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Flotten und Steuern in Europa
In ganz Europa betreiben Unternehmen Pkw-Flotten, welche die Mitarbeiter für Dienstreisen und oft auch für private Zwecke nutzen. Welches finanzielle Volumen dieser Bereich in Europa umfasst, zeigt sich exemplarisch an den Zahlen für das gewerbliche Pkw-Leasing des europäischen Dachverbandes Leaseurope. Dementsprechend widmet sich der Fiskus in den einzelnen Ländern auch der Besteuerung von Firmenwagen.
Die steuerlichen Gegebenheiten und Rahmenbedingungen für die Zulassung der Firmenwagen in den einzelnen europäischen Ländern sind ein Dickicht, weshalb ich bei der Beschaffung meist schon die Großkundenbetreuer des Herstellers im Vorfeld hinzuziehe“, sagt der Fuhrparkleiter eines Maschinenbauunternehmens mit mehreren Hundert Pkw im Bestand.
Zwar muss er oft nur in den Nachbarstaaten wie Österreich oder der Schweiz neue Fahrzeuge ordern. Dennoch braucht er Unterstützung, um beispielsweise die Neuzulassung in den einzelnen Kantonen der Eidgenossen schnell zu managen. Schließlich haben diese trotz grundsätzlich landesübergreifender gesetzlicher Regelungen auch unterschiedliche Spielräume in der Auslegung und eigenständige Verantwortungsbereiche, die sich in Konditionen und Verfahrensweisen für die leidgeprüften Flottenbetreiber bemerkbar machen können. Diese Herausforderungen nehmen zu, je komplexer die Regelwerke dort sind und je mehr europäische Länder hinzukommen.
Obwohl die Fuhrparks in vielen Untenehmen europaweit wachsen, herrscht im Fuhrparkmanagement nicht selten Nachholbedarf oder es steckt noch in den Kinderschuhen, was eine europaweit zentrale Organisation betrifft. So kämpft beispielsweise die Flottenmanagerin eines mittelständischen Unternehmens mit Fahrzeugen in sechs verschiedenen Ländern bereits seit zwei Jahren darum, die Fahrzeugzahl in den Fuhrparks der einzelnen Länder genau zu ermitteln. Hindernis ist ein Gerangel um Kompetenzen, weil die Stränge künftig hierzulande zusammenlaufen sollen. Unabhängig davon ist auch in ihrem Unternehmen der Trend klar erkennbar, dass die Fahrzeugzahl über die Grenzen hinweg steigt.
Gewerbliches Kfz-Leasing in europäischen Ländern
Erhebungen dazu, wie hoch die Anzahl der Firmenwagen oder zumindest der gewerblich genutzten Fahrzeuge von Schweden bis Italien und von Bulgarien bis Portugal definitiv sind, finden sich bisher allerdings nicht. Gleichwohl gibt es schlagkräftige Indizien, dass der Bereich eine wichtige Größe darstellt.
Belege dafür liefern die Daten des Dachverbandes Leaseurope, der die Interessen von 45 Mitgliedern aus nationalen Verbänden der Leasing- und Fahrzeugvermietungswirtschaft in 35 Ländern auf europäischer Ebene vereint und damit nach eigenen Angaben rund 93 Prozent des relevanten Leasing- und Vermietmarktes vertritt.
Den größten Part auf europäischer Ebene zählt dabei das Kfz-Leasing, das der Verband über die Ländergesellschaften mit 43 Prozent am gesamten Volumen von rund 209 Milliarden Euro im letzten Jahr angibt. In diesem Kontext hat trotz Wirtschaftkrise und Einbrüchen in allen Ländern auch 2009 wiederum das gewerbliche Leasing bei den Pkw eine tragende Rolle gespielt. Darauf lassen die Angaben zur Aufteilung nach privatem und gewerblichem Zweck schließen, die manche Landesverbände gemacht haben.
