ihnen allerdings nur raten, Gerichtstermine mit Mitarbeitern, die sie weiterhin in Ihrem Unternehmen beschäftigen, zu vermeiden. Sie verlieren hier nämlich auf jeden Fall: Entweder verlieren Sie einen Prozess oder einen motivierten Mitarbeiter. Sollten Sie vor Gericht unterliegen, spricht sich dies auch meist schnell in Ihrer Firma herum. Bei weiteren Streitfragen kann es Ihnen dann passieren, dass Sie es – auch wegen Kleinigkeiten – noch häufiger mit einem Gericht zu tun haben. In der Praxis kommen Beteiligungen der Mitarbeiter meist bei selbst verschuldeten Unfällen bei einer Privatfahrt (in Höhe der Selbstbeteiligung) in Frage. Auch bei Fehlbetankungen oder bei unrechtmäßiger Nutzung der Fahrzeuge (minderjähriger Sohn fährt den Firmenwagen an die Garage statt in) sind Mitarbeiterbeteiligungen durchaus üblich. Bei allem, was sich in der Grauzone befindet, wird man – je nach Unternehmensphilosophie – mal ein Auge „zudrücken“ oder sich auf eine moderate Zuzahlung einigen können.
EU-Kartenführerschein bald überall Pflicht?
Ich habe gehört, dass eventuell nächstes Jahr – zumindest für Fahrten im Ausland – der EU-Kartenführerschein Pflicht wird. Wie viel ist da dran?
Herr J. aus Fischbach
Beate Engel & Team: Das mit der EU-Kartenführerschein-Pflicht ist eine Falschmeldung! Der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung (und Gültigkeit) aller jemals von Staaten des Wiener Abkommens ausgestellten Führerscheine bleibt bestehen. Alle „Papierführerscheine“ sind und bleiben gültig. Sie können also Ihre Dienstwagenfahrer beruhigt mit altem Papierführerschein auf Auslandsfahrten schicken, auch noch im nächsten Jahr.
Kurzarbeit
Da wir Kurzarbeit eingeführt haben, möchte ein Mitarbeiter nun sein Fahrzeug, das ihm auch zur Privatnutzung überlassen wurde, zurückgeben, da ihm jetzt die Kosten zu hoch sind. Der Leasingvertrag läuft noch zirka ein Jahr. Kann er das so einfach machen? Wir haben keine schriftliche Vereinbarung getroffen, was das Auto anbelangt. Außer, dass im Arbeitsvertrag steht, dass er Anspruch auf ein Auto hat, das er dann auch bekommen hat. Wenn ich das Fahrzeug jetzt als Poolfahrzeug nehme (auch für andere Kollegen), wie ist das steuerlich zu handhaben?
Herr L. aus Stuttgart
Beate Engel & Team: Die übliche Anspruchsrichtung kehrt sich bei Ihnen um: Der Arbeitnehmer macht nicht einen Anspruch geltend, sondern er verzichtet ausdrücklich auf eine zusätzliche Leistung. Wie Sie auch schon in unserer Mai-Ausgabe zum Thema Dienstwagen lesen konnten, ist der einseitige Arbeitgeberwiderruf der Privatnutzung und/oder das einseitige Arbeitgeberverlangen auf Herausgabe des Dienstwagens nur unter bestimmten engen Voraussetzungen zulässig, die optimalerweise sorgfältig in einem gesonderten Dienstwagennutzungsvertrag geregelt sind. Fehlen entsprechende Regelungen, ist ein einseitiger Widerruf des Arbeitgebers rechtlich nur schwer durchsetzbar, der Arbeitgeber vielmehr im Wesentlichen auf eine Änderungskündigung oder Änderungsvereinbarung beschränkt.
Möchte der Arbeitnehmer einseitig die Dienstwagennutzung aufheben, kommt es wiederum maßgeblich auf die konkreten Regelungen im Arbeits- und/oder Dienstwagennutzungsvertrag an. Ausgehen möchte ich hier von der üblichen Formulierung in Arbeitsverträgen: „Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf Gestellung eines Dienstwagens auch zur Privatnutzung.“ Hieraus ergibt sich ein Recht des Arbeitnehmers auf eine zusätzliche Leistung des Arbeitgebers. Möchte der Arbeitnehmer dieses Recht jedoch nicht in Anspruch nehmen, weil ihm aus seiner Sicht dadurch auch Nachteile entstehen, kann er hierauf grundsätzlich verzichten. Denn er hat keine Pflicht, die zusätzliche Leistung anzunehmen – dies müsste ausdrücklich geregelt sein. Dem Arbeitgeber dürfte trotz noch laufenden Leasingvertrags auch kein Nachteil entstehen. Vielmehr hat er die Möglichkeit, den Dienstwagen weiteren Mitarbeitern (dienstlich) zur Verfügung zu stellen, dies dürfte im Ergebnis – auch abhängig vom jeweiligen Bedarf an Poolfahrzeugen – eher einen finanziellen Vorteil darstellen. Steuerrechtlich ergeben sich für die Arbeitnehmer, die die Poolfahrzeuge nutzen, keine Besonderheiten, solange die private Nutzung ausgeschlossen ist. Nur bei Gestattung der Privatnutzung entstünde ein geldwerter Vorteil, der zu versteuern wäre. Aber Achtung: Zur Privatnutzung gehört bereits die Erlaubnis, den Dienstwagen zur Heimfahrt von der Arbeitsstätte zur Wohnung nutzen zu dürfen. Hier müssten Sie also darauf achten, dass die den Poolwagen in Zukunft nutzenden Arbeitnehmer diesen abends wieder auf dem Betriebsgelände abstellen.
