_ Sechs Kilowattstunden (kWh) - so viel mehr an Speicherkraft bietet seit Kurzem der Leaf. Nissans Bestseller mit Stecker schafft mit dem nun 30 kWh starken Batterie-Pack bis zu 250 Kilometer Reichweite laut dem NEFZ-Maßstab, bislang lag das Limit offiziell bei 199 Kilometern. Auch wenn in der Realität wohl einige Minderkilometer zu erwarten sind, ist dies ein Sprung nach vorn.
Den macht auch der Preis für den Japaner. Die Schrägheck-Limousine mit dem erweiterten Aktionsradius verteuert sich gegenüber dem Standard-Leaf (24 kWh, Batteriekauf) um 2.017 Euro - von 27.214 Euro auf 29.231 Euro für das Niveau Acenta, denn die 30er-Version gibt es nur in den beiden Top-Niveaus. Dafür ist es ein neues Telematiksystem (Nissan Connect EV) an Bord, das per App nicht nur den Ladestatus verrät. So kann man auch per Smartphone das Laden steuern und die Klimaanlage regeln - gerade im Winter eine gute Idee.
Stromspender
Der Aufpreis entspricht in etwa dem, was derzeit ein solches Mehr an Batterieleistung kostet, denn momentan verteuert jede Extra-Kilowattstunde Speicherkapazität die Batterie um bis zu 250 Euro, wie Marcus Fendt, Geschäftsführer des Münchner Systemanbieters The Mobility House, vorrechnet. Die Experten für Ladeinfrastruktur kooperieren mit mehreren Herstellern, so auch mit Nissan, und sorgen für den passenden Stromanschluss zum Laden. Da der Leaf selbst überschüssigen Strom in das Netz einspeisen kann, könnte man diese Energiemengen zurückführen und damit Geld verdienen. Was sich bei den aktuellen Strompreisen aber erst ab einer mittleren Flottengröße rechnen würde.
Testversuch
Immerhin testen die Japaner in Großbritannien solche Smart-Grid- Lösungen im großen Stil. Zusammen mit dem Energieversorger Enel will man 100 Ladestationen von Flotten- und Privatkunden vernetzen. So soll ein beachtlicher Stromspeicher entstehen, der überschüssige Energie ins Netz speist - was dann dem Fuhrparkbetreiber vergütet würde. Aber zurück zum 30-kWh-Leaf. Die Extrapfunde summieren sich auf 21 Kilogramm, sind auf der kurzen Teststrecke aber kaum spürbar. Weder der Top-Speed von 144 Stundenkilometern noch die Sprintzeit auf Tempo 100 (11,5 Sekunden) haben sich laut dem Importeur verschlechtert. Auch das Schnellladen auf 80 Prozent der Batterieleistung soll weiterhin binnen 30 Minuten möglich sein.
Der Eco-Modus bringt zwar Reichweite (gut acht Kilometer waren es im Test mehr), aber dafür geht das Spurtvermögen fast vollends über Bord. Die Mini-Max-Einstellung, also der Minimal-Verbrauch bei Maximal-Reichweite wird im gewohnt eigensinnigen Wählhebel mit der Stufe"B" fixiert. Hier rekuperiert der Stadtflitzer spürbar direkter, und das bereits ab drei Stundenkilometern.
Zweites Leben
Für das ständig arbeitende Speichermedium gewährt Nissan wie gewohnt eine Achtjahres-Garantie (bis 160.000 Kilometer), wobei mindestens drei Viertel der Gesamtkapazität erhalten bleiben soll, sonst wird nachgebessert. Die Lithium- Ionen-Batterien werden nach ihrem ersten Leben im Auto nicht alle sofort entsorgt, sondern erfahren zum Teil ein zweites Leben in stationären Energiespeichern.
Der globale Mischkonzern Eaton vermarktet eine solche "Second life"-Lösung: einen stationären 4,2-kWh-Stromspeicher, der zehn Jahre problemlos laufen soll. Inklusive Montage könnte man sich für gut 4.000 Euro einen recht kompakten Zwischenspeicher installieren und selbst über den Strom verfügen. Was noch immer leicht nach Science-Fiction klingt, könnte recht bald ein neues Kapitel der facettenreichen E-Mobilität öffnen - und dafür ist ein Plus von sechs kWh kein schlechter Einstieg.
- Ausgabe 09/2016 Seite 41 (145.8 KB, PDF)