Ohne Frage – dieser Kia EV6 GT ist wirklich ein Hingucker: Das charakteristische „Digitale Tigergesicht" mit adaptiven Dual-LED-Scheinwerfer und Blinker mit einem sich sequenziell verändernden Lichtmuster fällt sofort ins Auge. Um eine besonders kraftvolle Ausstrahlung zu erzielen, tragen die muskulösen Kotflügel und die neu gestaltete, stark strukturierte so genannte Clamshell-Motorhaube bei, die sich seitlich (wie eine Muschelschale) in die Radhäuser erstreckt.
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Die 21 Zoll großen Leichtmetallfelgen betonen den sportlichen Charakter des Fahrzeugs, während die neonfarbenen Bremssättel auf gesteigerte Verzögerungskraft hinweisen. Das Heck wird durch markante Elemente definiert: flügelartiger Dachspoiler, LED-Rücklichteinheit und spezieller GT-Stoßfänger mit Diffusor. Ein Elektro-Crossover ist wohl die passende Bezeichnung für dieses 4,70 Meter lange Modell.
Kia EV6 GT Test (2024)
BildergalerieKia EV6 GT – nur echt mit „GT“-Taste
Die beiden Motoren an der Vorder- und Hinterachse erreichen mit bis zu 21.000 Umdrehungen pro Minute hohe Drehzahlen. Dadurch konnte die Leistung des Frontmotors auf 160 kW/218 PS gesteigert werden. Das neue Hecktriebwerk leistet zusätzlich 270 kW/367 PS. Insgesamt mobilisiert das System in der Kombination 585 PS und ein Drehmoment von 740 Newtonmeter. Das stärkste Serienmodell von Kia beschleunigt so ausgestattet in 3,5 Sekunden auf Tempo 100 und erreicht in der Spitze 260 km/h. Damit ist der Kia EV6 GT das sprintstärkste Modell in der gesamten Hyundai-Gruppe und spielt diesbezüglich in einer Liga mit Porsche Taycan.
„Geschaltet“ wird im Shift-by-Wire-Modus: Über einen Drehregler auf der Mittelkonsole lassen sich Fahrtrichtung, Leerlauf und Parkposition regeln. Über die Schaltwippen lassen sich die Rekuperationsstufen einstellen – am angenehmsten wurde Level 2 empfunden. Und natürlich muss über diese giftgrüne Taste im Lenkradkranz gesprochen werden: „GT“ steht auf diesem Knopf, das könnte für „grandioses Tempo“ stehen. Ist die Taste aktiviert, bricht das Elektro-Inferno los. Lenkung, Aufhängung, elektrisches Sperrdifferenzial werden auf „maximal dynamisch“ gestellt.
Kia EV6 GT technische Daten und Preis
- Testwagenpreis (brutto): 72.990 Euro
- Zwei Permanentmagnet-Synchronelektromotoren | 430 kW/585 PS. | Automatik | Allrad
- 260 km/h | 3,5 s | WLTP-Verbrauch: 20,6 kWh | 0 g/km
- Abmessungen: 4.695 x 1.890 x 1.545 mm
- Kofferraumvolumen: 480–1260 l (Frunk: 20 l)
- HK 19 | VK 27 | TK 24
- Wartungsintervall: 30.000 km/24 Monate
- Garantie: 7 Jahre Herstellergarantie
Und dann fühlt es sich tatsächlich beim Tritt aufs Gaspedal an, als bekäme man ebendiesen in den Allerwertesten. Dieses Gefühl hat etwas von Katapult, so wie dieser Elektroschocker auf der Autobahn an so ziemlich jedem anderen Verkehrsteilnehmer vorbeischießt. Jenseits der 200 km/h wird das 2,2 Tonnen schwere Fahrzeug dann doch ein bisschen nervös, es dürfte gerne etwas straffer abgestimmt sein. Natürlich geht es auch weniger stressig: Grüne Taste deaktivieren, Fahrmodus „Normal“ oder „Co“ auswählen – und die Korea-Kanone ist wieder zivil unterwegs.
Für die entsprechende Verzögerung sorgen über-groß dimensionierte innenbelüftete Bremsscheiben (Durchmesser 380 Millimeter vorne und 360 hinten) sowie Vierkolben-Hochleistungsbremssättel. Ein integrierter elektrischer Bremskraftverstärker (Integrated Electric Booster, IEB) trägt ebenfalls zur Verkürzung des Bremswegs bei. In Summe dürfte die Bremsanlage dennoch gerne noch etwas bissiger zupacken.
