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Automarken: Was die Chinesen besser machen

30.06.2023 08:19 Uhr | Lesezeit: 3 min
Automarken: Was die Chinesen besser machen
Vom Container auf den Markt. Speziell im Flottenmarkt steigt die Zahl chinesischer Importeure und deren Absatzzahlen. Es gibt Gründe, warum dies kein kurzes Aufflackern sein wird
© Foto: MG Motor

Die Rolle der chinesischen Automodelle wird auch in Deutschland bedeutender. Warum die Importeure durchaus selbstbewusst auftreten können, erklärt uns Michel Thebault. Der heutige CEO bei Consors Finanz leitete drei Jahre das Asiengeschäft von BNP Paribas Personal Finance.

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Herr Thebault, was hat den Push in die Fahrzeugmodelle aus China gebracht? Ist es die Software der Fahrzeuge oder auch die mittlerweile bessere Qualität und Verarbeitung?

Michel Thebault: China ist weltweit der größte Automarkt vor den USA und Europa. Chinesische Hersteller von E-Autos wie BYD, Xpeng, NIO, Zeekr oder SAIC Motor mit der Marke MG starten durch und laufen zunehmend alteingesessenen Anbietern von Verbrennern den Rang ab. Erst Anfang des Jahres verlor VW seine Top-Position in China an BYD und landete im Ranking auf Platz 2. Als chinesische Stärke möchte ich drei Punkte benennen: Sie entwickeln ihre Fahrzeuge auf „der grünen Wiese“ und haben nicht die Herausforderung, aus Verbrennern ein Elektroauto zu konstruieren. Das macht sie kreativ, flexibel, schnell und innovativ. Eine weitere Stärke liegt in der Technologie. Egal ob Software, Apps oder bei der Chipherstellung. „Made in China“ steht an dieser Stelle für hohe Qualität und technologischem Vorsprung. Als dritter Punkt wäre der Vorteil in der Materialbeschaffung zu benennen. Chinesische Autobauer sitzen an der Quelle der Batterie- und Chipproduktion. Ein Vorteil gegenüber Autoherstellern anderer Länder.

Unterstützt werden diese Punkte durch die Offenheit und das Vertrauen der chinesischen Bevölkerung zu dem Thema automatisiertem Fahren und in die Technologie. Eine Studie von McKinsey aus dem Jahr 2022 hat herausgefunden, dass 60 Prozent der befragten Chinesen bereit wären, ein Level 4 Auto zu kaufen. In Deutschland könnten sich das nur 36 Prozent vorstellen.

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Michel Thebault, CEO bei Consors Finanz
Michel Thebault ist CEO bei Consors Finanz, einer Marke von BNP Paribas
© Foto: Consors Finanz

Der Weg zum autonomen Fahren

Das Versprechen des autonomen Fahrens ist ein gutes Stichwort. Wie weit sind hier die Autohersteller aus China ihrer Meinung nach?

M. Thebault: China ist neben den USA und Europa bei der Entwicklung zum automatisierten Fahren ganz vorne dabei. Zwei Aspekte nehmen darauf entscheidenden Einfluss: Zum einen werden Milliarden an Budgets eingesetzt und zum anderen ist die chinesische Regierung bestrebt, dass China eine Vorreiterrolle einnimmt. Sie unterstützen aus deren Möglichkeiten heraus bei Genehmigungen von Teststrecken und gesetzlichen Regelungen.

Wann werden die Fahrzeuge komplett Level-3- und Level-4- bis Level-5-Funktionen anbieten können?

M. Thebault: Bei der Umsetzung des automatisierten Fahrens sind aufgrund des Technikschwerpunktes vor allem KI- und Tech-Konzerne im Lead. Fahrzeuge müssen in der Lage sein, sich in der räumlichen Umgebung zurechtzufinden, sich zu vernetzen und mit der Umgebung und anderen Autos zu kommunizieren. Level 3 ist dabei ein großer Schritt auf dem Weg zum vollautomatisierten Fahren, dem sogenannten Level 5. Hier sind die Insassen nur noch Passagiere und nicht mehr Fahrerinnen oder Fahrer. Es ist schwierig zu prognostizieren, wann die einzelnen Level 3 bis 5 flächendeckend und massentauglich eingeführt werden. Ein Zielbild der chinesischen Regierung für Level 3 war 2025. Die technischen Herausforderungen und der Anspruch an höchste Sicherheit für die Fahrerinnen und Straßenteilnehmer werden diesen Zeitpunkt nachhaltig beeinflussen.


MG Cyberster

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Fahrzeugsegmente und Image

Welche Fahrzeugsegmente bedienen die chinesischen Anbieter in Zukunft noch? Es gibt viele SUV, einige Limousinen und auch Coupes. Was ist mit leichten Nutzfahrzeugen (wie Maxus, Elaris), was ist mit E-Pick-ups?

M. Thebault: Wir werden die gesamte Bandbreite sehen. Das schließt das Segment der leichten Nutzfahrzeuge oder Pick-ups natürlich mit ein. Die Nachfrage nach elektrischen Pick-ups ist in China recht hoch. Immer mehr Modelle etablieren sich auf dem Markt. In Deutschland ist die Auswahl eher übersichtlich. Immerhin bietet Maxus hierzulande elektrische Pick-ups an. Auch leichte elektrische Nutzfahrzeuge sind auf dem europäischen Markt keine Seltenheit mehr: Elaris als auch Maxus bieten Modelle mit Elektroantrieb an. Das Preis-Leistungs-Verhältnis wird letztendlich auch an dieser Stelle eine entscheidende Rolle spielen.

Was ist in China passiert, dass die Modelle aus Fernost ihr Image als billig, aber nicht für europäische Kunden geeignet ablegen konnten? Liegt dies allein am E-Motor?

