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"Best Offer"-Effekt durch Dual-Supply

01.03.2017 06:00 Uhr
"Best Offer"-Effekt durch Dual-Supply

Der in Zentraleuropa für die Beschaffung zuständige Urs Fässler beschreibt, wie ein europäisches Flottenmanagement konzipiert und umgesetzt wurde.

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_ Agfa Gevaert hat sein europäisches Flottenmanagement in einem umfassenden Projekt neu gestaltet. Die Agfa-Gevaert Gruppe entwickelt, produziert und vertreibt eine breite Palette an analogen und digitalen Bildgebungssystemen und IT-Lösungen, vor allem für die Druckindustrie und das Gesundheitswesen sowie für bestimmte industrielle Anwendungen. Urs Fässler, Manager Purchasing, Housing, Quality, Product Ecology für die Region Europe Central, beschreibt im Gespräch mit Autoflotte, wie dieses Projekt konzipiert und umgesetzt wurde.

_ Herr Fässler, wie war die Ausgangslage im europäischen Flottenmanagement bei Agfa vor Beginn des Projekts?

Urs Fässler: Die europäische Fahrzeugflotte der Agfa Gevaert NV umfasst zirka 2.300 Fahrzeuge, verteilt auf 18 Länder. Die Flotte besteht zu 40 Prozent aus Servicefahrzeugen und zu 60 Prozent aus Fahrzeugen für den Außendienst und das Management. Die Länder mit den größten Flotten sind Belgien, Deutschland, Frankreich, Spanien und Italien. Diese fünf Länder repräsentieren mehr als 80 Prozent der gesamten Flotte der Agfa-Gruppe. Das europäische Beschaffungsvolumen liegt bei 450 bis 700 Einheiten pro Jahr. Die Agfa-Gruppe verfolgt aktuell eine Fünf-Marken-Strategie. Es bestehen europäische Rahmenverträge mit BMW, Mercedes, Opel, Volvo und Ford.

Die Fahrzeuge werden aktuell größtenteils über Full-Service-Leasingverträge finanziert und bewirtschaftet. Die Verwaltung der verschiedenen Landesflotten ist dezentral geregelt. Da die Länder in der Wahl der Full-Service-Leasinggesellschaften unabhängig waren, arbeiteten wir mit einer Vielzahl von Anbietern, verteilt über ganz Europa, zusammen. Auch bei der Wahl der individuellen Service-Bausteine, der Kalkulationsvarianten, also offen versus geschlossen, und der Vertragslaufzeiten war die Situation im Landesvergleich nicht homogen.

_ Warum wurde das bestehende Konzept von Ihnen überprüft? Was war der Auslöser für das Projekt?

U. Fässler: Im Rahmen einer global angelegten Kampagne zur Kosteneinsparung wurde von unserer Konzernleitung bestimmt, dass alle wesentlichen Kostentreiber genau durchleuchtet werden sollen. Eines dieser Projekte war die Europäische Neugestaltung der Flottenstrategie.

Das Projektteam setzte sich zusammen aus José-Luis Sanchez, Manager of Global Indirect Materials, Knut Holland-Letz, Purchasing Manager Agfa Health Care DACH, und meiner Person.

_ Was waren die strategischen Ziele von Agfa im internationalen Flottenmanagement?

U. Fässler: Wir haben im Rahmen dieses Projektes folgende strategischen Zielsetzungen verfolgt - erstens: eine möglichst geringe Kapitalbindung für die Fahrzeugbeschaffung. Zweitens: einen geringen Aufwand an Personalressourcen für die Bewirtschaftung der Landesflotten, drittens: Planungs- und Budgetsicherheit und viertens: eine Reduktion der Gesamtkosten um mindestens fünf Prozent. Im Rahmen dieser Vorgabe hat das Projektteam eine generelle Beurteilung der Finanzierung, der Beschaffungsmodelle und der relevanten Prozesse vorgenommen.

_ Welche Maßnahmen wurden im Rahmen des Projekts ergriffen?

U. Fässler: Da wir vor Projektstart noch keine einheitliche Flottenstrategie innerhalb der Agfa-Gruppe in Europa verfolgt haben, fehlten uns zu Beginn des Projektes wesentliche Informationen zu den Landesflotten. Alle relevanten Daten mussten in einem ersten Schritt erhoben und ausgewertet werden. Mit den gewonnenen Erkenntnissen aus dieser umfangreichen Erhebung und unter Berücksichtigung der Zielvorgabe der Konzernleitung haben wir uns Gedanken über mögliche Varianten gemacht und daraus folgende Rückschlüsse gezogen.

