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Fahrbericht Volvo XC40 Recharge P8 AWD: Stromern mit Attitüde

19.02.2021 14:08 Uhr
Das Kompakt-SUV Volvo XC40 Recharge P 8 AWD ist ein wahrer Potenzprotz.
© Foto: Volvo

Volvo überführt sein Premium-Image nun auch auf die Generation Stromer. Als Premiere steht der XC40 an der Wallbox und zeigt, dass sich Stromern simpel anfühlen muss.

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Von Rocco Swantusch/Autoflotte

Jetzt wird es ernst bei Volvo. Nach dem Erfolg der 2020 aufgelegten Plug-in-Hybride, deren Anteil in diesem Jahr bei 40 Prozent des Verkaufsportfolios liegen soll, wenn es nach dem Volvo-Deutschland-Chef Thomas Bauch geht, soll dieser selbsternannte "Zwischenschritt" durch vollelektrische Versionen ergänzt (in diesem Jahr planen die Schweden einen BEV-Anteil von nur fünf Prozent) und mittelfristig abgelöst werden. Das Tempo geben wie überall die angebotenen Modelle vor und der Premieren-Schleier fiel nun beim XC40 Recharge P8 AWD. Dem Kompakt-SUV wurde die Polestar 2-Technik einverleibt, was ihn zu einem wahren Potenzprotz macht (zwei E-Motoren zu je 204 PS und 660 Newtonmeter) und mit dem Modelljahr 2022, das im Frühjahr erwartet wird, erhält der Hochbeiner auch noch das Infotainment sowie noch leistungsfähigere Fahrerassistenten aus dem Edel-Stromer – und er wird sogar günstiger. Das Modelljahr 2021 wird für 62.000 Euro brutto zum Flottenzugang. Der Nachfolger soll "deutlich unter 60.000 Euro brutto" liegen. Aber bleiben wir beim aktuellen Modelljahr 2021, dessen Fahrleistung sich vom Modelljahr-Nachfolger nicht unterscheiden wird. Und diese macht definitiv Lust auf mehr.

Wer elektrisch unterwegs ist, erwartet keine Wunderdinge von seinem Gefährt – und für Extra-Reichweite sind E-Fahrer auch zu Kompromissen bereit. Interessanterweise besteht der Kompromiss beim XC40 Stromer nicht im klassischen Tempo-Limit, wie es bei E-Modellen oft der Fall ist. Denn der Schweden surrt wie alle konventionellen Brüder maximal 180 Stundenkilometer schnell. Ein Wert, der auch auf der 135 Kilometer langen Testfahrt bei fünf Grad Celsius in Norddeutschland kurzfristig ausgereizt wurde, aber sofort meldet sich das schlechte Gewissen. Weniger der Umweltgedanke, als die maximale persönliche Freiheit in Reichweite gemessen wurde hier herausgefordert. E-Fahrer disziplinieren sich in der Regel sehr schnell und sehr radikal. So auch beim XC40 Recharge, der aber ob des immensen Spurtvermögens – 4,9 Sekunden bis Tempo 100 – genug Fahrspaß birgt. Diesen einzufangen ist Aufgabe der elektrischen Bremse, die mit dem Weichen des Fußes vom Gaspedal den Energiefluss umkehrt.

Reichweite wird in Batteriekapazität angegeben

Verzögern statt beschleunigen heißt es dann und das gelingt ganz dem Ideal des One-Pedal-Drive in fast allen Fahrsituationen perfekt. Die gut 2,2 Tonnen Leergewicht (allein die Batterien wiegen 500 Kilogramm) schieben bisweilen ein bisschen länger als gewünscht nach. So wächst im bremsbereiten Stadtverkehr der Radius laut dem WLTP-Normblatt auf fast 540 Kilometer. Kombiniert werden 400 bis 418 km angegeben, was einem Verbrauch von 23,8 bis 25,0 kWh pro 100 Fahrkilometern entspricht. Exakt 25,5 kWh waren es auf der gemischten Testrunde. Man kann also damit als Richtwert für das Gros des Jahres planen. Bitterkalte Tage wie zuletzt schreiben aber auch hier ihre eigene Stromrechnung. Beim Spiegelstrich "planbare Mobilität" auf der Stromer-Checkliste passt also der Haken am E-Probanden. Etwas verwirrend ist allerdings die Tatsache, dass die Reichweite nicht in Kilometern, sondern in Batteriekapazität (75 kWh sind maximal nutzbar also 100 Prozent) angegeben wird. Aber diese Prozentangaben, die mit der Zielzeit zum Start der Tour erscheint, ist ein verlässlicher Anhaltspunkt. Die weiteren Basics eines Stromers auf unserer Checkliste beherrscht der Schwede ebenfalls beeindruckend gut. Sprich: Gute Bedienung der Grundfunktionen; schnelles Laden; leichtes Finden von Ladesäulen.


