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Fahrbericht Mercedes S-Klasse Facelift: Mit Extra-Schub

21.07.2017 13:10 Uhr
Pünktlich zur Vorstellung des neuen Audi A8 schickt Mercedes die aufgefrischte S-Klasse ins Rennen um die Oberklassekundschaft.
© Foto: Mercedes-Benz

Gerade hat Audi den neuen A8 vorgestellt, schon legt Mercedes-Benz mit der aufgefrischten S-Klasse nach. Mit neuen, starken Motoren machen die Stuttgarter mächtig Druck.

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Von Michael Gebhardt/sp-x

Pünktlich zur Vorstellung des neuen Audi A8 schickt Mercedes die aufgefrischte S-Klasse ins Rennen um die Oberklassekundschaft. Um auch in den kommenden Jahren an der Segmentspitze mitfahren zu können, haben die Stuttgarter nicht nur die Optik mit neuen Scheinwerfern und Schürzen sichtbar überarbeitet, sondern über 6.500 Teile angefasst. Herzstück der ab sofort für mindestens 71.125 Euro netto bestellbaren S-Klasse ist aber der neue Reihensechszylinder, der mit 48-Volt-Unterstützung und E-Booster mächtig Druck macht.

Der neue Dreiliter-Motor kommt im S 450 mit 270 kW / 367 PS sowie in einer auf 320 kW / 435 PS hochgezüchteten Variante als S 500 auf den Markt und verdrängt mit rund 500 Newtonmeter Drehmoment den bisherigen Achtzylinder von seinem Platz. Mit der Einführung des 48-Volt-Netzes hat ein integrierter Startergenerator (ISG) Einzug gehalten, der den Riementrieb überflüssig macht und kurzfristig bis zu 16 kW / 22 PS und 250 Nm Drehmoment beisteuern kann. Das bringt Extra-Schub und gleichzeitig übernimmt der ISG auch die Rekuperation und speist zurückgewonnene Energie in die 0,9-kWh-Lithium-Ionen-Batterie ein. Doch damit nicht genug: Ein zusätzlicher elektrischer Verdichter macht dem Turboloch endgültig den Garaus und drückt schon bei niedrigen Drehzahlen genug Luft in die Brennkammern, um den Motor zu Hochleistungen zu animieren. Das Ergebnis: Äußerst knackiges Ansprechverhalten, unmittelbare Kraftentfaltung und jede Menge Fahrspaß – bei gleichzeitig reduziertem Durst. Mercedes verspricht für den S 500 einen Verbrauch von 6,6 Liter Benzin, der bisherige Achtender verbrannte gut zweieinhalb Liter mehr.

Einzige Schwachstelle: Bei höherem Tempo geht dem Reihensechser ein wenig die Puste aus und die Kraftentfaltung lässt spürbar nach. Das fällt vor allem im Vergleich zur Vehemenz, mit der sich der Motor beim Anfahren ins Zeug legt, deutlich auf. Abhilfe schafft der S 560: Der ebenfalls neu entwickelte Vierliter-Achtzylinder stemmt 345 kW / 469 PS und 700 Newtonmeter auf die Kurbelwelle und nimmt selbst kurz bevor der elektronische Begrenzer bei 250 km/h den Riegel vorschiebt noch artig Gas an und legt nochmal eine Schippe drauf. Im Alltagsbetrieb allerdings wirkt der Achtender nicht ganz so harmonisch wie der neue Reihensechser, und das Mehrgewicht auf der Vorderachse macht sich auch bemerkbar.