_ Was waren die Erkenntnisse aus dieser Analyse?

U. Fässler: In Bezug auf die Finanzierung haben wir festgesellt, dass eine möglichst geringe Kapitalbindung für die Fahrzeuge nur in einer Außenfinanzierung erreicht werden kann. Es kam also nur ein direktes oder indirektes Leasing in Frage. Außerdem erreichen wir damit günstige Liquiditäts- und Bilanzeffekte wie eine geringe Kapitalbindung infolge vollständiger Fremdfinanzierung.

Was den Personalaufwand angeht, sind wir zu der Erkenntnis gekommen, dass nur eine Outsourcing-Lösung in Frage kam, um die Flottenverwaltung mit möglichst geringem Personalaufwand bewältigen zu können. Hier bot sich aus unserer Sicht das Full-Service-Leasing an, da der Grad der Auslagerung selbst bestimmt werden kann. In Absprache mit den Flottenverantwortlichen der Länder wurde dann der jeweilige Grad des Outsourcing bestimmt und in einer Matrize festgehalten. Wir erreichen somit die gewünschten Effizienzeffekte wie einen geringen Bedarf an internen Personalressourcen für das Flottenmanagement.

_ Was waren Ihre Überlegungen hinsichtlich der gewünschten Planungssicherheit?

U. Fässler: Als Kalkulationsart haben wir die geschlossene Variante gewählt. Aus unserer Sicht die einzige Variante, um eine möglichst hohe Planungs- und Budgetsicherheit zu gewährleisten. Dank fix kalkulierter und während der Laufzeit gleich bleibender monatlicher Raten, vermeiden wir große Überraschungen am Ende der Laufzeit und können das Risiko an den Leasinggeber auslagern. Außerdem profitieren wir von weiteren Aspekten wie einer flexiblen und individuellen Vertragsgestaltung und der Auslagerung von Tätigkeiten, welche nicht zu unseren Kernkompetenzen gehören. Das erzeugt gesamthaft die gewünschten positiven Planungs- und Kalkulationseffekte.

_ Wie haben sie die gewünschte Konsolidierung der Lieferantenstruktur umgesetzt?

U. Fässler: Dies erfolgte durch die Reduktion der Anzahl Provider und der Bündelung der europäischen Volumen. Dadurch profitieren wir von verbesserten Konditionen und erzielen dadurch eine Reduktion der Gesamtkosten. Die europäische Flottensteuerung wird außerdem vereinfacht. Das bedeutet geringere Prozesskosten. Durch die Verhandlung von Leasingmatrizen, Boni pro Einzelvertrag, Schadenfreigrenzen, einheitlichen Werten für Mehr- und Minderkilometer und klar definierten Minderwerttabellen für Fahrzeugrückgaben können wir weitere Einsparungen erzielen.

_ Haben Sie sich dazu für einen Anbieter für die gesamte Europa-Flotte entschieden?

U. Fässler: Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Konditionen in einem Full-Service-Leasing am Anfang einer Partnerschaft am lukrativsten sind und im Laufe der Zeit teilweise stark nachlassen. Aus diesem Grund wollten wir zwei Provider für jede einzelne Fahrzeugbeschaffung gegeneinander in den Wettbewerb schicken. Wir haben uns deshalb für einen"Dual Supply" entschieden. Das erzeugt einen"Best Offer"-Effekt. Um den "Dual Supply" lückenlos umsetzen zu können und damit vollumfänglich von diesem Wettbewerbseffekt zu profitieren, mussten die neuen Vertragspartner in möglichst vielen Agfa-Ländern präsent sein. Außerdem muss unsere Europäische Fünf-Marken-Strategie umgesetzt werden können.

_ Welche Veränderungen haben Sie in Ihrer internen Organisation vorgenommen? Haben Sie die Car Policy angepasst?

U. Fässler: Die lokalen Firmenwagen-Richtlinien werden vereinheitlicht. Das bringt eine Vereinfachung der zentralen Steuerung und es ist eine faire Lösung über die Landesgrenzen hinaus.

