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Fahrbericht Ford Mustang Mach-E: Der elektrische Cowboy

18.12.2020 11:47 Uhr
Auf dem Weg in die neue Zeit ist aus dem legendären Muscle Car Ford Mustang ein vergleichsweise gewöhnliches SUV geworden.
© Foto: Ford

Von wegen Achtzylinder. Der neue Mustang Mach-E setzt auf Akkus und fährt als Fords erster dezidierter Elektriker gegen Tesla Model Y, VW ID.4 und Jaguar I-Pace. So groß die Hoffnungen und womöglich auch die Begeisterung sind, so kurz wird allerdings seine Karriere.

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Von Benjamin Bessinger

Ist das die Sehnsucht oder eine Sinnestäuschung? Wer zum ersten Mal das Pedal durchdrückt im neuen Ford Mustang Mach-E, hört tatsächlich den Sound eines V8-Motors. Und auch der Kick beim Kickdown ist so wie immer. Doch das ist auch das Einzige, was der Mach-E mit dem Mustang gemein hat. Denn auf dem Weg in die neue Zeit ist aus dem legendären Muscle Car ein vergleichsweise gewöhnliches SUV geworden, und statt mit acht Zylindern fährt er mit Akkus. Dafür allerdings hat er sich erlauchte Gegner ausgesucht: Wenn Ford zu Netto-Preisen ab 39.411 Euro kurz nach dem Jahreswechsel mit der Auslieferung beginnt, geht es nicht mehr gegen Camaro & Co, sondern gegen wegweisende Stromer wie den VW ID4, den Jaguar i-Pace und vor allem das Tesla Model Y. In diesem illustren Umfeld positionieren sich die Amerikaner geschickt zwischen den Volumen-Modellen auf der einen und den Luxusmarken auf der anderen Seite und grasen mit dem Mustang so gleich auf zwei Weiden.

Während außen der hohen SUV-Silhouette zum Trotz tatsächlich der Mustang Pate stand und zumindest die stark konturierte Haube, die weit ausgestellten Hüften über der Hinterachse und die Heckleuchten an das Pony-Car erinnern, haben die Designer innen ganz deutlich auf den Newcomer aus Kalifornien geschaut: Nicht umsonst gibt es im Cockpit neben dem klitzekleinen Bildschirm hinter dem Lenkrad einen riesigen, senkrechten Touchscreen, der fast frei vor der Mittelkonsole schwebt. Allerdings ist Ford den Tesla-Weg nicht ganz zu Ende gegangen und hat dankenswerter Weise ein paar Knöpfe in die neue Zeit gerettet und so die Bedienung deutlich leichter geregelt als viele elektrische Konkurrenten.

Mit einem "Frunk" unter der Bughaube

Zwar steht der Mustang auf einer eigenen, um den Elektroantrieb herum entwickelten Plattform. Doch anders als die Konkurrenz schlagen die Amerikaner daraus nur wenig Profit: So bietet er zwar bei 4,71 Metern Länge und 2,98 Metern Radstand verglichen mit konventionellen SUV genügend Platz, aber das Aha-Erlebnis, das vor allem die Hinterbänkler etwa im ID.4 haben, bleibt im Fond des Ford aus. Und das niedrige Dach sowie die eher schmalen Fenster helfen auch nicht beim luftigen Raumempfinden. Dafür allerdings gibt ausgerechnet der Mustang den Praktiker unter den elektrischen SUV und bietet neben dem Kofferraum von 402 Litern noch einen "Frunk" unter der Bughaube. Der hat nicht nur stolze 100 Liter und einen pfiffigen Raumteiler, den man eher bei Skoda vermutet hätte. Sondern genau wie die Mega-Box beim Puma hat die Kunststoffwanne auch einen Ablauf, so dass man darin problemlos dreckige Sportschuhe oder das Eis für die nächste Party transportieren kann. Weniger praktisch ist ein anderes Gimmick der Designer: Die Türen. Denen fehlen die konventionellen Griffe, weil sie jetzt mit Sensoren öffnen und den Passagieren entgegenspringen. Das sieht cool aus, ist aber nicht wirklich praktisch. Denn vorne gibt es dazu zumindest noch einen kleinen Haken, an dem man sie aufziehen kann, hinten muss man mühsam ums Blech greifen.

Natürlich können auch der stärkste Elektromotor und der beste Soundprozessor keinen V8 ersetzen. Doch wer im Modus "Temperamentvoll", nach "Zahm" und "Aktiv" dem sportlichsten Fahrprofil, startet, erlebt tatsächlich ein wenig Muscle-Car-Feeling: Denn beim Kickdown galoppiert der elektrische Erstling schneller davon, als etwa ein Porsche Macan und erreicht schon nach 5,1 Sekunden Tempo 100. Und dabei reden wir noch nicht vom Mustang GT, der Ende nächsten Jahres in die Liga der Supersportwagen vorstoßen und die 100er-Marke schon nach 3,7 Sekunden reißen will.


Ford Mustang Mach-E

Ford Mustang Mach-E Bildergalerie

An der Spitze steht zunächst eine Version mit zwei Motoren, die zusammen auf 258 kW oder 346 PS kommen, aus einer Batterie mit brutto 99 kWh gespeist werden und so auf eine WLTP-Reichweite von 540 Kilometern kommen. Alternativ gibt’s es eine heckgetriebene Version mit 216 kW / 290 PS und respektablen 610 Kilometern Reichweite, sowie je eine Variante mit einem Akku von 76 kWh Bruttokapazität. Dann stehen für Heck- oder Allradantrieb jeweils identische 198 kW / 269 PS im Datenblatt, die für bestenfalls 410 oder 440 Kilometer reichen.

Zwar gehört der Mach-E zur sportlichen Sorte, münzt das hohe Batteriegewicht in einen tiefen Schwerpunkt um und geht entsprechend knackig ums Eck. Doch anders als beim "echten" Mustang ist der Spaß hier ein bisschen früher vorbei als üblich: 180 km/h schaffen die Standard-Versionen und selbst dem performanten GT drehen die Amis bei 200 Sachen den Saft ab. Das ist mehr als bei vielen Konkurrenten, doch für die Mutter aller Muscle Cars vielleicht ein bisschen wenig.

Beim Laden flott dabei

Während der Mustang Autos wie den ID4 oder den i-Pace auf der Landstraße alt aussehen lässt und in der Spaßwertung abhängt, haben die Amis in der Stadt das Nachsehen. Denn auch in der stärksten Rekuperationsstufe braucht man viel Vertrauen und vor allem Weitblick, wenn man den Mustang mit einem Pedal reiten will. Und wo viele dezidierte Elektroautos extrem handlich sind und überraschend kleine Wendekreise haben, ist der Mustang in dieser Hinsicht ein SUV wie Kuga & Co. Immerhin ist er beim Laden flott dabei: Maximal zieht er den Strom mit 150 kW und braucht für 100 Kilometer Fahren im besten Fall nur zehn Minuten Standzeit.

Zwar ist Ford zurecht stolz auf den Mach-e und hat nicht nur geschickt die Lücke besetzt, die zwischen langweiligen Volumenmodell wie dem ID4 und luxuriösen Stromern wie dem Mercedes EQC klafft, sondern auch ein paar Emotionen ins elektrische Einerlei gebracht. Doch eine lange Karriere dürfte dem elektrischen Cowboy trotzdem kaum beschieden sein. Denn für kommende Akku-Modelle hat sich Ford den Wolfsburger Wunderbaukasten MEB gesichert und der Erstling bleibt damit wohl ein Einzelgänger.

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