M. Thebault: Das sind mehrere Faktoren. Die Modelle aus China sind qualitativ hochwertig, haben sehr hohe Sicherheitsstandards, ein tolles Design und vor allem ein sehr gutes und für Kunden und Kundinnen interessantes Preis-Leistungs-Verhältnis. Die Vergleichsplattform Carwow hatte zur Shanghai-Auto-Show eine Umfrage gestartet. Hier wurde bestätigt, dass immer mehr Deutsche offen für ein Fahrzeug aus China sind. Knapp ein Drittel der Befragten würde sich inzwischen für eine Marke aus der Volksrepublik entscheiden. Es gibt aber auch Vorbehalte hinsichtlich Bekanntheit und Wartung. Politische Gründe können ebenfalls eine Rolle spielen.


Nio ET5 Touring (2023)

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Software und Remarketing

Mit der Software im Auto ergeben sich Möglichkeiten, Funktionen dazuzubuchen. Wie weit sehen Sie hier die chinesischen Anbieter? Für welche Dienste würden die Nutzer welche Preise zahlen?

M. Thebault:„Functions on demand“ wird eine immer größere Rolle im Automobilbereich spielen. Dabei reden wir nicht nur von Funktionalitäten, die das Infotainment oder die Navigationssysteme betreffen, sondern auch das Betriebssystem oder die Fahreigenschaften eines Autos. Für die Hersteller sehe ich zwei entscheidende Vorteile: Zum einen können sie das Fahrzeug standardisiert anbieten und jeder Kunde und jede Kundin entscheidet selbst, welche Extras online hinzugebucht werden. Zum anderen ist es für die Hersteller eine weitere Einnahmequelle. Die Kosten sind dabei sehr unterschiedlich, je nachdem um welche Installation es sich handelt. Zudem können sich Kunden teilweise zwischen Kauf und Miete entscheiden.

Was bedeutet das On- und Off-Schalten der Funktionen fürs Remarketing der Fahrzeuge, wenn Sie in den Gebrauchthandel gehen?

M. Thebault: Betrachtet man das Gebrauchtwagengeschäft, ist diese Art der Updatemöglichkeit ein Segen. Denn Gebrauchtwagenkäufer können auf diese Weise das Fahrzeug nachträglich unkompliziert „aufrüsten“. Das fördert massiv die Attraktivität gebrauchter Fahrzeuge.


Elaris Dyo Test (2023)

Elaris Dyo Test (2023) Bildergalerie

Vertrieb und Finanzierung

Was braucht ein chinesischer Importeur an Partnern in Europa, um dauerhaft erfolgreich sein zu können?

M. Thebault: Ich sehe vor allem zwei gute Möglichkeiten für einen dauerhaften Erfolg. Die eine ist das klassische Händlernetz. Hier ist der Händler gleichzeitig Verkäufer wie auch Ansprechpartner für Service und Dienstleistung. Oder das Agenturmodell, das immer mehr im Kommen ist, mit dem Händler, der als Vermittler und Unterstützer bei Service und Dienstleistung agiert.  Der Vorteil: Autokäuferinnen und Autokäufer bekommen bei beiden Varianten alles aus einer Hand und haben nur einen Ansprechpartner. Das kann für den Erfolg entscheidend sein.

Dem steht das Leasing gegenüber, das mit steigenden Raten teurer wird. Was heißt das für die chinesischen Hersteller für deren B2C- und B2B-Geschäfte?

M. Thebault: Das Thema steigenden Leasingraten betrifft alle Autokonzerne, nicht nur chinesische Importeure. Auch wenn die Raten weiter steigen, wird das der Beliebtheit des Leasings nicht schaden. Ganz im Gegenteil: Es ist eher davon auszugehen, dass der Leasinganteil immer weiter steigen wird. Besonders im B2C-Bereich nimmt Leasing an Beliebtheit zu. Zwei Gründe sprechen dafür: Das Restwertrisiko lässt sich zum Beispiel im Zusammenhang mit Elektrofahrzeugen umgehen. Zudem hat unsere diesjährige Studie Automobilbarometer 2023 von Consors Finanz gezeigt, dass für 7 von 10 Befragten der Preis für ein Elektroauto derzeit zu hoch ist. Hier können chinesische Hersteller neben erschwinglichen Preisen mit attraktiven Leasingraten einsteigen. Eine weitere Möglichkeit für eine flexible Autonutzung ist das Auto-Abo mit kürzeren Laufzeiten.

Vielen Dank, Herr Thebault, für das Gespräch.

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KOMMENTARE


Böhner

30.06.2023 - 17:08 Uhr

Das Thema chinesische Autos in Europa ist sicher ein interessantes Thema. Die Fahrzeuge mögen auch durchaus auf einem gutem Niveau liegen. Man muss aber auch erst einmal sehen, welchen Reparaturaufwand diese Fahrzeuge nach 10 oder 12 Jahren auf deutschen Autobahnen benötigen. Sehr viel Erfahrung mit unlimitierten Autobahnen haben chinesische Herstelle nicht. Mir stellt sich aber auch die Frage, was passiert, wenn der Taiwankonflikt eskaliert und die Amerikaner massive Handelssanktionen verhängen. Die wenigsten chinesischen Autobauer haben hier in Europa Werke. Sind die nötigen Ersatzteile dann noch beschaffbar oder müssen diese Fahrzeuge dann stehen bleiben? Was machen dann die Restwerte auf dem Gebrauchtwagenmarkt? Auch habe ich ein ungutes Gefühl, wenn ich mich in ein Auto setzte das möglicherweise von uighurischen Zwangsarbeitern zusammengebaut wurde.


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