Von AUTOHAUS-Redakteur Felix Altmann
Was macht Byton auf dem europäischen Markt anders als andere Hersteller?
Andreas Schaaf: Bei uns ist ein kompletter Onlinekauf möglich. Dazu gehört die Konfiguration und Bestellung des Fahrzeugs genauso wie zum Beispiel Versicherung und die Lieferung nach Hause. In allen großen Städten soll es zudem Showrooms – die Byton Places – geben, in denen man sich das Fahrzeug anschauen kann.
Aber ich kann das Auto auch vor Ort beim Händler kaufen?
A. Schaaf: Die gesamte Industrie möchte inzwischen die On- und Offline-Experience kompatibel gestalten. Byton hat ein Direktvertriebsmodell. Wir bieten unser Fahrzeug also in beiden Kanälen, egal ob beim Händler oder im Internet, europaweit zum selben Preis an. So etwas gab es bisher nicht, da die Preise normalerweise von Händler zu Händler, von Region zu Region oder auch von Land zu Land variieren. Man kann im Kaufprozess also auch problemlos zwischen beiden Kanälen hin und herspringen. Zum Beispiel kann man sich das Fahrzeug in einem unserer Byton Places oder beim Händler anschauen, mich beraten lassen oder eine Probefahrt machen, und dann im Anschluss nach Hause gehen und das Fahrzeug in der jeweiligen Konfiguration im Internet bestellen.
Wie wird der Händler vergütet?
A. Schaaf: Wir machen das mit einem Agentenmodell. Bei Byton gibt es nichts anderes. Es gibt keine Händlermarge mehr, sondern eine Kommission. Das ist ein fixer Prozentsatz vom Kaufpreis und kein Discount, denn die Handelspartner sind nicht die Eigentümer des Fahrzeugs, das bleibt während des gesamten Verkaufsprozesses Byton. So können wir die Preisgestaltung bestimmen und die gesamte Agentenkommission bleibt beim Händler, denn den Abschluss des Kaufvertrags macht der Käufer mit Byton. Dem Händler ist es somit egal, ob das Auto bei ihm oder im Internet gekauft wird, denn er bekommt seine Kommission so der so.
Worin besteht der Vorteil, mit lokalen Handelspartnern zusammenzuarbeiten?
A. Schaaf: Die Handelspartner kennen und verstehen ihren jeweiligen Markt und haben täglich mit Kunden aus dem Premiumsegment zu tun. Byton ist ein Start Up und kann dieses Wissen ideal nutzen. Gleichzeitig haben wir einen vollständig dezentralen Ansatz in Europa. Wenn etwas beispielsweise auf dem holländischen Markt gut funktioniert, können wir das auch für andere Märkte direkt umsetzen. Am Ende ist es dann nur eine Hand voll Mitarbeiter, die sich mit dem gesamten europäischen Absatzmarkt von Byton beschäftigen. Das ist etwas, das wäre in der klassischen Automobilwelt undenkbar.
Sind die Händler dann auch im Service-Bereich eingebunden oder gibt es einen eigenen Byton-Service?
A. Schaaf: Von der Sales-Seite her wird Byton einen exklusiven Markenauftritt haben. Beim Service verfolgen wir einen ganz anderen Ansatz. Der Kunde möchte natürlich in erster Linie ein mängelfreies Fahrzeug und wenn doch einmal etwas nicht geht, möglichst wenig Aufwand bei der Reparatur. Und: er möchte sein Fahrzeug in den Händen erfahrener Fachleute wissen. Das war uns sehr wichtig. Das war auch der Grund, warum wir uns für jeden Markt Händler suchen, die auch den Bereich After Sales für uns komplett abdecken. Der Vorteil besteht darin, dass sich dadurch die Auslastung in den Händler-Werkstätten nur minimal steigert und es werden auch nur ein paar neue Werkzeuge für unsere Fahrzeuge gebraucht. Wir versuchen aber in erster Linie so viel wie möglich Reparaturen online Over-the-Air durchzuführen. Das Auto meldet ohnehin automatisch einen Fehler, da es komplett diagnosefähig ist. Kleinere Serviceaufgaben wie zum Beispiel einen Reifenwechseln kann dann der mobile Service direkt beim Kunden vor Ort durchführen oder das Fahrzeug wird beim Kunden zu Hause abgeholt und in eine Werkstatt gebracht. Auch dieser Service wird von einem lokalen Partner übernommen werden.