Wiederholter Geschwindigkeitsverstoß
Mit Interesse habe ich Ihr Statement aus der Autoflotte 12/2008, Seite 16, zum Thema „Fahrverbot für einen Monat“ gelesen und hätte eine Frage dazu: Einer unserer Firmenwagennutzer hat im Januar 2009 seinen Führerschein aufgrund einer Geschwindigkeitsüberschreitung innerhalb geschlossener Ortschaften im August 2008 (zulässig: 60 km/h, festgestellt: 92 km/h) für einen Monat abgegeben. Ihren Hinweis: „Zuerst sollten Sie prüfen, ob sich das Fahrverbot durch ein Angebot, die Geldbuße zu verdoppeln, umgehen lässt“, habe ich leider zu spät gelesen. Als ich in meiner Funktion als Fuhrparkmanager bei der Behörde anrief, um eben dieses Angebot zu unterbreiten, bekam ich zur Antwort, dass der Bescheid bereits ergangen und nicht mehr rückgängig zu machen sei. Problematisch ist nun, dass der gleiche Firmenwagennutzer Anfang Mai in einer 30-km/h-Zone mit 56 Stundenkilometern geblitzt worden ist. Nach Eingang des Behördenschreibens haben wir – als erste Maßnahme – ein Fax an die Behörde mit der Bitte um Zusendung von Beweisunterlagen (u. a. Lichtbild) geschickt. Diese Anforderung schiebt das Problem aber nur auf. Meine Frage ist daher, ob es Ihrer Meinung nach sinnvoll ist, auch in diesem Wiederholungsfall die Behörde anzusprechen und eine Verdopplung der Geldbuße anzubieten oder ob so etwas in diesem Fall nicht möglich ist.
Herr F. aus Hamburg
Beate Engel & Team: Grundsätzlich kann man bei der Behörde anfragen, allerdings kann die Sachlage hier etwas problematisch sein/werden. Zutreffend ist, dass die Behörde oder das später befasste Gericht von einem Fahrverbot absehen kann, wenn dafür die Geldbuße angemessen erhöht wird. Ob es dabei auf eine Verdoppelung hinausläuft, liegt im Ermessen und kann so pauschal nicht gesagt werden. Voraussetzung hierfür wäre zunächst ein erheblicher Nachteil für den Betroffenen. Das ist oft der Fall, wenn der Arbeitgeber bestätigt, dass es sich bei dem Betroffenen um einen Außendienstmitarbeiter handelt, für den im Innendienst keine Verwendung besteht, und er deshalb im Falle des Fahrverbotes gekündigt würde. Anmerkung am Rande: Erstaunlicherweise haben sich Gerichte dieser Argumentation eher offen gezeigt als die Bußgeldbehörden. Problem hier ist, dass es sich bei dem Fahrer um einen „Wiederholungstäter“ handelt. Weitere Voraussetzung wäre nämlich, dass der Betroffene zum ersten Mal in dieser Situation ist. Hier liegt es im Ermessen der Behörde. Deswegen: anfragen ja, Erfolgsaussichten ungewiss. Unsere persönliche Empfehlung wäre, zunächst die ganze Messung überprüfen zu lassen, möglicherweise stellt sich nach erfolgter Akteneinsicht (nicht nur Einsicht in Lichtbilder) die Frage gar nicht mehr …
Fragen über Fragen
Liebe Fuhrparkverwalter(-innen),
in Krisenzeiten, so scheint es, haben viele Fuhrparkverantwortliche einen vermehrten Informationsbedarf. Schließlich können so manche Probleme, die früher eher „nebenbei“ und ohne großes Aufsehen gelöst wurden, dem Flottenchef nun schnell über den Kopf wachsen. Denn schließlich muss er seinem Vorgesetzten vermehrt Rede und Antwort stehen und alle Ausgaben konsequent auf den Prüfstand stellen. Da passen Wünsche zur vorzeitigen Fahrzeugrückgabe seitens des Mitarbeiters in Zeiten von Kurzarbeit, vermehrte Schäden oder gehäufte Bußgelder – gefolgt von Fahrverboten – nicht ins Sparkonzept. Geht es Ihnen auch so? Haben auch Sie Probleme oder sonstige Fragen zum Handling in Ihrem Fuhrpark? Wir helfen Ihnen gerne weiter. Schreiben Sie uns eine E-Mail an beate.engel@springer.com oder besuchen Sie uns im Internet unter www.autoflotte.de.
Autoflotte hilft!
Schicken Sie Ihre Frage rund um das Thema Fuhrpark an:
beate.engel@springer.com
- Ausgabe 9/2009 Seite 50 (236.9 KB, PDF)