Demnach ist das gewerbliche Pkw-Leasing lediglich im Vereinigten Königreich mit zirka 5,8 Milliarden Euro im Vergleich zum privaten Sektor mit einem Neugeschäftsvolumen von rund 11,6 Milliarden Euro der kleinere Part. Nichtsdestotrotz rangiert dort das gewerbliche Pkw-Leasing absolut gesehen unter den europäischen Nachbarn auf dem zweiten Platz in der Leaseurope-Statistik. Denn gemessen am Neugeschäft rangiert nur Frankreich vor UK, deren gemeldetes Volumen für gewerbliche Pkw sich auf rund 6,9 Milliarden Euro addiert.
Als nächstes folgt Italien mit einem Volumen von rund 4,6 Milliarden Euro. Daneben summiert sich das Pkw-Leasing zur gewerblichen Nutzung unter anderem auch in Schweden (1,6 Mrd. Euro) und in Österreich (1,3 Mrd. Euro) auf ordentliche Summen. Dagegen veranschlagt beispielsweise Spanien seinen Anteil im gewerblichen Pkw-Leasing nur mit 825 Millionen Euro, zählt jedoch keinerlei Abschlüsse zur privaten Nutzung. Portugal toppt das spanische Ergebnis wiederum mit 907 Millionen Euro.
Da einige Länder mit einem insgesamt hohen Volumen im Pkw-Leasing, wie die Niederlande mit rund 3,5 Milliarden Euro und die Schweiz mit etwa 3,8 Milliarden Euro oder auch Polen mit rund 1,2 Milliarden Euro, keine Differenzierung vornehmen, lässt sich keine länderübergreifende Auflistung darstellen. Es zeichnet sich auf Basis der vorhandenen Daten aber ab, dass das gewerbliche Pkw-Leasing in allen Ländern und damit in Europa einen hohen Stellenwert einnimmt.
Und derzeit stehen die Zeichen in vielen Ländern auf eine weitere Stabilisierung des gewerblichen Pkw-Leasings oder auf Wachstum. Das lässt sich aus den Prognosen von Leaseurope für das laufende Jahr schließen. So hat Professor Rüdiger Freiherr von Fölkersamb als Präsident von Leaseurope bei der Verkündung der Halbjahreszahlen des Verbandes kürzlich in Frankfurt am Main nicht nur von einer steigenden Investitionsbereitschaft in einigen Ländern gesprochen, sondern auch von einer langsamen Erholung der Märkte in 2010.
Firmenwagen im Visier des Gesetzgebers
Ein großer Teil der in der EU verkauften oder geleasten Pkw sind auch in diesem Jahr folglich Firmenwagen, welche Unternehmen ihren Mitarbeitern zur dienstlichen und oft auch zur privaten Nutzung überlassen. Dementsprechend gerät der Flottensektor in den einzelnen Staaten regelmäßig mal mehr und mal weniger ins Visier des Fiskus, um die Besteuerung der Firmenwagen neu auszuloten oder auf ein neues Fundament zu stellen.
Infolgedessen unterscheiden sich die Regelungen von Land zu Land teilweise gravierend. Während manche Gesetzgeber ihre Vorschriften und Rahmenbedingungen aufgrund der Klimadebatte inzwischen stärker am CO2-Ausstoß und damit an den Schadstoffemissionen ausrichten, müssen sich Unternehmen in anderen Ländern noch als Landvermesser bei der Besteuerung von Firmenwagen verdient machen, da der Bereich nicht klar und eindeutig geregelt ist.
Aus diesem Grund haben wir uns entschlossen, eine Folge an Interviews mit Steuerexperten der renommierten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte zu starten, welche die Vorgaben zur Besteuerung der Firmenwagen in den einzelnen Ländern für Flottenbetreiber aufzeigen. Sie erklären die fundamentalen Parameter, die zugrunde liegen. Dazu zählt zum Beispiel die Behandlung der Firmenwagen aus körperschaftsteuerlicher Sicht, die einkommensteuerrechtliche Seite für Unternehmer und Fahrzeugnutzer oder die Erläuterung der landestypischen Steuern und Grenzen der Absetzbarkeit bei Betrieb einer Flotte.
„Startland“ unserer neuen Serie ist unser östliches Nachbarland Polen (siehe „Steuerspielraum in Polen“ auf der folgenden Seite). A. Schneider
Immer gut informiert:
www.autoflotte.de
- Ausgabe 11/2010 Seite 58 (353.9 KB, PDF)