Mercedes-Benz S-Klasse 2018 (Fahrbericht)

Mercedes-Benz S-Klasse 2018 (Fahrbericht) Bildergalerie

Dass das Aggregat noch mehr kann, beweist der V8 als AMG S 63: Dort leistet er 450 kW / 612 PS, entwickelt satte 900 Newtonmeter und katapultiert den Luxus-Liner in unwirklichen 3,5 Sekunden auf Tempo 100. Der AMG-Version vorbehalten ist außerdem die Zylinderabschaltung, die den Verbrauch im Idealfall auf 8,9 Liter drücken soll. Unverändert im Angebot sind die beiden Zwölfzylinder, im S 600 mit 390 kW / 530 PS und als Über-S-65 mit 463 kW / 630 PS (ab 237.346 Euro). Und natürlich steht die S-Klasse auch weiterhin als Selbstzünder beim Händler, auch wenn Diesel gerade ein Reizwort in der Stuttgarter Konzernzentrale sein mag.

Diesel mit 700 Nm Drehmoment

Hier kommt ebenfalls ein neuer Reihensechszylinder mit drei Liter Hubraum zum Einsatz, als S 350 d (210 kW / 286 PS) und S 400 d (250 kW / 340 PS). Letzteren adeln 700 Newtonmeter Drehmoment zum derzeit stärksten Mercedes-Pkw-Diesel, was sich auf dem Papier in einer Sprintzeit von unter fünfeinhalb Sekunden ausdrückt. Der Verbrauch liegt bei 5,2 Litern. Noch sparsamer geht’s mit dem neuen Plug-in-Hybrid, der dank einer vergrößerten Batterie gut 50 Kilometern stromern kann – er wird in Kürze nachgereicht. Wie gehabt, sind die meisten Motorvarianten mit kurzem undlangem Radstand erhältlich, und auch der auf 5,46 Meter gestreckte Mercedes-Maybach (ab 139.700 Euro) ist weiter erhältlich. Allrad steht für die meisten Motoren zur Verfügung und bis auf die V12-Modelle fahren alle mit neunstufiger Automatik vor.

Neben den neuen Motoren haben die Techniker auch den Unterbau weiterentwickelt: Das Magic-Body-Control-Fahrwerk, das die Straße scannt und die Feder-Dämpfer-Einstellung mit vorauseilendem Gehorsam anpasst, wurde um den Curve-Modus erweitert. Der erlaubt es der Limousine, sich sprichwörtlich in die Kurve zu legen. Das soll die Querkräfte auf die Passagiere reduzieren, wirkt aber vor allem im Fond anfangs recht ungewohnt. Wer also Gäste dabei hat, die leicht Seekrank werden, sollte lieber im Komfort- oder Sport-Modus fahren. Außerdem steht die Curve-Funktion nicht für den neuen Reihensechser zur Verfügung; sie benötigt den nicht mehr vorhandenen Riementrieb.

War’s das mit Neuerungen? Nein: Mercedes hat noch an vielen weiteren Stellschrauben gedreht. So wurden die LED-Scheinwerfer um ein ultrahelles Fernlicht erweitert, das über 650 Meter weit leuchtet. Im Cockpit haben neben einem neuen Lenkrad die beiden aus der E-Klasse bekannten, übergroßen Displays Einzug gehalten und mit der neuen Energizing-Komfortsteuerung können bis zu sechs Programme ausgewählt werden, die per Tastendruck oder Sprachbefehl für zehn Minuten Klimatisierung, Ambientelicht, Beduftung, Musik und Sitzmassage an das gewählte Motto passen. Und natürlich hat Mercedes auch die Assistenzsysteme überarbeitet: Der Abstandstempomat Distronic wurde um eine "Automatik" erweitert, die das Tempo nicht nur abhängig vom Vordermann regelt, sondern auch Kurven, Kreisverkehre oder Abbiegungen berücksichtigt. Je nach gewähltem Fahrmodus verzögert der Benz dann mehr oder weniger stark, damit der Fahrer geschmeidig ums Eck oder durch den Kreisel fahren kann, ohne selbst bremsen zu müssen. Nur auf den Verkehr achtet die S-Klasse dabei noch nicht: Hat also jemand im Kreisverkehr Vorfahrt, ist der Fahrer gefragt. Es dürfte allerdings nur noch eine Frage der Zeit – und der Gesetzgebung – sein, bis der Benz auch das im Blick hat.

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