Warum haben Sie sich nicht für einen reinen Service-Anbieter entschieden?
A. Schaaf: Zum einen war es wichtig für uns, mit bereits etablierten Werkstätten zu arbeiten. Normalerweise dauert es für eine neue Marke wie wir es sind mehrere Jahre, um einen kompletten Service aufzubauen. Zum anderen wollten wir Premiumpartner. Natürlich hätten wir mit einem reinen Service-Unternehmen kooperieren können. Aber es war uns wichtig, dass die Kunden, die unser Fahrzeug bei einem Händler kaufen, es bei diesem Händler auch zum Service geben können. Das wirkt auf den ersten Blick vielleicht etwas traditionell. Wir glauben jedoch, dass es für den Aufbau einer Premiummarke in Deutschland der richtige Ansatz ist.
Byton M-Byte (Serienmodell)
BildergalerieWas ist das Besondere an den Byton Places?
A. Schaaf: Wir haben mit jedem einzelnen Handelspartner Business Cases für das jeweilige Land aufgestellt, dazu gehören auch die Investitionen in die spezifischen Showrooms. Diese unterschieden sich von Region zu Region. Wichtig ist vor allem eine möglichst gute Lage in großen Städten. Der erste europäische Byton Place wird im zweiten Quartal 2021 in Zürich in dem Mehrzweckkomplex genannt "The Circle" am Flughafen eröffnet. Das ist natürlich ein sehr guter, aber auch ein sehr teurer Standort. In diesem Fall war das für uns aber ein echter Glücksfall, da wir nur über die Beziehungen unseres Schweizer Handelspartners in diese exklusive Location reingekommen sind. Das Besondere am "The Circle" ist, dass die Transitpassagiere den Komplex besuchen können, ohne in die Schweiz einreisen zu müssen. Danach können sie einfach weiterreisen. In unserem Byton Place dort verfolgen wir ein modernes Retail-Konzept, bei dem Bereiche wie Service, Finanzierung, Versicherung, Präsentationsstandort, Repair-Center, Logistik und Flagship Store zu einem Ökosystem vereint werden.
Ist Europa ist im Vergleich zu China ein wichtiger Markt für Byton?
A. Schaaf: Europa liegt mit China auf Augenhöhe. In Europa sind Deutschland und Norwegen die Länder, aus denen die meisten Vorreservierungen kommen, wobei die Zahlen in Deutschland stark ansteigen.
Welche Kaufoptionen wird Byton in Europa anbieten?
A. Schaaf: Es wird bei uns die drei klassischen Formen wie Barkauf, Finanzierung und Leasing geben. Speziell Leasing ist natürlich wichtig für das Flottengeschäft. Ebenso überlegen wir in Europa weitere Ownership-Modelle wie ein Abo oder eine Teilnahme an einem Mobilitätskonzept eines anderen Anbieters.
Wie sieht ihr Fahrplan für China und Europa aus?
A. Schaaf: In China fahren wir gerade die Produktion hoch und planen, die ersten Fahrzeuge gegen Ende des Jahres an die chinesischen Endkunden übergeben. Natürlich spüren auch wir die Auswirkungen des Corona-Virus und deshalb ist es wahrscheinlich, dass sich dadurch auch der Fahrplan etwas verzögert. In Europa und den USA soll das Fahrzeug Ende 2021 auf den Markt kommen. Dabei sollen zwei Drittel des Gesamtvolumens außerhalb Chinas verkauft werden. Kein chinesisches Automobilunternehmen ist dazu derzeit in der Lage.
Herr Schaaf, herzlichen Dank für das Gespräch.