Von Michael Gebhardt/SP-X
Das letzte Auto, das gebaut werden wird, so eine viel zitierte Weisheit von Ferry Porsche, wird ein Sportwagen sein. Ob der Spiritus Rector aller Sportwagen damit wirklich Recht behalten soll, werden erst unsere Ahnen in ferner Zukunft erfahren; trotz der Proteste, die sich dieser Tage gegen das Automobil breit machen, dürfte die Individualmobilität so schnell kein Ende finden. Tatsache allerdings ist, dass sich klassische Sportwagen nicht mehr so gut verkaufen, die SUV laufen auch den schnittigen Zweisitzern den Rang ab. Zwar sind hochpotente Luxus-Sportler immer noch gefragt genug, dass BMW jüngst den 8er neu aufgelegt hat. Doch auch die Münchner müssen sich etwas einfallen lassen, um die Baureihe rentabel zu machen. Ihre Antwort: Das viertürige 8er Gran Coupé, das ab sofort beim Händler steht. Interessant: Obwohl man mehr Auto bekommt, ist das Gran Coupé mit 76.890 Euro netto immerhin gut 2.500 Euro günstiger als das klassische Coupé.
Um über 23 Zentimeter gestreckt
Vor allem der wachsende asiatische Markt kann mit engen Zweitürern nicht viel anfangen. Also hat BMW das 8er Coupé kurzerhand um über 23 Zentimeter gestreckt und nun auf 5,08 Metern Länge nicht nur zwei weitere Türen, sondern auch drei leidlich bequeme Sitzplätze im Fond untergebracht. Zumindest die Beinfreiheit geht in Reihe zwei in Ordnung, nach oben wird es für große Gäste, trotz sechs Zentimeter mehr Höhe als im Coupé, ziemlich eng; erst recht, wenn das optionale Panorama-Glasdach bestellt wurde. Unangenehm wird’s auf dem Notsitz in der Mitte: Wegen der bis nach hinten durchgehenden Mittelkonsole sitzt man hier eher wie auf einem Kamel denn in einem Auto. Recht großzügig ist dagegen das Gepäckabteil bemessen. Bei voller Bestuhlung gehen in den tiefen Kofferraum 440 Liter und wenn das nicht reicht, lässt sich die Rückbank flachlegen.
Damit ja keine Verwechslungsgefahr mit dem ähnlich großen 7er besteht, haben sich die Designer strikt an die 8er-Formensprache gehalten, bis zur A-Säule sind Zwei- und Viertürer identisch und für den Langen gibt’s ebenfalls ein sportliches M-Paket; dass er nicht ganz so knackig dasteht wie der Zweitürer ist bauartbedingt. Das Cockpit ist BMW-typisch: Virtuelle Instrumente und ein breiter Infotainmentbildschirm sorgen für den Digital-Touch, die großen, straffen Sitze und die feinen Materialien für Wohlfühl-Ambiente. Natürlich ist auch hier, neben einer kompletten Ausstattung mit Assistenzsystemen, der unsichtbare Sprachassistent an Bord, der auf den Befehl "Hey, BMW!" in Aktion tritt und Fragen und Befehle mal mehr, mal weniger gut beantwortet oder befolgt. Ein Hingucker ist wie in allen neuen BMW der Automatikwählhebel in Glasoptik, wenngleich sich daran wohl noch länger die Geister scheiden werden.
BMW 8er Gran Coupé
BildergalerieBedient wird damit, unabhängig von der Motorvariante, ein tadellos abgestuftes und supersanft schaltendes Achtgang-Automatikgetriebe. Den Antrieb selbst übernehmen im Gran Coupé zum einen die beiden bekannten Motoren: Im M850i (ab 103.109 Euro netto) ein 4,4-Liter-V8-Benziner mit 390 kW / 530 PS und damit genug Power für einen Hundertersprint in unter vier Sekunden, oder der Reihensechszylinder-Diesel im 840d (ab 81.512 Euro netto), der mit 235 kW / 320 PS auch nicht gerade schwach auf der Brust ist aber mit nur rund sechs Liter Verbrauch wuchert. Beide fahren serienmäßig mit Allradantrieb vor.
Straffe und ruhige Straßenlage
Zum anderen feiert im Gran Coupé auch der 840i seine Premiere, der zeitgleich in Coupé und Cabrio Einzug gehalten hat. Der Ottomotor schöpft seine Kraft wie der Diesel aus sechs in Reihe angeordneten Zylindern mit drei Litern Hubraum und ist als einziger auch mit reinem Heckantrieb zu haben. Und ganz ehrlich, mehr braucht es nicht, um mit dem 8er Spaß zu haben: Mit 250 kW / 340 PS und kräftigen 500 Newtonmeter Drehmoment schiebt er das 1,8 Tonnen schwere Gran Coupé aus dem Drehzahlkeller heraus nachdrücklich an und schnurrt dabei so seidenweich-kernig, wie es eben nur ein Reihen-Sechser tut. Auf Tempo 100 geht’s in 5,2 Sekunden, Schluss ist bei 250 km/h. Spätestens wenn die Sport-Taste gedrückt wird, kann man es auch mit dem Sechszylinder richtig krachen lassen, allerdings wird das Gran Coupé, wie seine Brüder, nie unmanierlich. Die ausgesprochen komfortable Fahrwerksabstimmung wird im Dynamik-Betrieb zwar straffer, aber nicht unbequem. Dazu kommt, dass das Gran Coupé mit über drei Meter Radstand (plus 20 Zentimeter) ohnehin noch eine Spur ruhiger auf der Straße liegt als Coupé und Cabrio.
Ob man im Alltag den Allradantrieb vermisst? Sicher nicht: Der 840i hat in fast allen Lebenslagen genug Traktion, und sollte er beim zu flotten Herausbeschleunigen aus der Kurve doch mal ganz kurz mit dem Heck wackeln, ist das a: sportlich und b: nicht gefährlich, da die Elektronik sofort eingreift. Für alle, die mit dem 8er aber auch regelmäßig ins Skigebiet oder auf die Berghütte fahren wollen, bietet BMW gegen 3.300 Euro Zuzahlung auch hier die xDrive-Technik an. Kleines Schmankerl: Mit Vierrad-Antrieb bleibt der 840er unter fünf Sekunden beim Standardsprint. Der Verbrauch steigt dagegen nur geringfügig an, liegt in der Theorie immer noch bei weniger als acht Litern. Damit ist der 840er zwar weit entfernt von einem Öko-Auto, aber deutlich sparsamer als sein großer Benzin-Bruder M850i. Der soll sich mit zehn Litern zufriedengeben, ist in der Praxis aber deutlich durstiger.