Der Streit um die E10-Preispolitik geht auch nach dem Benzingipfel weiter. Erneut hat der ADAC der Mineralölbranche einen klaren Verstoß gegen den Geist der Bestandsschutzregelung vorgeworfen. Die Preisdifferenz zwischen dem alternativ angebotenen Super Plus (98 Oktan) und E10 liege im Bundesdurchschnitt mittlerweile bei fast zehn Cent. "Eine inakzeptable Situation für die Besitzer nicht E10-tauglicher Fahrzeuge. Solange die Mineralölwirtschaft weiterhin diesen Crashkurs beibehält und darauf spekuliert, dass möglichst viele frustrierte Autofahrer auf den teuren Premiumkraftstoff ausweichen, werden die Verbraucher kein Verständnis für E10 aufbringen können", kritisierte der Club in einer Mitteilung vom Freitag (11. März). Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle müsse dringend für einen attraktiven Wettbewerb auf dem Kraftstoffmarkt sorgen, fordert der ADAC weiter. Derzeit führen laut Club-Beobachtungen von den Tankstellen, die in Deutschland E10 anbieten, nur rund ein Viertel Super E5 mit 95 Oktan zu einem fairen Preis. Der Rest biete als Ersatzsorte nur das wesentlich teurere Super Plus an. Autofahrer müssten aber bundesweit die Wahl zwischen echtem Super E5 und dem neuen Biokraftstoff E10 haben. "Eine Kraftstoffsorte, die Millionen Autofahrer tanken wollen, darf dem Markt nicht vorenthalten werden", hieß es abschließend. Beistand erhält der Club von einem Wissenschaftler der Universität Hohenheim. Laut Markus Voeth vom dortigen Lehrstuhl für Marketing kommen die Anbieter nicht umhin, die Preise für E10 zu senken, wenn die den Kaufboykott beenden wollen. Einführungsrabatte seien in anderen Branchen völlig normal. "Man verzichtet einfach für einen Zeitraum wie ein Jahr auf einen Teil seiner Marge, um das Produkt den Kunden erstmal schmackhaft zu machen. Später kann man dann die Preise dann ja wieder etwas anheben, wenn die Kunden ihre Kaufzurückhaltung aufgegeben haben", sagte Voeth. "Mieses E10-Marketing" Von den anderen Branchen könne man auch lernen, dass man neue Produkte nicht durch Sanktionierung des Verbrauchs von Altprodukten – also der künstlichen Verteuerung von E5 –, sondern viel erfolgreicher durch Anreize für den Kauf von Neuprodukten in den Markt bringt. "Und daher ist zweitens festzustellen, dass die Preisvorteile für E10 offenbar bei Weitem noch nicht ausreichen", so Voeth. Die Parole "Weg vom Öl" hält Voeth im Zusammenhang mit der Einführung des als "Biosprits" deklarierten Produkts für ungeeignet. Um die Abhängigkeit der Bundesrepublik Deutschland von dem Öllieferanten Libyen zu verringern, steigt nach seiner Meinung nicht die Mehrzahl der Kunden von Super Plus auf E10 um. Kunden seien nur dann bereit, nachhaltige Produkte zu kaufen, wenn diese für sie persönlich einen Vorteil aufweisen würden, also etwa wie bei Bio-Lebensmitteln, die gesünder sein sollen. Aus Marketingsicht gänzlich verkehrt sei auch die Namensgebung des neuen Treibstoffs: E10 erinnere an den Chemieunterricht in der Schule. "Besser wäre sicher 'Super Bio' oder ähnliches gewesen. Ein solcher Name wäre zumindest positiv besetzt", erklärte der Wissenschaftler.