Volvo XC40 Recharge (2020)

Volvo XC40 Recharge (2020) Bildergalerie

Im Detail heißt dies, dass man sich an Bord des SUV schnell zurechtfindet. Das wuchtige Zentraldisplay ist gut gegliedert. Das im E-Auto immer wichtige Paar von Lenkrad- und Sitzheizung liegt gemeinsam auf einem Piktogramm. Generell gibt es kaum Knöpfe. Über die beiden Lenkrad-Menü-Tastfelder lassen sich die Grundfunktionen leicht steuern. Das ACC wird einfach per Knopfdruck aktiviert. Wohingegen sich die Assistenten (unter anderem der Pilot Assist, der bis Tempo 130 aktiv ist) per simplen Knopfdruck deaktivieren lassen. Das sollte man aber nicht, denn deren Hilfe ist stets dezent, wenn auch der Spurhalte-Helfer durchaus nachhaltig seine Ideen der Idealspur durchdrücken mag. Andere Stromer-Hersteller regeln diese Menüführung über zwei Knubbel am Lenkrad und es funktioniert hier auch nicht schlechter. Fürs Starten braucht es noch nicht einmal einen Knopf im XC40. Einfach reinsetzen, anschnallen. Tritt aufs Bremspedal. Ganghebel ziehen. Gas.

So flott kann auch das Laden gehen. Das "Rechargen" funktioniert mit maximal elf kW AC und 150 kW DC. Das Finden der nötigen Säulen ermöglicht Google Maps, das die gesamte Navigation übernimmt. Statt das Geld in ein eigenes – und im Grunde schlechteres – Navi zu stecken, setzt man auf das beste System am Markt. Entsprechend top ist auch die Spracheingabe. Unter "top" fallen traditionell die ausgezeichneten Sitze (im Testwagen war es das Sitzkomfort-Paket mit Ledersitzen für 815 Euro). "Top" könnte auch die nun angebotenen Updates per "over-the-air"-Technik werden. Unter "gut" fällt die Übersicht im 4,43-Meter-SUV, wobei der 360-Grad-Überblick (im Xenium-Paket Pro für 2.227 Euro samt dem sinnvollen Panorama-Glasschiebedach) daraus ein "exzellent" macht.

Großer Fahrspaß

Ein solch cleveres Duo bilden auch der Koffer- und der Motorraum. Das Volumen im Heck ist so groß wie beim Otto-XC40 und der verwaiste Motorraum – die beiden E-Motoren sind an den beiden Achsen montiert, so werden vorn immerhin 30 Liter Stauraum freigegeben – nimmt die Ladekabel gern mit auf. Die Ladebuchse ist zwar links angeschlagen, aber die 4,5 Meter des Typ-2-Kabels überbrücken diese Distanz leicht. Noch ein Wort zum Wesentlichen. Dem Fahren. Das Überbrücken der Distanzen, deren Länge sich wie beim Diesel oder Benziner zum Großteil ob des Fahrstil des Nutzers definiert, passiert Volvo-typisch bequem, federleicht und fast grenzenlos, denn der Allradler macht einfach nur Spaß. Durch die gleichmäßige Gewichtsverteilung auf Vorder- und Hinterachse versprüht der Schwede eine sehr große Entspanntheit. Und so fährt man gefühlt einen klassischen SUV, bewegt sich aber in einem E-Auto. Der XC40 Recharge P 8 AWD ist ein gelungener Auftakt, der sicher seinen Preis hat. Anfang März folgt der nächste batterieelektrische Volvo, diesmal wird ein Crossover an der Ladesäule erwartet. Beide sind aber wohl nur der Aufgalopp für den XC90 als Voll-Stromer, der das Wort "Recharge" dann in richtig großen Lettern schreiben soll.

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