Es wurden verbindliche TCO-Werte pro Land und Mitarbeiterkategorie definiert. Außerdem haben wir generell gültige CO2-Vorgaben eingeführt und uns bei der Auswahl der Fahrzeuge noch stärker auf Modelle mit attraktiven TCO-Werten fokussiert.

_ Welche Herausforderungen sind im Laufe des Projekts aufgetreten?

U. Fässler: Aus meiner Sicht war die größte Herausforderung, die Bedürfnisse der Personalabteilung und die Ideen des Einkaufs unter einen Hut zu bringen. Dazu waren doch mehrere Meetings auf HQ-Ebene notwendig. Eine weitere Herausforderung war die internationale Vertragsgestaltung mit den beiden neuen Leasingpartnern und in Zusammenarbeit mit unserer Rechtsabteilung. Die Ausarbeitung der lokalen Verträge war mit großem administrativem Aufwand verbunden.

Wir mussten außerdem in einigen Ländern ein wenig Überzeugungsarbeit für die zentral erdachten Ideen leisten, unsere Gedankengänge nachvollziehbar erläutern und die sich daraus ergebenden Vorteile herausstreichen. Auch die termingerechte Implementation war sicherlich eine Herausforderung für alle involvierten Parteien.

_ Was sind aus Ihrer Sicht die größten Erfolge des Projekts?

U. Fässler: Ich glaube, dass wir in der Gestaltung und Umsetzung unserer europäischen Flottenstrategie von einer generellen Erfolgsgeschichte sprechen können. Wir haben es geschafft, die an uns gestellte Zielsetzung vollumfänglich zu erfüllen.

Der "Dual Supply" erzeugt den gewünschten Wettbewerbseffekt und hat eine sehr positive Wirkung auf der Kostenseite.

Mit der Konsolidation der Lieferantenstruktur von neun auf zwei Provider ist es uns außerdem gelungen, die Volumen besser zu bündeln und das Monitoring über die gesamte Flotte wesentlich zu vereinfachen.

Die Vereinheitlichung der Fahrzeugrichtlinien, der Leasing-Bausteine und Kalkulationsarten ist eine für alle Länder faire Lösung und hat die internen Diskussionen stark eingedämmt.

_ Haben Sie nun alles erreicht für die Agfa-Flotte? Können Sie jetzt die Füße hochlegen? Oder gibt es bereits neue Ziele?

U. Fässler: Unser Projektteam hat weiterhin Bestand. Wir treffen uns nicht nur für die Quartalsmeetings mit den Leasinggesellschaften, wir halten auch regelmäßige "Brainstorming Sessions" ab. Dort findet ein reger Austausch über unsere Flotte und über generelle Mobilitätstrends statt. Wir beobachten außerdem proaktiv die Gesetzgebungen in den europäischen Länder in Bezug auf CO2, NOx und andere relevante Themen, die unsere laufenden Kosten zukünftig beeinflussen könnten. In diesen Sessions entstehen neue Projekte, welche wir entweder direkt mit unseren Leasingpartnern in den Ländern umsetzen oder weiterverfolgen. Auf unserer Agenda stehen aktuell folgende Punkte:

- Aufbau eines umfassenden Mobilitätskonzeptes

- Prüfung eines Multi-Bidding-Konzeptes mit externem Flottenmanagement

- Aushandlung höherer Schadenfreigrenzen bei Fahrzeugrückgaben

- Aushandlung kostenloser Rückgabekontingente

_ Herr Fässler, vielen Dank für diesen interessanten Einblick in Ihr internationales Flottenprojekt.

Interview: Thilo von Ulmenstein, Fleetcompetence Europe

Thilo von Ulmenstein Managing Partner bei Fleetcompetence Europe. Das Schweizer Beratungsunternehmen unterstützt mit seiner Expertise Unternehmen im Bereich Flottenund Mobilitätsmanagement. Es ist mit einer Tochtergesellschaft in Deutschland vertreten und verfügt darüber hinaus über ein Netzwerk spezialisierter Fachexperten in Europa.Das Unternehmen bietet nationales und internationales Consulting für Flottenbetreiber und Dienstleister an und führt für sie Schulungen und Trainings sowie Marktstudien durch. Mit dem "International Fleet Meeting Geneva" hat Fleetcompetence Europe zudem innerhalb weniger Jahre eine anerkannte Networking-Plattform am Autosalon Genf für die internationale Flotten-Branche geschaffen.Weitere Informationen: www.fleetcompetence.com

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