Von Michael Specht
Sieben Jahre. Dies entspricht in der Regel einer ganzen Autogeneration. So lange hat sich BMW Zeit gelassen, nach dem i3 sein zweites vollelektrisches Modell auf den Markt zu bringen, den iX3. Dafür mussten die bayerischen Autobauer einige Kritik einstecken. Doch für den Kunden hat sich das Warten gelohnt. Er profitiert von der jüngsten Entwicklung bei Batterie und Elektroantrieb. "Hätten wir den iX3 vor zwei oder drei Jahren mit den damaligen Komponenten gebaut, das Auto wäre deutlich schwerer geworden, hätte weniger Reichweite und einen höheren Verbrauch", sagt Arno Keller, der Projektleiter des iX3. Einen Vorsprung der Konkurrenz sieht Keller nicht.
Unter dem Blech des ausschließlich in China produzierten Premium-SUV sitzt die, bei BMW intern genannte, 5. Generation des Elektroantriebs. Wesentliche Bauteile wie Motor, Getriebe und Leistungselektronik wurden optimiert, erleichtert und zu einem kompakten Bauteil zusammengefasst. Effizienz hatte höchste Priorität. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Der iX3 soll im WLTP-Zyklus mit 18,5 kWh / 100 Kilometer über 20 Prozent weniger verbrauchen als seine direkten Wettbewerber Mercedes EQC, Jaguar I-Pace und Audi e-tron. Zudem wiegt er bis zu 250 Kilo weniger als diese.
Weniger Kobalt und CO2-neutrale Batteriefertigung
Auch Umweltaspekte begleiteten die Entwicklung. Als erster Hersteller im Leistungssegment über 100 kW / 136 PS nutzt BMW einen fremderregten Elektromotor, der ohne Magnete und damit ohne die Seltenen Erden auskommt. Ebenso konnte der Kobalt-Gehalt in den Batteriezellen um 62 Prozent gegenüber dem heutigen i3 gesenkt werden. Kobalt wird zu großen Teilen aus Minen im Kongo geschürft, teils unter primitiven Bedingungen und unter Einsatz von Kinderarbeit. "Wir beziehen unser Kobalt ausschließlich aus zertifizierten Minen aus Marokko", sagt Keller, "und die Batterien werden CO2-neutral, zu 100 Prozent mit Öko-Strom gefertigt."
All dies soll Kritikern den Wind aus den Segeln nehmen, die voreilig behaupten, ein Elektroauto sei ökologischer Blödsinn oder schmutziger als jeder Verbrenner. BMW hat hier eine interne Vergleichsrechnung gegenüber einem X3 2.0d gemacht, wonach der iX3 im CO2-Footprint selbst bei heutigem Strom-Mix schon nach etwa 50.000 Kilometer besser dasteht als sein Diesel-Pendant.
BMW iX3 (2021)
BildergalerieIn zehn Minuten Strom für 100 Kilometer Reichweite
Mit diesem "grünen" Gewissen starten wir unsere Testfahrt. 210 kW / 286 PS und 400 Newtonmetern an Drehmoment treiben den iX3 an. Das reicht dicke aus, um selbst sportliche Fahrleistungen auf den Asphalt zu legen. Zumal der iX3, bedingt durch seine hecklastige Auslegung und seinem sieben Zentimeter tieferen Schwerpunkt knackiger ums Eck geht als sein Verbrenner-Pendant. Der Slogan "Aus Freude am Fahren" trifft auf den iX3 jedenfalls voll und ganz zu.
In der Bodengruppe steckt ein Akku mit einer Kapazität von 74 kWh. Damit soll das Elektro-SUV nach dem WLTP-Zyklus eine Reichweite von 460 Kilometern schaffen. Wer unterwegs laden muss, kann an einem Quick-Charger innerhalb von zehn Minuten rund 100 Kilometer an Strecke "nachtanken", weil das Lademanagement eine DC-Leistung von bis zu 150 Kilowatt erlaubt. Bei der Größe der Batterie empfiehlt sich für zu Hause auf jeden Fall eine 11-kW-Wallbox, so dass der iX3 über Nacht vollgeladen werden kann. Für Dienstwagenfahrer bietet BMW eine sogenannte Smart-Wallbox an. Über sie lassen sich gegenüber dem Arbeitgeber die genauen Stromkosten nachweisen.
Rekuperation des E-Motors passt sich dem Verkehrsgeschehen an
Um die Effizienz weiter zu erhöhen, ist der iX3 mit einer adaptiven Rekuperation ausgestattet. Hier passt sich die Bremswirkung des Elektromotors dem Verkehrsgeschehen an. Sie reicht von stärkerer Verzögerung in der Stadt bis hin zum "Segeln" auf Landstraßen und Autobahnen. Aktiv eingreifen kann der Fahrer dennoch, über den B-Modus am Wählhebel. Die Bremswirkung fühlt sich allerdings recht stark an, was dem iX3 seine sonst angenehme Geschmeidigkeit etwas vereitelt.
Wichtig war den Entwicklern auch, dass der Kofferraum das gleiche Ladevolumen behält wie der Diesel oder Benziner. Das ist löblich. Dafür allerdings wurde vorne unter der einstigen Motorhaube wertvoller Raum verschenkt. Hier hätte noch wunderbar ein wannenartiger Behälter Platz gefunden, in den das, gerade in der herbstlichen Jahreszeit, oft schmutzige Ladekabel gelegt werden kann. So wie BMW es beim i3 gemacht hat. Zwar gibt es hinten unter dem Ladeboden ein Kabelfach. Nur wird sich kein Kunde im Alltag die Mühe machen, es hier brav zu verstauen. Dafür ist es schlicht zu klein.
Ende Januar 2021 geht der BMW iX3 in den Handel. Kosten wird er ab 66.300 Euro (inklusive 19 Prozent Mehrwertsteuer), was etwa auf dem Niveau eines gleichwertig ausgestatteten X3 30d oder der Plug-in-Variante X3 30e liegt. Zusätzlich darf man sich beim elektrischen X3 jedoch die Innovationsprämie von 7.500 Euro abziehen.