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Fahrbericht Porsche Cayenne III: Spaß Utility Vehicle

30.10.2017 14:21 Uhr
Wie auf Schienen ist hier nicht nur eine hohle Phrase: der Cayenne fährt wirklich wie ein deutlich leichteres und vor allem deutlich flacheres Auto durch die Kurve.
© Foto: Porsche

Mit dem neuen Cayenne will Porsche an die Erfolge der ersten beiden Generationen anknüpfen. Mit einer langen Liste an Änderungen soll das Auto fit für Gegenwart und Zukunft werden.

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Von Max Friedhoff/sp-x

Man muss schon zweimal hinschauen, wenn man vor dem neuen Porsche Cayenne steht und die Unterschiede zum Vorgängermodell ausmachen möchte. Breiter ist er geworden, um 2,3 Zentimeter. Und flacher: Die Designer haben das Dach des um einen knappen Zentimeter abgeflacht, zusätzlich ist die C-Säule nun stärker nach vorne geneigt, was dem Cayenne eine coupéhaftere Optik bescheren soll. Den größten Unterschied findet man am Heck, wo ein durchgängiges Leuchtenband das voluminöse Design etwas zu sortieren versucht.

Außerdem fällt der Schwung der hinteren Kotflügel etwas sanfter aus als bei Generation Zwei. An der Front weisen lediglich neugestaltete Scheinwerfer mit einem Dreipunkt-LED-Tagfahrlicht auf den Modellwechsel hin. Weitere Änderungen: Die Räder sind rundherum um ein Zoll gewachsen und sind nun mindestens 19 Zoll groß. Optional sind außerdem Felgen in 20 und 21 Zoll erhältlich. Erstmals rollt der Cayenne außerdem auf einer Mischbereifung. Ein aktiver Dachspoiler, der je nach Fahrzustand unterschiedliche Funktionen von Anpressdruck bis Geräuschreduzierung erfüllt, rundet die Neuerungen beim Exterieur ab.

Alles, was gut und teuer ist

Deutlich größer fällt der Unterschied zwischen den Generationen im Innenraum aus, wo Porsche auf den ersten Blick alles verwendet hat, was schon im neuen Panamera gut und teuer war. Der zentrale, analoge Drehzahlmesser wird von zwei digitalen Screens flankiert, die diverse Anzeigen von Navi-Informationen über den Fahrzeugzustand bis hin zum Laptimer darstellen können. Der wirksamste Blickfang in der Mittelkonsole ist neben dem hochglanzschwarzen kapazitiven Tastenfeld zur Steuerung der Klimaanlage definitiv der 12,3 Zoll große Touchscreen über den neu ausgerichteten Lüftungsdüsen. Das System glänzt nicht nur mit einer tollen Auflösung und einer guten Übersichtlichkeit in den Menüs, auch die Aufteilung der diversen Unterpunkte ist porschetypisch sehr durchdacht und schnell erlernt. Im Vergleich zum Panamera kommt der neue Cayenne mit noch mehr Konnektivität daher.


Porsche Cayenne (2018)

Porsche Cayenne (2018) Bildergalerie

Unter anderem lassen sich nun eine Online-Musik-App und diverse Smarthome-Funktionen über das System nutzen. Außerdem sind erstmals die Sprachsteuerung "Voice Pilot" mit 150 erkannten Befehlen sowie eine Online-Navigation mit Echtzeit-Verkehrs- und Schwarmdaten an Bord. Nicht nur als Porsche-Fahrer fühlt man sich im Cockpit des neuen Cayenne schnell zuhause und zu jeder Zeit sehr wohl. Dazu trägt neben den hervorragend platzierten Sitzen auch das handliche Lenkrad mit (optionalem) Fahrmodi-Rädchen bei. Klar: Im 911 sitzt man immer noch näher am Geschehen als in dem rund zwei Tonnen schweren SUV, eine sportwagenähnliche Sitzposition ist dem Cayenne aber keinesfalls fremd. Auch im Fond findet man als großgewachsener Mensch vernünftig Platz, hier dürfte den Ingenieuren die um 6,3 Zentimeter gewachsene Länge des Autos in die Karten gespielt haben. Auch der Kofferraum wuchs: um rund 100 auf 770 Liter.

Doch genug zu weicheren Kotflügel-Rundungen und hippen Software-Spielereien. Schließlich trägt der Cayenne stolz das Porsche-Wappen auf der Haube und soll sich dieses auch verdienen. Für alle drei zum Marktstart erhältlichen Modelle – Cayenne, Cayenne S und Cayenne Turbo – gilt: Den größten Eindruck macht die neue Hinterachslenkung, die bis zu einer Geschwindigkeit von 80 km/h den Wendekreis verkleinert und die Dynamik erhöht sowie bei höherem Tempo spurstabilisierend wirkt. Wie der Cayenne mit dem System ums Eck geht, ist wirklich eine Überraschung – im positivsten Sinne. Wer ein träges und schwerfälliges SUV erwartet, wird von diesem Auto eines Besseren belehrt.