Kia Platform Beyond Vehicle (PBV)
BildergalerieKia EV6 GT – schnell fahren, schnell laden
Von der WLTP-Datenblatt-Reichweite (424 Kilometer) darf man sich natürlich nicht täuschen lassen: Realistisch sind bei moderat niedrigen Temperaturen um die fünf Grad Plus etwa 300 Kilometer. Lässt man es zwischendrin mal ein bisschen krachen, sind 250 Kilometer das absolute Maximum. Wobei sich recht leicht der Stromkonsum errechnen lässt: Gute 30 kWh sind es, wenn man häufig auf der linken Autobahnspur unterwegs ist, 25 wenn sich der rechte Fuß häufiger entspannt – viel weniger wird es kaum. Ist aber nicht tragisch – denn der Kia EV6 GT ist dank 800-Volt-Bordtechnik immer ratzfatz geladen: 100 kW Ladeleistung plus x erreicht man bei fast jedem Ladezustand des Akkus, oder anders ausgedrückt: Wenn der Schnelllader mitspielt, ist das Fahrzeug locker in einer Kaffeepause (18 Minuten) wieder auf 80 Prozent geladen.
Diese Zeit kann man nutzen, um sich den fein und optisch ansprechend gemachten Innenraum genauer anzusehen, in dem man gerne Platz nimmt: Zwei nahtlos miteinander verbundene 31 Zentimeter große Bildschirme (12,3 Zoll) – das digitale Kombiinstrument und der Navigations-Touchscreen – liefern in gestochen scharfen Grafiken alle Fahr-, Konnektivitäts- und Unterhaltungsinformationen. Zu loben ist zum einen die sehr schnell reagierende und mehrere Perspektiven liefernde Rückfahrkamera, mithilfe derer sich auch knifflige Ein- und Ausparkmanöver leicht meistern lassen. Zum anderen sind die beiden Kameras, die beim Blinker-Einsatz die jeweils beiden toten Winkel nach hinten aufnehmen, ein echtes Plus an Sicherheit (vor allem für andere Verkehrsteilnehmer natürlich).
Zudem bietet der EV6 GT über ein Electric-Active-Sound-System. Diese Funktion kann mithilfe des Soundsystems ausgewählte Geräusche synthetisch verstärken oder ein Fahrgeräusch auch eliminieren. Dabei lassen sich sowohl der Charakter als auch die Lautstärke des virtuellen Motorsounds variieren.
Vorne gibt es im Kia EV6 GT ein Frunkchen
Die Ladekante des Gepäckabteils ist etwa in Kniehöhe positioniert, keine Schwelle stört beim Beladen. Vier Plastikhäkchen haben die Koreaner im Kofferraum verbaut – immerhin. Und unter dem Ladeboden ist noch Platz für ein wenig Krimskrams. Wer mehr Platz für Kisten und Kartons braucht, erhält durch das Umklappen der Rückbank eine fast ebene Fläche mit insgesamt 1.260 Liter Ladevolumen.
Und noch ein bisschen mehr Stauraum gibt’s im 20-Liter-Frunk unter der Haube – der allerdings eher die Bezeichnung „Frunkchen“ verdient. Im Fond des 5-Sitzers finden zwei Erwachsene recht bequem Platz, sofern sie die 1,80-Meter-Marke nicht deutlich reißen. Die dürfen sich dann auf zwei USB-C-Anschlüsse für ihre Smartphones freuen.
Der Kia EV6 GT ist in dieser Konfiguration voll bis unters Dach ausgestattet. Zum Serienumfang gehören die einigermaßen bequemen, aber leider nicht elektrisch verstellbaren Sportsitze mit Stoffbezügen in Wildlederoptik, ein Head-up-Display, ein Meridian-Soundsystem, die aus dem Standard-EV6 bekannten Türgriffe mit automatischer „Flush-Funktion" und natürlich die Sportpedalerie. Und nicht zu vergessen – im EV6 GT werkelt alles, was es derzeit an elektronischen Sicherheitshelfern gibt.
Kia Elektrostrategie
BildergalerieFazit Kia EV6 GT
Wer eine Elektroschocktherapie benötigt, macht mit dem Kia EV6 GT nichts falsch: Wohl nirgendwo bekommt man solch eine Super-Sause zum fast schon Schnäppchenpreis von 72.000 Euro. Ein vergleichbar sprint- und spurtintensiver Porsche Taycan GTS oder gar Taycan Turbo schlägt mit dem Doppelten zu Buche. Wer mit weniger Leistung zufrieden ist, aber auch nicht auf die Annehmlichkeiten des Kia verzichten will, ist mit dem Standard-Modell Kia EV6 (ab 47.900 Euro) bestens bedient.