Kombiniert mit der elektromechanischen Wankstabilisierung "PDCC" wird der Cayenne zum sportlichsten SUV, das man aktuell kaufen kann. Die Stabilisierung wirkt bis zu einer Querbeschleunigung von 0,8 G. Wie auf Schienen ist hier nicht nur eine hohle Phrase: der Cayenne fährt wirklich wie ein deutlich leichteres und vor allem deutlich flacheres Auto durch die Kurve. Optional (im Turbo Serie) gibt es außerdem eine Dreikammer-Luftfederung, die eine größere Spreizung zwischen Komfort und Dynamik erlauben soll. Das System funktioniert auf Knopfdruck und die Unterschiede sind sehr gut spürbar. Allerdings gehört der Cayenne selbst im komfortabelsten Modus eher zu den härter abgestimmten SUV.

"Dreinuller" etwas enttäuschend

Die drei Modelle unterscheiden sich nicht nur bei Optik – im Turbo gibt es unter anderem große Lufteinlässe an der Front – und Ausstattungsniveau, auch motorseitig hat der Kunde die Qual der Wahl. Im Basis-Cayenne steckt ein Dreiliter-V6 mit 250 kW / 340 PS und einem Drehmoment von 450 Newtonmeter. Das Aggregat muss das leichteste der drei Autos bewegen: Mit 1.985 Kilo liegt der Cayenne hier erstmals unter zwei Tonnen. Trotzdem fährt der "Dreinuller" etwas enttäuschend. Das Triebwerk tut sich gefühlt recht schwer mit dem großen Fahrzeug und klingt unter Last gerne mal sehr angestrengt.

Am anderen Ende der Skala steht der "Turbo" mit einem doppelt aufgeladenen V8 und rund vier Liter Hubraum. Hier zerren 404 kW / 550 PS an allen vier Rädern, unterstützt von 770 Newtonmeter Drehmoment. Im Sport-Plus-Modus geht es laut Porsche in 3,9 Sekunden auf Tempo 100. Allerdings schleppt der Turbo auch das größte Leergewicht mit sich herum – satte 2.175 Kilogramm. Im richtigen Drehzahlbereich hängt der große Motor gut am Gas und schiebt das SUV auch ordentlich vorwärts. Trotzdem fehlt dem Turbo die spielerische Freude, mit der sich das Mittelstück der Modellpalette, der Cayenne S, bewegen lässt. Der wohl beste Kompromiss im Line-up setzt auf einen 2,9 Liter großen V6 Biturbo und schaufelt 324 kW / 440 PS aus den Brennräumen. Dazu gibt es ein Drehmoment von 550 Newtonmeter. Mit 2.020 Kilogramm ist der "S" nah am Basismodell sowie satte 155 Kilogramm leichter als der Turbo – und das merkt man.

Wer zum Autobahn-Gleiten und Innenstadt-Zuckeln auch noch einen echten Landstraßen-Spaßmacher will, sollte zum Cayenne S greifen. Der Klang ist eine Oktave höher als beim Turbo und subjektiv auch etwas lauter – eigentlich perfekt. Mit der Hinterachslenkung, der Wankstabilisierung und dem Biturbo-V6 hat Porsche aktuell mit Abstand das spaßigste SUV im Portfolio. Auch der heckbetontere Allradantrieb trägt zur Freude bei, mit ein bisschen Gas lassen sich engere Kurven spielerisch im Drift verlassen. Man hält es kaum für möglich, wie leichtfüßig so ein Zweitonner mit den richtigen Mittelchen erscheinen kann – ein echter Sportwagen im SUV. Und hier ist nun kein Fünf-Euro-Schein ins Phrasenschwein fällig, sondern ein Lob an die Entwicklungsabteilung in Zuffenhausen. Einziger Kritikpunkt: Das neue Achtgang-Automatikgetriebe, das wegen der hängerziehenden Kundschaft den Vorzug vor einem Doppelkupplungsgetriebe erhielt, passt mit ab und zu auftretenden Bedenkzeiten nicht ins Bild, das der Rest des Fahrzeugs malt.

Ach ja, Geld kostet der neue Cayenne natürlich auch. Für das Basis-Modell werden 62.880 Euro netto fällig, für den Cayenne S deren 77.280 netto. Das Turbo-Modell schlägt mit 116.680 Euro netto zu Buche. Gut also, dass sich die Performance den 911-ähnlichen Preisen angenähert hat.

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